Festgefahrener Asylkonflikt Rettungsschiff «Aquarius» soll nach Spanien

dpa

12.6.2018

Die Härte der neuen italienischen Regierung in der Flüchtlingsfrage sorgt für viel Kritik. Die «Aquarius» muss ins weit entfernte Spanien ausweichen. Dort ist eine neue Regierung - und setzt ebenfalls ein politisches Zeichen.

Nach der Sperrung der italienischen Häfen für das Rettungsschiff «Aquarius» müssen sich die Seenotretter mit Hunderten Migranten auf den mehrtägigen Weg nach Spanien machen.

Ein Teil der 629 geretteten Migranten stiegen am Dienstag auf zwei Schiffe der italienischen Marine und Küstenwache um. Diese sollen dann zusammen mit der «Aquarius» nach Valencia fahren. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos kündigte derweil an, die Ausgaben für Migration und zum Schutz der europäischen Aussengrenzen im nächsten Jahrzehnt fast zu verdreifachen. Unterdessen starben vor der libyschen Küste mindestens 12 Menschen bei einem neuen Flüchtlingsunglück.

Die neue populistische Regierung aus rechter Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung hatte der «Aquarius» von der Organisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée am Wochenende die Einfahrt in einen Hafen in Italien verwehrt.

Am Dienstag begann der aufwendige Transfer von 400 Menschen von der «Aquarius» auf zwei Schiffe der italienischen Küstenwache und der Marine. Gemeinsam sollten die drei Schiffe dann in See stechen. Rund 1500 Kilometer müssen laut SOS Méditerranée zurückgelegt werden. Die Küstenwache schätzt, dass das vier Tage dauern wird. Eine Journalistin an Bord der «Aquarius» machte auf Twitter darauf aufmerksam, dass zahlreiche Migranten am Samstag erst von einem Schiff der Küstenwache gerettet wurden, das dem glich, das sie nun nach Spanien bringen soll.

Erstmals hatte Italien einer Hilfsorganisation die Einfahrt in den Hafen verweigert. Nachdem auch Malta den Hafenzugang verwehrt hatte, schaltete sich am Montag die spanische Links-Regierung ein und bot die Aufnahme der Migranten an. Vor allem Italiens Innenminister Matteo Salvini will Hilfsorganisationen, die Migranten in Seenot retten, verbannen.

Vor allem zwischen Paris und Rom löste die Krise Streit aus. Die französische Regierung übte scharfe Kritik an der Zurückweisung des Rettungsschiffs: Regierungssprecher Benjamin Griveaux sprach in Paris vom «Beweis einer Form von Zynismus und einer gewissen Verantwortungslosigkeit der italienischen Regierung». Staatschef Emmanuel Macron habe an das internationale Seerecht erinnert. Demnach müsse bei einem Notfall das Land mit der nächstgelegenen Küste die Verantwortung für die Aufnahme übernehmen. Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, sagte: «Sollen sie ihre Häfen öffnen und wir transferieren ein paar Personen nach Frankreich.»

Der französische Innenminister Gérard Collomb lud darauf seine Amtskollegen aus Rom und Madrid zu Gesprächen nach Paris ein.

Italiens Verkehrsminister Danilo Toninelli verteidigte das Vorgehen seines Landes. Es handele sich um «angemessenen politischen Pragmatismus, den es vorher nicht gab», sagte der Sterne-Politiker dem Sender Radio Capital. «Italien hat immer Menschenleben gerettet und wird sich niemals zurückziehen. Es sind andere, die beginnen müssen, Verantwortung zu übernehmen.»

«Italien hat zu seiner Willenskraft zurückgefunden», sagte der rechtsnationale ungarische Ministerpräsident Viktor Orban in Budapest. Ungarn verfolgt unter Orban seit Jahren eine fremdenfeindliche Politik - genau wie die seit kurzem in Italien mitregierenden Populisten der Lega.

Die EU-Kommission forderte eine schnelle Lösung des festgefahrenen Asylkonflikts. «Die Situation im Mittelmeer ist eine deutliche Erinnerung daran, dass wir uns Probleme nicht wegwünschen können», sagte Vizepräsident Frans Timmermans in Strassburg.

Unterdessen ereignete sich vor der Küste Libyens ein neues Flüchtlingsunglück. Die deutsche Organisation Sea-Watch sollte von einem US-Marineschiff Migranten übernehmen. Mehr als 40 waren gerettet worden, 12 starben bei der Havarie, wie Sea-Watch twitterte. Wären mehr Schiffe wie die «Aquarius» noch vor Ort, wären die Menschen vielleicht nicht gestorben, so die Organisation.

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