Erste Vorwahl in US-Präsidentschaftsrennen Alles schaut auf Iowa

dpa/toko

2.2.2020

Es ist ein Wahlsystem der besonderen Art: Bei Hunderten Parteiversammlungen in Iowa fällen Demokraten und Republikaner ihr Urteil, wer Präsidentschaftskandidat werden soll. Wie funktioniert das Ganze? Und wie wichtig ist dieser Vorentscheid?

Iowa im Ausnahmezustand: Der kleine Staat im Mittleren Westen der USA ist Schauplatz für die allererste Vorwahl im Präsidentschaftsrennen. Seit Monaten schon buhlen die Präsidentschaftsbewerber dort um die Gunst der Wähler. Im Endspurt bieten sie alles auf, was geht: Ehepartner, Haustiere, politische Verbündete — wer auch immer Wahlkampf machen kann, wird auf die Bewohner Iowas angesetzt. Es ist eine «Wahl» der besonderen Art. Die Entscheidung fällt nicht in Wahllokalen, sondern bei kleinen Parteiversammlungen («Caucuses»).

Was bedeutet das?

Mitglieder von Demokraten und Republikanern treffen sich zu Versammlungen ihrer Partei, um in einem komplizierten Prozedere festzulegen, wer für sie als Präsidentschaftskandidat antreten soll. An fast 1700 Orten finden solche Treffen statt — zum Teil in ganz kleiner Runde, etwa in Schulen, Kirchen, Gemeindezentren, Sporthallen, Cafés oder Büchereien. Die Abläufe bei Republikanern und Demokraten sind unterschiedlich. Bei den Republikanern ist der Amtsinhaber Donald Trump ohne echte Konkurrenz. Bei den Demokraten ist das interne Rennen dagegen umso spannender. Deshalb lohnt ein genauerer Blick auf das Prozedere bei ihnen.

Elizabeth Warren (l), Senatorin für Massachusetts und demokratische Präsidentschaftskandidatin, spricht während einer Wahlkampfveranstaltung in der Peace Tree Brewing Co., einer Brauerei.
Elizabeth Warren (l), Senatorin für Massachusetts und demokratische Präsidentschaftskandidatin, spricht während einer Wahlkampfveranstaltung in der Peace Tree Brewing Co., einer Brauerei.
Sue Ogrocki/AP/dpa

Wie läuft eine solche Parteiversammlung bei den Demokraten ab?

Anders als bei einem schnellen Votum mit Stimmzettel ist hier mehr Geduld gefragt. Meist gibt es bei einem «Caucus»-Treffen zuerst Reden von den Unterstützern der einzelnen Kandidaten. Dann teilen sich die Anwesenden im Raum auf in Gruppen: Entweder sie gesellen sich zur Gruppe eines Kandidaten oder sie begeben sich in die Ecke der «Unentschiedenen». Damit die Stimmen überhaupt gelten, muss eine Gruppe mindestens 15 Prozent der Anwesenden auf sich vereinen. Wer in einer Gruppe endet, die diese Vorgabe nicht erreicht, kann sich in einer weiteren Runde davon überzeugen lassen, in das Lager eines anderen Kandidaten zu wechseln. Diese Option gibt es nur ein Mal. Danach wird ausgezählt. Nur wer physisch an einer solchen Versammlung teilnimmt und bis zum Schluss bleibt, dessen Stimme zählt.

Wie ist der Zeitplan?

Die Versammlungen beginnen am Montag um 19 Uhr Ortszeit in Iowa — nach Schweizer Zeit um 2.00 Uhr MEZ in der Nacht zu Dienstag. Wie lange die Parteiversammlungen dauern, hängt von ihrer Grösse ab. Es zieht sich aber hin, bis die Ergebnisse aus den Aberhunderten Parteitreffen zentral zusammengetragen sind. Es wird daher erwartet, das die Resultate nach Ortszeit erst am späten Montagabend oder in der Nacht vorliegen — nach Schweizer Zeit am Dienstagmorgen.

Wie sieht das demokratische Bewerberfeld aus?

