Türkei Erdogan besucht Geisterstadt Varosha – Kritik aus Nikosia

SDA

15.11.2020 - 17:34

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan besucht im Rahmen von Feierlichkeiten zum 37. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung von Zypern die Küstensiedlung Varosha. Er fordert die Aufnahme von Gesprächen über eine Zwei-Staaten-Lösung für die geteilte Mittelmeerinsel. Foto: Uncredited/Turkish Presidency/AP/dpa
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan besucht im Rahmen von Feierlichkeiten zum 37. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung von Zypern die Küstensiedlung Varosha. Er fordert die Aufnahme von Gesprächen über eine Zwei-Staaten-Lösung für die geteilte Mittelmeerinsel. Foto: Uncredited/Turkish Presidency/AP/dpa
sda

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die einst von Griechisch-Zyprern bewohnte Küstensiedlung Varosha in Nordzypern besucht. Erdogan kritisierte am Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung mit Nordzyperns Präsident Ersin Tatar, die nordzyprische Bevölkerung sei in dem Konflikt um die geteilte Mittelmeerinsel bislang benachteiligt worden. Es sei klar, wer die «wahren Besitzer» Varoshas seien, sagte Erdogan mit Blick auf die Nord-Zyprer.

Erdogan wurde auf der Reise von dem ultranationalistischen Politiker Devlet Bahceli begleitet. Dessen Partei MHP und Erdogans islamisch-konservative AKP bilden in der Türkei eine Regierungsallianz.

Der Präsident der Republik Zypern, Nikos Anastasiades, hatte den Besuch Erdogans in Varosha schon am Vortag scharf verurteilt. Er sei eine «noch nie da gewesene Provokation» und stehe im Widerspruch zu den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, erklärte er am Samstag. Er untergrabe zudem die Bemühungen der UN, neue Verhandlungen zur Überwindung der Teilung der Mittelmeerinsel in die Wege zu leiten.

Zypern ist seit 1974 nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention geteilt. Im Norden gibt es die nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern, die Republik Zypern im Süden ist seit 2004 EU-Mitglied.

Die Stadt Famagusta im Osten der Insel gilt als Sinnbild der Teilung. Als die türkischen Panzer im August 1974 auf die Stadt vorrückten, verliessen rund 40 000 Bewohner des griechisch-zyprischen Stadtteils Varosha ihre Häuser. Die ehemalige Touristenhochburg wurde zum militärischen Sperrgebiet erklärt und gleicht seitdem einer Geisterstadt.

In einer Resolution des UN-Sicherheitsrats aus dem Jahr 1984 zu Varosha heisst es unter anderem, Versuche, andere Personen als die ursprünglichen Einwohner in dem Stadtteil anzusiedeln, seien inakzeptabel. Im Oktober hatte der Präsident Nordzyperns – damals noch als Regierungschef – einen Küstenstreifen in Varosha für die Öffentlichkeit geöffnet und damit internationale Kritik auf sich gezogen. Tatar, der als Hardliner gilt, wird von Erdogan unterstützt.

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