Explosion auf Krim-BrückeDer Kreml schweigt – Kiew lästert
SDA/amo
9.10.2022 - 09:58
Kurz erklärt: Brücke von Kertsch hat hohen Symbolwert
Die Brücke über die Strasse von Kertsch, die durch eine Explosion stark beschädigt wurde, ist für die Versorgung der Krim und der dort stationierten russischen Truppen von grosser Bedeutung. Auch für die Ukraine hat sie hohen Symbolwert.
08.10.2022
Der Kreml hat sich bisher nicht zur Explosion auf der Krim-Brücke geäussert. Kiew dagegen übt sich in Schadenfreude, ohne offiziell die Verantwortung für den mutmasslichen Anschlag zu übernehmen.
SDA/amo
09.10.2022, 09:58
09.10.2022, 11:40
SDA/amo
Nach der Explosion auf der für Russland strategisch wichtigen Krim-Brücke am Samstag hüllt sich der Kreml bislang in Schweigen. Trotz unzähliger Drohungen Moskaus, bei einem Angriff auf die Krim-Brücke hart zurückzuschlagen, hielt sich Putin zunächst zurück. Er setzte eine Untersuchungskommission und einen neuen Befehlshaber für die russischen Truppen in der Ukraine ein, wies eine strengere Bewachung der Brücke an. Neue Drohungen? Fehlanzeige.
Der Machtapparat reagierte wohl auch deshalb betont nüchtern, um die Zehntausenden russischen Touristen auf der im goldenen Herbst weiter extrem beliebten Ferienhalbinsel nicht in Panik zu versetzen. Es sei für alles gesorgt, sagte Krim-Chef Sergej Aksjonow. Er meinte, die Urlauber sollten auf Staatskosten länger bleiben dürfen. Immer wieder wurde die subtropische Schwarzmeer-Idylle in diesem Sommer von Anschlägen erschüttert. Es gab mehrere Zwischenfälle mit Drohnen – auch um den Küstenort Kertsch, an dem die Krim-Brücke anlandet.
Putin habe Übung darin, Niederlagen runterzuspielen und wegzustecken, schrieb die russische Politologin Tatajana Stanowaja. Putin schlage oft mit grosser Verzögerung zurück. Dabei sehen ihn viele Experten im Krieg als Getriebenen, der die Lage nicht mehr unter Kontrolle habe.
Selenskyj verspottet Russland
Von Seiten der Ukraine hagelt es dagegen Spott. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner täglichen Videoansprache in Anspielung auf die Detonation, in der Ukraine sei es am Samstag grossteils sonnig und warm gewesen, «auf der Krim leider bewölkt, obwohl auch dort warm.» Näher ging er auf den Vorfall nicht ein. Anschliessend forderte er die Russen einmal mehr zur Aufgabe und Flucht auf. Das sei ihre beste Option, um am Leben zu bleiben. Es werde eine Zukunft ohne Besatzer geben in der Ukraine. «Auf unserem ganzen Territorium, insbesondere auf der Krim», sagte er.
Die für Russland strategisch und symbolisch wichtige Krim-Brücke war am frühen Samstagmorgen von einer schweren Explosion erschüttert worden. Videos zeigen grosse Zerstörungen. Die genauen Hintergründe sind noch unklar. Russischen Angaben zufolge ist ein Lastwagen explodiert. Dadurch sollen nach Darstellung russischer Ermittler weiter entfernt gleich sieben Kesselwagen mit Diesel in Brand geraten sein. Ausserdem stürzten Teile der Brückenautobahn ins Meer. Mindestens drei Menschen sollen dabei getötet worden sein.
Vor Selenskyj hatten bereits mehrere hochrangige Politiker aus der Umgebung des ukrainischen Präsidenten die Spekulationen um eine Tatbeteiligung Kiews angeheizt. Der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, veröffentlichte am Samstag auf Facebook Aufnahmen von dem teils zerstörten Bauwerk, das Russland und die 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verbindet. Daneben stellte er ein Video, das die Hollywood-Legende Marilyn Monroe (1926 – 1962) zeigt, wie sie im Jahr 1962 für den damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy das Geburtstagsständchen «Happy Birthday, Mr. President» singt. Der russische Präsident Wladimir Putin feierte am Freitag seinen 70. Geburtstag.
