Droh-Kultur Warum Iraner Trump die schönsten Ziele des Landes schicken

Von Philipp Dahm

6.1.2020

Donald Trump ist im Angriffsmodus: Er hat nicht nur Baghdad, sondern auch Teheran gedroht – Letzteren mit dem Angriff auf Kultureinrichtungen. Die Iraner schicken ihm via Twitter nun selbst – wunderschöne – Ziele.

Der «New York Times» zufolge hätte Donald Trump getrost auch andere Ziele angreifen können, anstatt Qassem Soleimani zu liquidieren. Für die «NYT» hat sich der US-Präsident für die extremste Lösung entschieden.

Noch am 28. Dezember soll Trump die Option zur Tötung des iranischen Generals abgelehnt haben, aber als er am 2. Januar dann doch grünes Licht für den Soleimani-Einsatz gegeben hat, sollen die Entscheider im Pentagon von der Wahl seines Zieles geschockt gewesen sein. Alternativ waren angeblich Luftangriffe auf Kommandoposten oder Waffenlager schiitischer Milizen geplant.

Ein weiterer Faktor, der zu Trumps Entscheidung beigetragen haben soll, ist Barack Obama. Laut «Newsweek» sorgte sich Trump längst, im Vergleich zum Amtsvorgänger zimperlich zu wirken, zumal es zuletzt immer wieder Nadelstiche Teheran-treuer Truppen gegen die USA gegeben hat – namentlich die Raketenangriffe auf eine US-Basis bei Kirkuk, auf den Flughafen Bagdad und der Sturm auf die US-Botschaft in der irakischen Hauptstadt.

Stärker als Obama

Zaghaftigkeit könnte das falsche Signal senden, soll Trump darüber hinaus glauben. «Das Argument ist: Wenn man nicht reagiert, glauben sie, dass sie mit allem durchkommen», verrät eine Quelle aus dem Weissen Haus der «Washington Post». Mit der Tötung wollte Trump «stärker» erscheinen als sein Amtsvorgänger, schreibt die Zeitung weiter.

Trauerzug in Teheran vor dem Begräbnis von Qassem Soleimani am 6. Januar 2020.
Trauerzug in Teheran vor dem Begräbnis von Qassem Soleimani am 6. Januar 2020.
Bild: Keystone

Dass sie nicht über den Angriff informiert worden sind, stösst den Europäern sauer auf. «Der Sinn von Allianzen ist, dass man den Gegner überrascht und nicht einander», poltert Tom Tugendhat, der Vorsitzende des Parlamentskomitees für ausländische Angelegenheiten, in der BBC. Berlin und Paris warnen derweil vor einer möglichen, «gefährlichen Eskalation» des Konflikts, schreibt «Business Insider».

Auch auf den Philippinen herrscht Wut auf die USA: Nahe der Botschaft in Manila verbrennen Demonstranten das Konterfei Donald Trumps.
Auch auf den Philippinen herrscht Wut auf die USA: Nahe der Botschaft in Manila verbrennen Demonstranten das Konterfei Donald Trumps.
Bild: Keystone

Eine erste militärische Reaktion auf die Soleimani-Tötung hat es auch bereits gegeben: Am Samstagabend gingen Raketen auf einen US-Stützpunkt in Baghdad nieder, verletzt worden sei jedoch niemand, berichtet die Deutsche Welle. Doch eine andere Nachricht aus der irakischen Hauptstadt hat Donald Trump offenbar deutlich mehr aufgeregt: die Aufforderung des nationalen Parlaments, dass alle ausländischen Truppen das Land verlassen sollen.

Völkerrechtsbruch

Sollte Bagdad bei der Entscheidung bleiben, werde Washington mit Sanktionen reagieren, «gegen die die Sanktionen gegen den Iran «milde aussehen» würden, so CNBC. So hätten die USA etwa einen Luftwaffenstützpunkt gebaut, der «Milliarden von Dollar» kostete: «Wir werden nicht gehen, bevor uns das nicht zurückgezahlt worden ist», droht Trump.

Und auch Teheran sei im Visier, warnt der 73-jährige Republikaner in einem Tweet: Damit, Angriffe auf kulturelle Einrichtungen ins Spiel zu bringen, tut sich Trump aber keinen Gefallen: Attacken gegen Kultureinrichtungen sind verpönt. Die Iraner gehen bereits kreativ mit Trumps Drohkulisse um: Auf Twitter verbreiten sie Bilder von Kultureinrichtungen mit ihren liebsten kulturellen Gebäuden, um die USA zu reizen.

Qassem Soleimanis Nachfolger ist sich derweil sicher, dass die USA für die Tötung seines Vorgängers bezahlen würden. «Gott der Allmächtige hat Revanche versprochen, und Gott ist der Haupträcher», sagte General Esmail Ghaani laut der Nachrichtenagentur AP. «Es werden sicherlich Massnahmen ergriffen.» Und nicht nur Regimetreue, sondern auch gemässigte Iraner sind auf Washington nun gar nicht mehr gut zu sprechen, erklärt der «Independent».

Und während in Teheran heute Qassem Soleimanis Beerdigung ansteht, fürchtet die Welt weitere Eskalationen – wie der Anstieg des Ölpreises auf 70 Dollar pro Barrel zeigt. Ob er es wirklich zu einem Krieg kommen lassen will, das weiss zu diesem Zeitpunkt – wahrscheinlich – nur Donald Trump selbst. 

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