IsraelNach Tauziehen mit Hamas: Freude über Freilassung weiterer Geiseln
SDA
26.11.2023 - 18:24
Während der mehrtägigen Feuerpause im Gaza-Krieg sind seit Freitag insgesamt 58 Geiseln aus der Gewalt der Terrororganisation Hamas freigekommen. Eine dritte Gruppe traf am Sonntag in Israel ein. Im Gegenzug zu den 17 Freigelassenen sollten wie am Vortag erneut 39 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden. Der Austausch ist Teil der von Katar vermittelten Vereinbarung über eine viertägige Feuerpause, die mindestens bis Dienstagmorgen dauern soll. Am Montag wird die Freilassung weiterer Geiseln erwartet, die am 7. Oktober von den Islamisten verschleppt wurden.
26.11.2023, 18:24
SDA
Die Freude über die Freilassung war am Wochenende gross, wurde allerdings getrübt durch die Sorge um die weiter in Gefangenschaft verbleibenden Menschen. In Israel wird davon ausgegangen, dass noch knapp 180 Geiseln in den Händen der Hamas sind. Unter den seit Freitag Freigelassenen waren 40 Israelis, darunter auch acht deutsche Doppelstaatsbürger sowie andere mit einem zweiten Pass.
US-Staatsbürgerin freigelassen
Zum ersten Mal war am Sonntag mit einem vierjährigen Mädchen auch eine Geisel dabei, die die US-Staatsangehörigkeit besitzt, wie US-Medien berichteten. Bei dem Terrorangriff vor sieben Wochen waren beide Eltern von Terroristen getötet worden. Das Mädchen wurde in den Gazastreifen verschleppt. Am Freitag wurde es vier Jahre alt.
Zusätzlich zu den 40 Israelis wurden seit Beginn der Feuerpause insgesamt 18 Ausländer, darunter 14 thailändische, ein philippinischer Staatsbürger sowie am Sonntag auch ein Russe freigelassen. Diese Ausländer kamen unabhängig von dem Geiseldeal zwischen der Hamas und Israel frei.
Im Rahmen dieser Vereinbarung entliess Israels Regierung eine grössere Zahl palästinensischer Häftlinge aus dem Gefängnis – am Freitag und Samstag jeweils schon 39 Frauen und Minderjährige. Eine dritte Gruppe sollte am Sonntagabend noch freikommen.
Auf den Strassen im israelisch besetzten Westjordanland und in Ost-Jerusalem wurden die 39 am Samstag entlassenen palästinensischen Häftlinge von einer Menschenmenge mit Jubel begrüsst. Dabei wurden Hamas-Fahnen geschwenkt, wie «The Times of Israel» berichtete.
Biden schaltet sich ins diplomatische Ringen ein
Die Freilassungen waren am Samstag zunächst ins Stocken gekommen, weil die Hamas die Übergabe der zweiten Gruppe in letzter Minute stoppte. Als Grund nannte die Terrororganisation, dass Israel aus ihrer Sicht gegen einen Teil des Geisel-Deals verstossen habe. Sie warf Israel unter anderem vor, nicht ausreichend Hilfslieferungen in den nördlichen Teil des Gazastreifens ermöglicht zu haben. Israel wies das zurück und drohte mit einer Aufkündigung des Abkommens.
US-Präsident Joe Biden schaltete sich daraufhin am Samstag persönlich ein, wie eine Sprecherin seines Nationalen Sicherheitsrats berichtete. Der 81-Jährige habe mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, und dem katarischen Premier- und Aussenminister, Mohammed bin Abdulrahman Al Thani telefoniert. Am Ende lenkte die Hamas nach Einschreiten des vermittelnden Golfemirats am späten Samstagabend ein und liess die Geiseln doch frei.
Weitere deutsche Doppelstaatler frei
Bei den vier am Samstag freigekommenen Deutschen handelt es sich nach Angaben ihrer Familien um eine 67-jährige Frau sowie ihre 38-jährige Tochter und deren Kinder im Alter von 3 und 8 Jahren. «Ich denke an sie und an die, die noch in den Händen der Hamas sind. Wir arbeiten mit aller Kraft daran, dass auch sie bald in Freiheit sind», schrieb Aussenministerin Annalena Baerbock auf X, ehemals Twitter. Schon am Freitag waren vier Deutsch-Israelis als Teil einer Gruppe von 24 Geiseln freigekommen.
Die laufende Feuerpause soll mindestens vier Tage bis Dienstagfrüh dauern. Gemäss der Vereinbarung sollen in dieser Zeit insgesamt 50 israelische Geiseln freigelassen werden. Eine Verlängerung der Feuerpause auf bis zu zehn Tage und weitere Freilassungen sollen möglich sein, wie Katar mitteilte.
Steinmeier besucht Israel
Zu einem Solidaritätsbesuch trafen am Sonntag die beiden höchsten Repräsentanten des deutschen Staates – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) – in Israel ein. In einer Videobotschaft zuvor hatte Steinmeier die Freilassungen begrüsst und betont: «Der Weg zur Beendigung des Kampfes wird und kann nur über die Freilassung der Geiseln führen. Aller Geiseln!» Auch ein Treffen mit Angehörigen stand auf seinem Programm.
Auslöser des jüngsten Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze begangen hatten. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen getötet. Etwa 240 Geiseln wurden nach Gaza verschleppt, auch mehrere Deutsche.
Israel reagierte mit massiven Luftangriffen, einer Blockade des Gazastreifens und begann Ende Oktober eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben der islamistischen Hamas fast 15 000 Menschen getötet. Mehr als 36 000 wurden demnach verletzt. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.
Tot geglaubtes Mädchen kommt frei
Nach 50 Tagen Gefangenschaft kam am Samstag auch ein ursprünglich einmal für tot gehaltenes, neunjähriges israelisch-irisches Mädchen frei. «Wir finden keine Worte, um unsere Gefühle nach 50 schwierigen und komplizierten Tagen zu beschreiben. Wir sind überglücklich, Emily wieder in die Arme schliessen zu können», erklärte die Familie. Emily Hand war während ihrer Geiselhaft neun Jahre alt geworden, was in Dublin vor anderthalb Wochen mit einer Party gefeiert worden war.
Ihr Vater hatte in einem emotionalen TV-Interview unter Tränen seine Erleichterung darüber geäussert, dass sie nicht in die Hände der Hamas gefallen sei, weil das noch «schlimmer als der Tod» gewesen wäre. Später hiess es, seine Tochter sei womöglich doch als Geisel in den Gazastreifen verschleppt worden. Am Samstagabend war sie in Freiheit.
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