Olexij Danilow postet auf Facebook ein Video, das die Explosion auf der Krim-Brücke zeigt. Daneben singt Marilyn Monroe «Happy Birthday, Mr. President»
Der Berater des Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, wiederum twitterte zunächst: «Alles Illegale muss zerstört werden, alles Gestohlene muss an die Ukraine zurück.» Ein paar Stunden später ruderte er mit kryptischen Äusserungen zurück. Er stellte den Anschlag als Konkurrenzkampf zwischen russischer Armee und Geheimdienst FSB dar. Der FSB versuche die Armeespitze auszuwechseln und sei nun plötzlich selbst angeschlagen, weil er den Angriff auf die Brücke verschlafen habe. «Ist es nicht offensichtlich, wer die Explosion verursacht hat?», übte er sich in Verschwörungstheorien.
Now seriously. FSB/PMC try to eliminate leadership of Defense Ministry/GHQ. Before personnel change, FSB is in knockdown — missed Putin's bridge explosion. Defense Ministry can now blame FSB for the future South loss. Isn’t it obvious who made an explosion? Truck arrived from RF.
Putin befiehlt Geheimdienst verstärkte Kontrolle über Krim-Brücke
Dabei war offiziell der FSB gar nicht zuständig. Die Aufgabe teilten sich bisher Verteidigungsministerium, Nationalgarde und Verkehrsministerium. Putin wies den Geheimdienst erst nach der Explosion per Dekret an, die Kontrolle über die beschädigte Krim-Brücke zu verschärfen. «Dem FSB werden die Vollmachten übertragen zur Organisation und Koordination von Schutzmassnahmen für den Transportweg über die Meerenge von Kertsch, für die Strombrücke der Russischen Föderation auf die Halbinsel Krim und die Gaspipeline vom Gebiet Krasnodar zur Krim», heisst es in dem Dekret.
Es ist die erste Massnahme, die der Kreml nach der mutmasslich durch einen Anschlag herbeigeführten Explosion am Morgen ergriff. Öffentlich äussern wollte sich der russische Präsident jedoch nicht. Putin wird nach offiziellen Angaben auch in den nächsten Tagen nicht zu den Russen sprechen. Ein solcher Auftritt sei nicht geplant, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Samstag. Politische Beobachter hatten eine Ansprache des Präsidenten angesichts der schweren Schäden an der Brücke für wahrscheinlich gehalten. Moskau hatte Kiew in der Vergangenheit mit schweren Konsequenzen bei einem versuchten Angriff auf das Objekt gedroht.
Ernennung eines neuen Oberbefehlshabers und Evakuation
Die russischen Truppen in der Ukraine haben derweil nach zahlreichen Niederlagen bei ihrem Angriffskrieg nun einen neuen Kommandeur. Der 55 Jahre alte Armeegeneral Sergej Surowikin sei von Verteidigungsminister Sergej Schoigu eingesetzt worden, um die «militärische Spezialoperation» zu führen, teilte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow am Samstag in Moskau mit. Schoigu kommt damit nach Meinung von Kommentatoren seinen Kritikern entgegen, die angesichts von Niederlagen eine Neuaufstellung der Truppen in der Ukraine gefordert hatten.
Gleichzeitig bereiten die russischen Besatzer unter dem Druck ukrainischer Gegenoffensiven in dem von Moskau annektierten südukrainischen Gebiet Cherson die Evakuierung von Zehntausenden Zivilisten vor. Unter anderem seien die russischen Regionen Krasnodar und Stawropol zur Aufnahme von Kindern und Erwachsenen bereit, schrieb der Besatzungschef von Cherson, Wladimir Saldo, am Samstag in seinem Telegram-Kanal.
Was am Sonntag wichtig wird
Offiziell untersuchen die russischen Behörden die Explosion an der Krim-Brücke noch. Wenn es am Sonntag schon erste Resultate gibt, könnte auch eine offizielle – und möglicherweise militärische – Reaktion aus Moskau erfolgen. An der Front werden weitere schwere Gefechte im Süden und Osten der Ukraine erwartet.
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