Alle Jahre wieder mutmassen Mediziner, welcher Grippestamm kommt, um den passenden Impfstoff herzustellen. Forscher schufen jetzt chimäre Seren, die im klinischen Versuch für alle Stämme funktionierten.
Influenza-Viren tragen auf ihrer Oberfläche einen Eiweissstoff namens «Hämagglutinin», der sie in die Wirtszellen leitet. Die meisten saisonalen Impfstoffe machen das Immunsystem auf dessen exponierten «Kopf»-Abschnitt aufmerksam, damit es die Viren daran erkennt und zerstört. Doch gerade dieser Kopf-Abschnitt ist bei den diversen Grippeviren-Stämmen sehr unterschiedlich und wandelt sich zudem ständig.
Ein Team um die österreichischen Virologen Florian Krammer und Peter Palese, die an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York (USA) forschen, hat nun einen Weg gefunden, das Immunsystem gegen den bei allen Stämmen sehr ähnlichen «Hals»-Abschnitt von Hämagglutinin scharf zu machen. Ihre Studie erschien im Fachjournal «The Lancet Infectious Disease».
Weil der etwas versteckte Hämagglutinin-Hals normalerweise dem Immunsystem ziemlich egal ist, haben sie ihm verschiedene Köpfe von Vogelgrippestämmen aufgesetzt und dem Immunsystem von Versuchspersonen der Reihe nach solche chimären Seren gezeigt. So verabreichten sie zum Beispiel den Hals von Hämagglutinin Variante 1 (H1) mit dem Kopf von H8. «Das Immunsystem hat die H1-Halsdomäne in der Regel schon einmal gesehen, aber Antikörper dagegen sind selten», erklärte Krammer der Nachrichtenagentur APA.
Wenn man dem Immunsystem nun aber ein chimäres Hämagglutinin mit einer H1-Halsdomäne und der exotischen H8-Kopf-Domäne präsentiert, reagiert es nur schwach auf die neue H8-Kopfdomäne, weil es sie zum ersten Mal sieht, aber es kann sich an die Halsdomäne erinnern und reagiert stärker. «Das kann man dann mit einem Konstrukt wiederholen, das die gleiche H1-Halsdomäne aber jetzt eine H5-Kopfdomäne hat, um den Effekt zu verstärken», so der Forscher.
Hilft auch gegen künftige Grippesorten
In einem klinischen Versuch (Phase I) konnten sie bei solch einer Behandlung einen starken Anstieg der Antikörper-Titer gegen den universellen H1-Hals beobachten. «Der Impfstoff rief eine breite Antikörper-Antwort hervor, und kreuzreagierte nicht nur mit den derzeit zirkulierenden humanen Influenza-Viren, sondern auch mit Influenza-Subtypen von Vögeln und Fledermäusen», so Krammer.
Für die Wissenschaftler sind das vielversprechende Zwischenergebnisse für einen universellen Influenza-Impfstoff, um sich vor alle gängigen und sogar neu entstehende Influenza-Viren zu schützen. Damit er diesen weiter entwickeln kann, bekam Krammer jüngst von der US-Gesundheitsbehörde (National Institutes of Health – NIH) eine Förderung in Höhe von 132 Millionen Dollar.
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