Neue Anschuldigungen «Commander in Cheat» – Betrügt Donald Trump beim Golfen?

AP

3.4.2019

Donald Trump spielt gerne Golf – wie hier auf dem Kurs des Turnberry Golf Club in Grossbritannien (Archivfoto).
Donald Trump spielt gerne Golf – wie hier auf dem Kurs des Turnberry Golf Club in Grossbritannien (Archivfoto).
Bild: Peter Morrison/AP/dpa

Der US-Präsident spielt leidenschaftlich gern Golf, scheint sein Können dabei aber gern übertrieben darzustellen. Das legt ein gerade veröffentlichtes Buch nahe. Um gut dazustehen, scheut Trump sich demnach auch nicht, Mitspieler und Gegner übers Ohr zu hauen.

Eine heimliche Zusammenarbeit mit Russland? Der US-Sonderermittler hat das verneint. Betrug beim Golfspiel? Nun, das steht auf einem anderen Blatt. Die mutmasslichen Schummeleien von US-Präsident Donald Trump auf dem Golfplatz sind Thema eines gerade erschienenen Buchs des früheren Kolumnisten der Zeitschrift «Sports Illustrated», Rick Reilly. Es trägt den Titel «Commander in Cheat: How Golf Explains Trump» (deutsch etwa: Oberbetrüger: Wie Golf Trump erklärt), im Englischen ein Wortspiel mit der Rolle des Präsidenten als Oberkommandierender, «Commander in Chief». Darin dokumentiert Reilly Dutzende Beispiele hinterhältigen Verhaltens Trumps beim Golfen.

In seinem Buch «Commander in Cheat: How Golf Explains Trump» behaupter Rick Reilly, Donald Trump würde beim Golfen betrügen.
In seinem Buch «Commander in Cheat: How Golf Explains Trump» behaupter Rick Reilly, Donald Trump würde beim Golfen betrügen.
Keystone

Für seine Betrügereien sei Trump unter Golfspielern berüchtigt. «Beim Golf ist er definitiv nicht entlastet», sagte Reilly der Nachrichtenagentur AP. «Es gibt Aberdutzende Menschen, die ihn des Betrugs schuldig sprechen können.» Ein solcher Fall ereignete sich 2017 bei einer Runde mit Tiger Woods und Dustin Johnson, der aktuellen Nummer eins der Golfweltrangliste. Der Spielpartner des Präsidenten und Golfexperte des Senders Fox Sports, Brad Faxon, berichtete von Regelverstössen Trumps: So habe sich dieser ein Spielergebnis eingetragen, das nicht berücksichtigte, dass er an einem Loch zwei Bälle im Wasser versenkt hatte. «Du hast so viel darüber gehört, dass du es fast mit eigenen Augen sehen willst, damit du die Geschichten erzählen kannst», wird Faxon zitiert.

Abseits von offiziellen Turnieren ist Golfspiel Ehrensache: Die einzelnen Spieler fungieren als ihr eigener Schiedsrichter, registrieren ihren Spielstand selbst und erlegen sich Strafen für Verstösse auf. Trumps Betrügereien hätten ihn motiviert, das Buch zu schreiben, sagt Reilly. «Ich weiss nicht viel über Politik, aber ich weiss über Golf Bescheid, und es hat mich wirklich geärgert, nicht als Wähler oder Bürger – einfach als Golfer.»

Spitzname: Pelé

Reilly zitiert Spieler, die Trump, seinen Caddy und Beamte des Secret Services beschuldigen, dessen Golfbälle regelmässig aus schwierigen Lie-Winkeln entfernt zu haben. Im Golfklub Winged Foot in New York – dem einzigen nicht zum Trump-Imperium gehörenden, in dem der Präsident Mitglied ist – «haben sich die Caddys so daran gewöhnt, dass er seinen Ball zurück aufs Fairway kickt, dass sie sich einen Spitznamen für ihn haben einfallen lassen: ‹Pelé›», ganz wie der brasilianische Fussballstar.