Die Präsidentschaftsbewerber der Partei sind schon seit Monaten im Wahlkampfmodus. Insgesamt waren es fast 30 Anwärter, 17 sind bereits ausgestiegen, 11 sind noch übrig. Auf nationaler Ebene liegt in Umfragen seit langem — in wechselnden Konstellationen — ein Führungstrio vorne: Ex-US-Vizepräsident Joe Biden, der moderate Positionen vertritt, sowie die beiden Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren, die beide eine klar linksgerichtete Agenda haben. Ansonsten mischen noch der Ex-Bürgermeister aus Indiana, der 38 Jahre alte Pete Buttigieg, die Senatorin Amy Klobuchar sowie der Milliardär und frühere New Yorker Bürgermeister, Michael Bloomberg, mit. Sie sind alle drei dem moderaten Flügel der Partei zuzurechnen. Die weiteren Bewerber rangieren in Umfragen eher abgeschlagen.

Bernie Sanders, Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, spricht bei einer Veranstaltung.
Bernie Sanders, Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, spricht bei einer Veranstaltung.
Bild: Andrew Harnik/AP/dpa

Wer von ihnen hat die besten Aussichten in Iowa?

Über lange Strecken lag Biden in dem Bundesstaat vorne. Zuletzt ist allerdings Sanders, der sich selbst als «demokratischen Sozialisten» bezeichnet, an Biden vorbeigezogen und ist derzeit der Favorit in den Umfragen. Zwischenzeitlich hatte eine ganze Weile lang auch der politische Newcomer Buttigieg die Umfragen in Iowa angeführt, was seine Konkurrenz nervös machte. Er liegt dort nun an dritter Stelle — gefolgt von Warren und Klobuchar. Bloomberg, der sehr spät ins Rennen seiner Partei eingestiegen ist, hat Iowa bei seinen Wahlkampfaktionen ausgespart, er dürfte dort also keine Rolle spielen. Die Senatoren in der Riege der Präsidentschaftsbewerber — Sanders, Warren und Klobuchar — waren zuletzt sehr eingeschränkt bei ihrem Wahlkampf in Iowa, weil sie in den vergangenen Tagen beim Amtsenthebungsverfahren gegen Trump im Senat in Washington anwesend sein mussten.

Welche Bedeutung hat die Abstimmung in Iowa?

Der kleine Bundesstaat ist mit seinen drei Millionen Einwohnern auf nationaler Ebene kein Schwergewicht. Auch die Zahl der Delegierten, die im Sommer aus Iowa zu den Parteitagen geschickt werden, bei denen jede Partei ihren Kandidaten kürt, ist gering. Iowa hat sich dennoch in der Vergangenheit als ziemlich verlässlicher Indikator dafür erwiesen, wer am Ende aller Vorwahlen als Kandidat seiner Partei das Rennen macht. Eine der Ausnahmen: Donald Trump schaffte es bei den Republikanern 2016 in Iowa nicht auf den ersten Rang, wurde am Ende aber als Präsidentschaftskandidat auserkoren. Trump wurde in Iowa damals bei den Republikanern die Nummer zwei. Wer in Iowa nicht unter den ersten drei seiner Partei landet, dessen weitere Aussichten gelten als trübe. Die Signalwirkung ist also gross — auch im Zusammenspiel mit anderen wichtigen frühen Abstimmungsstaaten. Wer in Iowa und danach auch in New Hampshire und South Carolina versagt, dem werden für das gesamte Rennen kaum noch Chancen nachgesagt.

Joe Biden, ehemaliger Vizepräsident und demokratischer Präsidentschaftsbewerber.
Joe Biden, ehemaliger Vizepräsident und demokratischer Präsidentschaftsbewerber.
Bild: Andrew Harnik/AP/dpa

Was kommt nach Iowa?

Am 11. Februar folgt die Vorwahl in New Hampshire, am 29. Februar jene in South Carolina. Dazwischen stehen noch Parteiversammlungen («Caucuses») in Nevada an. Am 3. März kommt die nächste Wegmarke: der «Super Tuesday» mit Entscheidungen in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten. Insgesamt ziehen sich die Vorwahlen bis in den Juni. Danach folgen die Nominierungsparteitage: im Juli bei den Demokraten, im August bei den Republikanern. Dort legen beiden Parteien ihren jeweiligen Präsidentschaftskandidaten endgültig fest. Die beiden Kontrahenten haben danach noch mehrere Monate Zeit für den heissen Wahlkampf, bevor am 3. November die Präsidentschaftswahl ansteht.


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