Neue Spannungen Wie im «Polizeistaat»: Russland reagiert empört auf US-Sanktionen

DPA/AP/uri

9.8.2018

Eine Form der «Lynchjustiz», «absolut rechtswidrig» und Methoden wie in einem «Polizeistaat»: Heftig reagiert Russland auf die jüngsten US-Sanktionen im Fall Skripal.

Der Fall um den Giftanschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal mündet für Russland in neuen Sanktionen der USA. Washington habe in dieser Woche festgestellt, dass Russland den Nervenkampfstoff Nowitschok gegen den Ex-Spion und dessen Tochter Julia eingesetzt habe, teilte das US-Aussenministerium am Mittwoch mit. Deshalb würden rund um den 22. August Sanktionen in Kraft treten. Russland äusserte umgehend Kritik. Lob kam dagegen aus Grossbritannien.

Der russische Präsident Wladimir Putin liess durch seinen Sprecher Dmitri Peskow erklären, das Vorgehen der USA sei nicht mit internationalem Recht im Einklang. (Archiv)
Der russische Präsident Wladimir Putin liess durch seinen Sprecher Dmitri Peskow erklären, das Vorgehen der USA sei nicht mit internationalem Recht im Einklang. (Archiv)
Jorge Silva

Die Ankündigung schicke eine klare Botschaft nach Russland, dass sein «provokatives, rücksichtsloses Verhalten» nicht ohne Folgen bleibe, liess die britische Premierministerin Theresa May mitteilen. Ganz anders die Reaktion aus Moskau: Der russische Präsident Wladimir Putin liess die von den USA im Fall Skripal verhängten Sanktionen als «absolut rechtswidrig» verurteilen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Donnerstag, das Vorgehen Washingtons stehe nicht mit dem internationalen Recht im Einklang.

«Weit hergeholte Anschuldigungen»

Noch weiter ging der Vorsitzende des Aussenausschusses im russischen Oberhaus, Konstantin Kosatschew. Er sagte, die neuen US-Sanktionen stellten eine Form von «Lynchjustiz» dar. Die USA führten sich wie ein «Polizeistaat» auf, der einen Verdächtigen bedrohe und foltere, um Belege für seine Behauptungen zu erhalten, fügte er hinzu.

Die russische Botschaft in Washington übte ebenfalls Kritik. Es handele sich um «weit hergeholte Anschuldigungen», dass Russland hinter dem Anschlag auf Skripal und seine Tochter Julia stecke, teilte die Botschaft als Reaktion auf die Bekanntgabe der US-Regierung vom Mittwoch mit. Russland seien noch immer keine Fakten oder Beweise vorgelegt worden. Die USA hätten sich zudem geweigert, Fragen aus Moskau zu beantworten.

Am 4. März waren die Skripals bewusstlos auf einer Parkbank in der englischen Stadt Salisbury gefunden worden. Grossbritannien warf Moskau vor, die beiden mit dem aus sowjetischer Produktion stammenden Nervengift Nowitschok attackiert zu haben. Die russische Regierung weist das entschieden zurück.

Nach Angaben des US-Aussenministeriums wurde der Kongress bereits über die Sanktionen informiert. Rund um den 22. August soll die formale Feststellung veröffentlicht werden, wonach die USA der Ansicht sind, dass die russische Regierung «chemische oder biologische Waffen genutzt und damit gegen internationales Recht verstossen hat oder tödliche chemische oder biologische Waffen gegen ihre eigenen Bürger eingesetzt» habe.

Trump hält seinen Umgang mit Moskau für hart genug

Die Sanktionen würden voraussichtlich den Widerruf von Exportlizenzen an Russland umfassen, die Güter mit Bezügen zur nationalen Sicherheit betreffen, sagte ein hoher Mitarbeiter im Aussenministerium. Ausnahmen von den Strafmassnahmen seien möglich, etwa Aktivitäten rund um die Raumfahrt sowie Auslandshilfen.

Der Fall Skripal hatte zu massiven diplomatischen Verwerfungen mit Russland geführt. Etliche westliche Staaten stärkten London den Rücken und wiesen russische Diplomaten aus, der Kreml reagierte mit ähnlichen Massnahmen. Aus den USA mussten auf Geheiss der Regierung von Präsident Donald Trump allein 60 russischen Diplomaten ausreisen, das russische Konsulat in Seattle wurde in einer Reaktion auf den Fall Skripal geschlossen.

Bislang hatte die US-Regierung nicht offiziell festgestellt, dass sie Russland die Verantwortung für den Giftanschlag gibt. Etliche Kongressmitglieder äusserten die Sorge, dass die Regierung diesen Schritt verschleppe. Hintergrund sind Trumps Bemühungen um bessere Beziehungen zu Moskau und Staatschef Wladimir Putin. Hinzu kommt der Umstand, dass der US-Präsident die Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller zu einer russischen Einmischung in die US-Wahl 2016 immer wieder scharf kritisiert hat.

Trump selbst beharrt aber darauf, dass er im Umgang mit Moskau hart genug sei. Seine Regierung hat bereits Sanktionen gegen etliche russische Funktionäre und Oligarchen wegen Menschenrechtsverstössen und Wahleinmischung verhängt.

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