Zahlreiche KehrtwendenJoe Biden dreht am Rad der Zeit
sda/AP/DPA/phi
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Joe Biden arbeitet weiter aktiv daran, Massnahmen seines Vorgängers zurückzunehmen. In Sachen Klima und Einwanderung hat der US-Präsident Nägel mit Köpfen gemacht und sendet Entspannungssignale gen Iran.
Der 46. Präsident der USA arbeitet daran, die Uhr zurückzudrehen: Joe Biden bemüht sich weiter, Entscheidungen von Don Donald Trump zu revidieren.
Entweder wurden angekündigte Vorhaben umgesetzt wie etwa die Rückkehr zum Pariser Klimaabkommen oder Neuausrichtungen bekannt gemacht. Eine Übersicht.
Klimapolitik
Nach dem Ausstieg unter Ex-Präsident Donald Trump sind die USA nun wieder offiziell Teil des Pariser Klimaabkommens. Mit Tagesanbruch am Freitag an der US-Ostküste vollzogen die Vereinigten Staaten nach Angaben der UN die Rückkehr in den historischen Vertrag von 2015.
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, hatte den Schritt der USA als «Schlüsselmoment» auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Klimaschutz bezeichnet. Auch würdigte er bereits die von der Regierung des neuen Präsidenten Joe Biden durchgeführten Stärkungen der US-Klimapolitik.
Biden will Amerika eigenen Aussagen zufolge zu einer führenden Nation beim Kampf gegen die Erderwärmung machen. Dafür machte er mit dem früheren US-Aussenminister John Kerry ein politisches Schwergewicht zum Klima-Sonderbeauftragten des Weissen Hauses. Kerry und Guterres nehmen heute an der Zeremonie zum Wiedereintritt der USA in den Vertrag teil.
Neue Gespräche mit dem Iran
Die Biden-Administration ist ausserdem zu Gesprächen über eine Rückkehr in das Atomabkommen mit dem Iran bereit. Die USA würden eine Einladung der EU zu einem Treffen mit Vertretern des Iran und der übrigen Unterzeichnerstaaten annehmen, teilte das Aussenministerium mit.
Eine solche Einladung wurde in Kürze erwartet, nachdem Aussenminister Antony Blinken mit seinen Kollegen aus Deutschland, Frankreich und Grossbritannien gesprochen hatte. Diese warnten den Iran, Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA keinen vollen Zugang mehr zu seinen Atomanlagen zu gestatten.
Im Iran zeigte sich Präsident Hassan Ruhani hoffnungsvoll, dass die USA in das Abkommen zurückkehren werden. Wie das Staatsfernsehen berichtete, hoffte er auf eine Aufhebung der unter Trump wieder eingeführten Sanktionen gegen das Land. Die Biden-Regierung erklärte UN-Sanktionen für aufgehoben, die unter Trump auf umstrittene Weise wieder eingeführt worden waren.
Sanktionen teilweise aufgehoben
Die USA zögen drei Briefe der Trump-Regierung zurück, hiess es in einem Schreiben des geschäftsführenden UN-Botschafters Richard Mills an den Weltsicherheitsrat, das der Nachrichtenagentur AP vorlag. Die durch eine Sicherheitsratsresolution beendeten Sanktionen «bleiben beendet», schrieb Mills. Ausserdem wurden Reisebeschränkungen für iranische Diplomaten aufgehoben.
Mit den jetzt zurückgezogenen Briefen hatte die Trump-Regierung im September 2020 versucht, den sogenannten Snap-Back-Mechanismus zu aktivieren – das im Atomvertrag vereinbarte automatische Zurückschnappen (englisch: snap back) der UN-Sanktionen gegen den Iran, falls dieser sich nicht an Vertragsbestimmungen hält.
Der Sicherheitsrat vertrat jedoch mit grosser Mehrheit die Auffassung, dass die USA dazu nicht berechtigt seien, weil sie selbst aus dem Vertrag ausgetreten waren. Im Atomabkommen hatte der Iran 2015 mit den fünf UN-Vetomächten und Deutschland vereinbart, sein Nuklearprogramm so zu ändern, dass das Land keine Atombomben bauen kann. Im Gegenzug sollten Sanktionen aufgehoben werden.
Erleichterungen an der Grenze
Die Republikaner warfen Biden vor, dem Iran unnötig Zugeständnisse zu machen. «Die Trump-Regierung hat Präsident Biden ein Druckmittel gegen den Iran geschaffen. Wir sollten diesen Fortschritt nicht vergeuden», sagte der Vertreter der Republikaner im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses, Michael McCaul.
Auch eine der prägendsten Einwanderungsrichtlinien von Trump wird heute beendet: Teils seit Monaten und manchmal seit Jahren in Mexiko festsitzende Asylsuchende dürfen ab sofort in die USA einreisen. Während Gerichte dort also über ihren Asylantrag entscheiden, können sie sich künftig in den Vereinigten Staaten aufhalten.
Biden hatte ein Ende des Programms «Remain in Mexico» («Bleiben Sie in Mexiko») zugesagt, das unter seinem Vorgänger das Ziel hatte, Migranten abzuschrecken. Die Kriminalität ist im mexikanischen Grenzgebiet extrem hoch, was Asylsuchende vor grosse Probleme stellt.
Warnung vor Ansturm
Die Zahl der ab Freitag in den USA eintreffenden Migranten dürfte zunächst jedoch stark begrenzt werden. Vorerst soll nach Behördenangaben nur der Grenzposten in San Diego in Kalifornien geöffnet werden, am kommenden Montag soll der im texanischen Brownsville folgen, und am nächsten Freitag der in El Paso (ebenfalls Texas).
US-Regierungsmitarbeiter haben Menschen gewarnt, nun nicht an die Grenze zu strömen. Geschätzt 25'000 aktive Fälle aus dem Programm «Remain in Mexico» und mehrere Hundert in Berufungsverfahren sollten sich auf einer Website registrieren, die Anfang nächster Woche unter dem UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi aufgesetzt wird.
Die Internationale Organisation für Migration plant, die Asylsuchenden auf das Coronavirus zu testen und sie im Falle eines positiven Ergebnisses vor der US-Einreise zehn Tage in Quarantäne zu beherbergen. Unklar ist, wie lange die Bearbeitung der mehr als 25'000 Fälle dauern wird. Zwei Grenzposten können nach Ansicht von Regierungsvertretern bis zu 300 Anträge pro Tag bearbeiten.
Keine Änderungen in Sachen China erwartet
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, die heute stattfindet, rechnet unter Biden mit einer Fortführung der strengen amerikanischen China-Politik. «Wir dürfen nicht erwarten, dass jetzt so eine Art amerikanischer Schmusekurs stattfindet», sagte Wolfgang Ischinger im «Deutschlandfunk».
Dem ehemaligen deutschen Botschafter zufolge fordern sowohl die Republikaner als auch die Demokraten im US-Kongress «seit Längerem» einen noch härteren Kurs gegen China. Daher blieben die Beziehungen zwischen den USA und China ein zentrales Thema auf der transatlantischen Tagesordnung.
Biden wird sich heute bei der Münchner Sicherheitskonferenz erstmals seit seinem Amtsantritt am 20. Januar direkt an ein europäisches Publikum wenden. Er ist der erste US-Präsident, der bei der vor 58 Jahren gegründeten Sicherheitskonferenz spricht.