Grüne Insel Inselparadies: Fährt Irland Mallorca bald den Rang ab?

dpa

27.4.2018

Irland ist nicht gross, dafür aber abwechslungsreich. Schnell deutlich wird das für alle, die sich mit dem Velo über die Insel bewegen. Zwar gibt es kein ausgebautes Velowegenetz. Dafür aber schöne Routen und gepflegte Greenways wie den Waterford Greenway.

Auf dem kleinen gepflasterten Hof von O'Mahony's herrscht im Sommer Hochbetrieb: An schönen Tagen stürzen erschöpfte Velofahrer helles Ale die Kehle hinunter.

Die einzige Bedienung des Pubs schlängelt sich geschickt mit ihrem vollen Tablett durch die Menge, verteilt Getränke und nimmt Bestellungen entgegen. Andere Biker sitzen an den Holztischen und strecken ihre müden Beine in die Sonne. Auf dem Rasen vor dem Pub drängeln sich abgestellte Velos und warten darauf, dass es weitergeht.

O'Mahony's ist für Velofahrer auf dem Waterford Greenway ein idealer Ort zum Auftanken. Der Pub liegt in Stradbally, etwa zehn Kilometer von dem Ort Dungarvan entfernt. Wer die Tour in Waterford begonnen hat und über den insgesamt 46 Kilometer langen gut ausgebauten Veloweg im Südosten Irlands gefahren ist, befindet sich hier fast am Ziel.

Velowege veränderten die Gegend

Mittendrin im Gewusel steht Garvan Cummins. Er betreibt einen Veloverleih. In dem kleinen weiss getünchten Schuppen auf dem Hof des Pubs flickt der etwa 40-Jährige mit zwei Helfern platte Reifen, stellt Bremsen ein oder richtet die Gangschaltung. «Wenn es gar nicht mehr geht, hole ich liegengebliebene Radfahrer auch mit dem Auto ab.»

Cummins ist nicht nur Velomechaniker. Ohne ihn gäbe es den Waterford Greenway nicht. Vor etwa zehn Jahren machte es sich der Historiker mit ein paar Gleichgesinnten zur Aufgabe, die alte Bahnstrecke zwischen Dungarvan und Waterford wiederzubeleben. Damals wurde die Deise Greenway Group gegründet und letztlich die Strecke als Radweg ausgebaut. Seitdem trägt Cummins den Titel «The Greenway Man» - mittlerweile heisst so auch seine Firma.

Der Ausbau des Veloweges hat die Gegend rund um Waterford verändert. «Vor zwei Jahren sass hier im Pub kaum jemand», erzählt Cummins. «Heute ist es voll.» Trotz des Andrangs nimmt er sich für jeden Zeit.

Selbst wenn es im O'Mahony's voll ist, verteilt sich der Verkehr meist gut auf dem flachen, langgestreckten Greenway. Mit ein wenig Glück sind Velofahrer selbst an sonnigen Tagen zumindest ein Stück allein unterwegs durch die sattgrüne Landschaft.

Für geübte Velotouristen erscheint die Strecke kurz, dennoch ist der Waterford Greenway abwechslungsreich: Wer in Waterford startet, fährt erst ein Stück am Fluss Suir entlang und passiert in Kilmeaden eine Bahnstation. Dort kann man eine Tour mit einer Schmalspurbahn machen.

An Feldern und Wiesen vorbei geht es dann bis nach Kilmacthomas. Dort führt der Weg über ein beeindruckendes Viadukt. Es folgen hohe Hecken bis zu O'Mahony's Pub in Stradbally. Dann kommt ein langer, schummriger Tunnel und schliesslich ein Stück am Meer entlang bis zum Hafenstädtchen Dungarvan.

Achtung, Linksverkehr!

Gewöhnungsbedürftig für manche Velofahrer: Auch auf dem Radweg herrscht strikter Linksverkehr. Wer darauf nicht achtet, hört sofort: «Wrong side of the road!» - falsche Strassenseite. Der Ton ist dabei bestimmt, aber immer freundlich. Anders als auf den Strassen vieler deutscher Städte nehmen Radfahrer in Irland aufeinander Rücksicht.

Wer abseits der Greenways unterwegs ist, muss sich die Strasse meist mit Autos teilen. «Always keep left» - immer links fahren, rät Des Hayes allen, die nicht aus Irland oder Grossbritannien kommen. «Daran müssen sich die meisten tatsächlich gewöhnen», sagt der 67-Jährige, der in Wexford einen Fahrradladen in dritter Generation betreibt.

Unfälle hat er dennoch selten erlebt. Das mag auch an der Fahrweise der irischen Autofahrer liegen. Wie die einheimischen Velofahrer fahren sie zwar oft zügig, aber meist rücksichtsvoll. Hupen, drängeln? Fehlanzeige. Selten kommen sich Velofahrer und Automobilisten nah.

Zahlreiche Routen

Rund um Wexford gibt es zahlreiche Routen für Velotouristen: Etwa die «Slaney Route» mit einer Länge von 53 Kilometern, die kürzere «Coastal Route» mit 36 Kilometern oder die «South Wexford Route» mit 78 Kilometern.

Die Strecken führen meist über schmale Strassen durch wenig bewohntes Hinterland, vorbei an grosszügigen Anwesen, an alten Kirchen und noch älteren Burgen. Teils säumen hohe Hecken den Weg, deren Äste und Blätter an manchen Stellen einen Tunnel bilden.

Meist sind die Wege gut ausgeschildert. Velofahrer sollten dennoch aufmerksam sein. Wer die blauen Wegweiser am Strassenrand verpasst, kommt schnell von der Route ab.

Doch dann hilft die irische Gastfreundschaft: Leute nach dem Weg zu fragen, klappt immer. Manchmal wetteifern die Einheimischen sogar um die beste Wegbeschreibung. Am Ende kommt man aber immer ans Ziel.

Reiseinformationen

Anreise: Aus der Schweiz wird Irland direkt angeflogen von Aer Lingus, British Airways oder Swiss. Direkte Fährverbindungen gibt es von Cherbourg nach Rosslare und Dublin.

Nach Waterford oder Wexford kommt man bequem mit dem Bus. So bietet etwa die nationale irische Transportgesellschaft Bus Eireann ein gutes Streckennetz an. Die Busse fahren in Dublin direkt vom Flughafen ab.

Klima: Bedingt durch den Golfstrom herrscht das ganze Jahr über ein mildes, ausgeglichenes Klima. Die Temperaturen fallen selten unter 0 oder steigen über 25 Grad. Auch Schnee und Frost gibt es kaum auf der grünen Insel. Die beste Reisezeit ist von April bis Oktober.


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