Russlands Regierungschef Michail Mischustin hat sich mit dem Coronavirus infiziert und seine Amtsgeschäfte vorläufig niedergelegt. Er begebe sich in Selbstisolation, sagte der 54-Jährige am Donnerstagabend in Moskau.
Das Staatsfernsehen übertrug eine entsprechende Videoschalte des Ministerpräsidenten mit Kremlchef Wladimir Putin. Der Präsident äusserte die Hoffnung auf eine rasche Genesung Mischustins. Vize-Regierungschef Andrej Beloussow sollte nunmehr die Aufgaben Mischustins übernehmen. Putin ernannte ihn vorübergehend per Ukas zum Ministerpräsidenten.
Der Arbeit des Krisenstabs müsse weitergehen, hiess es. Er wolle weiter per Telefon Kontakt halten zu den Regierungsmitgliedern, sagte Mischustin. Der Politiker ist Russlands wichtigster Manager im Kampf gegen die Corona-Krise gewesen. In der russischen Hauptstadt gelten sehr strenge Ausgangssperren für Bürger wegen der Pandemie. Politiker allerdings bewegen sich frei und arbeiten weiter in ihren Büros.
«Sie sind ein sehr aktiver Mensch, ich möchte Ihnen für Ihre Arbeit danken, die bisher erledigt wurde», sagte Putin bei der im Fernsehen gezeigten Schalte mit Mischustin. «Sie und die Mitglieder der Regierung, die Kollegen in der Präsidialverwaltung befinden sich zweifellos in einer Zone des besonderen Risikos», meinte Putin. Trotz aller Vorsicht gebe es immer wieder zwischenmenschliche Kontakte. Solch eine Infektion könne jedem passieren, sagte der Präsident.
Regierungschef Mischustin forderte seine Landsleute in einer Stellungnahme auf, die Krankheit maximal ernst zu nehmen und an den Mai-Feiertagen zu Hause zu bleiben. Es gelten in der Hauptstadt und anderen Regionen massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Wer gegen Ausgangssperren verstösst, dem drohen hohe Geldstrafen.
Das Virus hatte sich zuletzt massiv ausgebreitet im flächenmässig grössten Land der Erde. Die Zahl der Infizieren stieg auf mehr als 100 000, mehr als 1000 Menschen starben mit dem Virus. Wegen der dramatischen Lage hatte Putin bis 11. Mai arbeitsfrei bei voller Lohnzahlung angeordnet. Ob es danach einen allmählichen Ausstieg aus dem Lockdown gibt in Russland, ist unklar. Diskutiert wird eine Maskenpflicht. Als erste Region will das Moskauer Gebiet den Mund- und Nasenschutz vorschreiben.
Ministerpräsident Mischustin, der erst seit rund 100 Tagen im Amt ist, arbeitete seit Wochen im Krisenmodus. Er hatte im Januar mit seinem neuen Kabinett die Regierungsarbeit von Dmitri Medwedew übernommen. Alle, die mit ihm Kontakt hatten, seien isoliert und würden zusätzlich getestet, teilte Regierungssprecher Boris Beljakow nach Angaben der Agentur Interfax mit. Es habe nur wenige persönliche Kontakte gegeben. Mischustin begebe sich unter ärztliche Beobachtung in eine medizinische Einrichtung, sagte er.
Die Regierung hält ihre Konferenzen per Video ab. Der 67-jährige Putin etwa arbeitet von seiner Vorstadtresidenz Nowo-Ogarjowo aus. Auch Parlamentsabgeordnete waren zuletzt an Covid-19 erkrankt. Das russische Militär meldete am Donnerstag ebenfalls rasant steigende Infektionszahlen in den Streitkräften. Zudem gilt die Lage im Gesundheitswesen als extrem gespannt. Landesweit gab es Berichte über mangelnden Schutz für Ärzte und medizinisches Personal sowie über massenhafte Infektionen und zahlreiche Todesfälle in Kliniken.
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