Sportkommentator Mike Tirico sagt, Trump habe einmal seinen, Tiricos, Golfball vom Grün in einen nahegelegenen Bunker geworfen, als sie zusammen spielten. Manche der Anschuldigungen sind nicht neu. Der Boxer Óscar De La Hoya erklärte der AP 2016, Trump habe ihn im Abstand von zwei Löchern zweimal betrogen. «Ja, ich habe ihn ertappt», sagte De La Hoya. «Es war unglaublich. Aber es war wohl sein Golfplatz, also waren es seine Regeln.»

Nach allem, was man höre, sei Trump ein guter Golfspieler, insbesondere für sein Alter, schreibt Reilly. Aber das Handicap von 2,8, das er für sich in Anspruch nimmt, sei das Ergebnis von Manipulation. Trotz seiner mehr als 150 Ausflüge auf seine Golfplätze seit seinem Amtsantritt hat Trump im online veröffentlichten Handicap-Index der US-Golfvereinigung nur eine einzige Runde eingetragen – mit dem eher bescheidenen Ergebnis von 96. Trumps Spielfreude straft seine frühere Kritik an den regelmässigen Golfrunden seines Vorgängers Barack Obama Lügen. Im Wahlkampf hatte er erklärt, er würde im Weissen Haus so beschäftigt sein, «dass ich keine Zeit zum Golfspielen haben werde».

Trumps Anfangszeit als Golfspieler biete einen Einblick in die Weltsicht des Präsidenten, sagt Reilly. Trump verfeinerte sein Spiel auf dem öffentlichen Platz Cobbs Creek bei Philadelphia. Der sei von «Gaunern» bevölkert, dort habe er «alles gelernt», sagte er später einmal. Reilly beschreibt Cobbs Creek als die Art Platz, wo «jeder versucht, dich reinzulegen» und wo Trump gelernt habe: «Ich muss sie betrügen, bevor sie mich betrügen».

«Ich betrüge!»

Bryan Marsal, Vorsitzender der US Open 2020, berichtete Reilly, Trump habe ein Spiel mit ihm als Partner mit der Warnung begonnen: «Siehst du die zwei Typen? Sie betrügen. Siehst du mich? Ich betrüge. Und ich erwarte von dir, dass du betrügst, denn wir werden diese beiden Typen heute schlagen.»

Trump ist nicht der erste Präsident, dem vorgeworfen wird, sich die Regeln beim Golfen zurechtzubiegen. Bill Clinton war für seine «Billigans» berüchtigt – er wiederholte schlecht gelaufene Schläge offen und ohne Gewissensbisse. Doch Reilly, der Trump seit Jahrzehnten kennt und mit ihm für ein früheres Buch gespielt hat, hält die Betrügereien des Präsidenten für «so dreist, dass man sie fast bewundert».

Der Autor, ganz klar kein Anhänger des Präsidenten, sagt, er habe das Projekt wegen Trumps «Klopper» in Angriff genommen, wonach er 18 Klubmeisterschaften gewonnen habe. Die Behauptung wiederholte Trump mehrfach während des Wahlkampfs und auch im Weissen Haus. Reilly konnte keinen einzigen Sieg Trumps bei einer Klubmeisterschaft belegen. Er fand heraus, dass in der Zählung des Präsidenten mindestens eine enthalten ist, bei der Trump am betreffenden Tag gar nicht auf dem Platz spielte. In einem weiteren Fall zählte er die erste Runde in einem Klub, der noch nicht eröffnet war. Weitere zwölf waren «tatsächlich Meisterschaften für Senioren oder Supersenioren», letztere für Teilnehmer über 65 Jahre.

Das Weisse Haus reagierte nicht auf eine Anfrage für eine Stellungnahme. Reilly erklärte, er werde Trump herausfordern, seinen Ruf zu verteidigen: in einem Spiel auf einem Platz, der ihm nicht gehört, mit unabhängigen Schiedsrichtern. Dafür biete er 100'000 Dollar (rund 90'000 Euro) für eine gemeinnützige Organisation nach Trumps Wahl. Reillys Handicap liegt bei 4,8. Er sei zuversichtlich, dass Trump «diese 2,8 nicht absichern kann», sagt er. «Auf keinen Fall.»

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