AAD 10 in Afghanistan Das ist über die Schweizer Elitesoldaten bekannt

tsha

19.8.2021

Das Armee-Aufklärungsdetachement 10, hier bei einer Übung im Jahr 2007, ist die schnelle Eingreiftruppe der Schweizer Armee.
Das Armee-Aufklärungsdetachement 10, hier bei einer Übung im Jahr 2007, ist die schnelle Eingreiftruppe der Schweizer Armee.
Bild: Keystone

In Afghanistan sollen sie Schweizer Bürger sowie Ortskräfte in Sicherheit bringen: Wir zeigen, wie die Elitetruppe AAD 10 funktioniert.

tsha

Auch wenn die Lage am Flughafen von Kabul derzeit unübersichtlich ist: Noch immer wollen Tausende Menschen Afghanistan verlassen, und das so schnell wie möglich. Die USA, Deutschland, Spanien und andere Nationen versuchen seit Tagen, möglichst viele Menschen aus dem Land zu holen – eigene Staatsangehörige, aber auch sogenannte Ortskräfte, also Einheimische, die den ausländischen Truppen in Afghanistan geholfen haben und die nun als besonders gefährdet gelten.

Die Schweiz arbeitet derzeit ebenfalls daran, rund 280 Personen aus dem Land zu bringen, darunter lokale Mitarbeitende des Bundes und deren Familien sowie Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Zu diesem Zweck hat der Bund Mitglieder des Armee-Aufklärungsdetachement 10 (AAD 10) nach Afghanistan entsandt. Diese Spezialkräfte sind die wohl geheimnisvollste Einheit der Schweizer Armee. Manches ist dennoch über sie bekannt.

Die Aufgaben

Das AAD 10 wurde 2004 gegründet und gehört zum Kommando Spezialkräfte (KSK) der Schweizer Armee. Die Einheit wurde speziell für den Einsatz im Ausland geschaffen – so sollen die Elitesoldaten im Notfall Personen und Objekte schützen, etwa Botschaften und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine weitere Aufgabe ist die Rückführung von Personen aus dem Ausland in die Schweiz, wie zurzeit in Afghanistan.

Grundlage dafür ist die Beschaffung von Informationen, die für den Einsatz essenziell sind. Auch das ist eine Aufgabe des AAD 10.



Die Strukturen

Das Armee-Aufklärungsdetachement 10 wurde geschaffen, um möglichst schnell einsatzbereit zu sein. Deshalb hat nicht das Parlament das Kommando über die Spezialtruppe, sondern die Regierung. In der Vergangenheit gab es deshalb Kritik an der Einheit, weil diese ohne demokratische Kontrolle agiere.

Die Mitglieder

Wie viele Mitglieder das AAD 10 genau hat, ist nicht bekannt. Der «Blick» spricht in einem Bericht von rund 90 Soldaten, die «Aargauer Zeitung» schreibt, es seien «um die 100».

Die Anforderungen

«Das sind breit ausgebildete, psychisch und physisch sehr resistente Soldaten», beschrieb der Sicherheitsexperte Bruno Lezzi die Spezialkräfte einmal in einem SRF-Interview. «Es wird alles überprüft, von der psychischen Resistenz bis zur physischen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Man kommt in Krisenlagen zum Einsatz, wo die Anforderungen entsprechend hoch sind.»

Wer Teil der Elitetruppe werden möchte, muss vor allem körperlich sehr fit sein: Laut «Aargauer Zeitung» müssen Bewerber mindestens zehn Klimmzüge, 50 Liegestützen sowie acht Kilometer Eilmarsch im Tarnanzug mit Feldschuhen und 15 Kilogramm Gepäck in maximal 58 Minuten absolvieren können.



In einem Auswahlverfahren würden ausserdem Belastbarkeit und Teamfähigkeit überprüft, in der eigentlichen Grundausbildung dann nicht nur praktische Einsatztechniken wie Fallschirmspringen und Nahkampf sowie das nachrichtendienstliche Arbeiten gelehrt, sondern auch Recht und Geografie.

«Die Soldaten sind im Hinblick auf Auslandseinsätze bestens ausgebildet und vielseitig einsetzbar», sagte Hans-Peter Lenz, Krisenmanager im Aussendepartement, im «Blick» über die aktuell nach Afghanistan entsandten AAD-10-Kräfte. «Einer ist beispielsweise medizinisch ausgebildet und ausgerüstet und kann vor Ort Menschen mit gesundheitlichen Problemen behandeln.»

Die bisherigen Einsätze

Das Armee-Aufklärungsdetachement 10 ist seit 2007 einsatzbereit. Da die Truppe zumeist im Geheimen operiert, gibt es nicht zu allen bisherigen Einsätzen verlässliche Informationen.

Bekannt ist aber etwa, dass das AAD 10 nach dem Sturz von Muammar al-Gaddafi in Libyen aktiv war, um die dortige Schweizer Botschaft zu beschützen. Auch ein Einsatz im Kosovo 2010 ist bekannt. Medienberichte, die Elitetruppe sei auch ins westafrikanische Mali entsandt worden, wurden vom Bundesrat hingegen verneint.

AAD-10-Soldat bei einer Übung im Jahr 2007: Die Mitglieder der Spezialkräfte müssen extrem belastbar sein.
AAD-10-Soldat bei einer Übung im Jahr 2007: Die Mitglieder der Spezialkräfte müssen extrem belastbar sein.
Bild: Keystone

Der Einsatz in Afghanistan

Wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten «blue News» bestätigt, wurde am vergangenen Wochenende die Entsendung der Elitesoldaten nach Afghanistan beschlossen. «Ein Detachement des EDA mit Spezialisten der Armee flog am 17. August nach Taschkent und arbeitet mit der Schweizer Botschaft und Partnern vor Ort zusammen. Am gleichen Tag reiste ein Mitarbeiter des EDA mit einem Teil des Armee-Detachements nach Kabul weiter», so ein Sprecher.

Die Mitglieder des AAD-10 würden im vom US-Militär gesicherten Teil des Flughafens «die Vorbereitungsarbeiten für die Evakuierung» unterstützen. «Vor Ort stellen sie unter anderem den Kontakt mit internationalen Partnern und Organisationen sicher», teilte der Sprecher weiter mit.



«Die Soldaten bewegen sich ausschliesslich im militärisch gesicherten Teil des Flughafens und verschaffen sich aktuell ein Bild von der Lage», erklärte Krisenmanager Lenz im «Blick». Das Stadtgebiet von Kabul würden die AAD-10-Kämpfer nicht betreten, da die Lage dies nicht zulasse. Vielmehr müssten die Schweizerinnen und Schweizer sowie die Ortskräfte, die Afghanistan verlassen wollen, selbst zum Flughafen kommen.

Einfach dürfte das nicht werden, schliesslich blockieren die Taliban den Zugang zum Airport immer wieder. Ausserdem berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag, dass die Islamisten Menschen ohne Reisegenehmigung auffordern würden, den Flughafen zu verlassen.

Da die Schweiz nicht über eigene Transportflugzeuge verfügt, sind die Elitesoldaten auf Hilfe angewiesen, um die Geretteten in die Schweiz zu bringen. Einerseits hoffe man, dass die Amerikaner bald wieder zivile Flugzeuge am Flughafen landen lassen, mit denen die Ausreise dann erfolgen könnte, so Lenz. Ausserdem bestünde die Hoffnung, dass die Amerikaner oder die Deutschen die zu evakuierenden Schweizerinnen und Schweizer ausser Landes bringen. «Beim Ausfliegen des lokalen Personals hilft man sich immer wieder gegenseitig aus», so Lenz.