Drei Szenarien So bekommt die Welt die Pandemie in den Griff

Von Gabriela Beck

19.5.2022

Im optimistischsten Szenario der Forscher haben Regierungen Pandemiepläne und eine Wissenschaftsberatung. 
Im optimistischsten Szenario der Forscher haben Regierungen Pandemiepläne und eine Wissenschaftsberatung. 
Getty Images (Symbolbild aus New York)

Wissenschaftler präsentieren Rezepte für einen besseren Umgang mit der Pandemie. Sonst könnte Covid-19 die Welt noch ein ganzes Stück ungemütlicher machen. Ein Ausblick in drei Szenarien.

Von Gabriela Beck

Die aktuellen Corona-Zahlen machen das Ausmass der Pandemie deutlich: 524 Millionen Infizierte und rund 6,3 Millionen Tote weltweit. Zwar sind die Angaben aus den verschiedenen Ländern und die daraus ermittelten weltweiten Summen mit Vorsicht zu interpretieren, es stellt sich aber doch die Frage, ob diese Zahlen heute niedriger ausfallen würden, wenn die Politiker bessere Entscheidungen getroffen hätten.

Der International Science Council (ISC), ein Zusammenschluss von mehr als 200 internationalen Wissenschaftsorganisationen, beschreibt in seinem gerade erschienenen Bericht, welche Konsequenzen aus den Erfolgen und Fehlern im Kampf gegen die Pandemie zu ziehen sind. Denn eines ist klar: Covid-19 ist noch nicht vorbei.

Peter Glückmann, Präsident des ISC, betont die Notwendigkeit eines ganzheitlicheren, multilateralen Ansatzes für Krisen. Denn mehr als jede andere Krise zuvor habe die Pandemie gezeigt, wie politische Entscheidungen in einem Bereich andere Bereiche beeinflussen: Wer Schulen schliesst, riskiert Bildungschancen, wer die Grenzen zumacht, bringt Produktionsflüsse ins Stottern.

Wie könnten Politiker in Zukunft also ihre Länder besser durch die Pandemie lenken?

Die Schlüsselkompetenz heisst: «komplexes Denken». Zu diesem Ergebnis gelangt der ISC in seinem Bericht. 53 Faktoren, die die Pandemie im weiteren Verlauf beeinflussen können, wurden ausgemacht. Besonders wichtig sei es zudem, die Verbreitung von Falschinformationen einzudämmen und zu verhindern, dass die Schere zwischen Arm und Reich durch globale Krisen immer grösser wird.

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Gemäss den Empfehlungen sollen die Behörden in einer künftigen Krise offener und transparenter kommunizieren. Auch kritische Stimmen aus der Bevölkerung müssten Gehör finden, etwa durch elektronische Dialogplattformen. Zudem sollten Personen mit Migrationshintergrund besser informiert und die Erfahrungen von ausländischen Gemeinschaften stärker berücksichtigt werden.

Ausserdem soll ein Publikum erreicht werden, dass sich nicht über wissenschaftliche Themen informiert. Denn es sei wichtig, dass die Bevölkerung die Risiken in einer Krise richtig abschätzen könne, schrieb der SWR in seiner Mitteilung. Dazu sollten sich Forschende im Umgang mit Medien schulen.

Um auf eine dynamische Entwicklung der Pandemie angemessen reagieren zu können, müssten die Behörden ihre Entscheidungen auf Daten stützen, die innert nützlicher Frist zur Verfügung stünden. Dazu empfiehlt das SWR, das nationale Datenmanagement zu beschleunigen und die Zusammenarbeit von Bund und Kantone zu verbessern.

Drei Szenarien für die Zukunft

Um die Brennpunkte politischen Handelns aufzuzeigen, hat der ISC drei Szenarien entworfen, wo die Welt 2027 in Sachen Covid-19 stehen könnte:

Im wahrscheinlichsten Kontinuitätsszenario wird die Pandemie die Ungleichheiten in Gesundheit, Wirtschaft, Entwicklung, Wissenschaft und Technologie sowie Gesellschaft verschlimmert haben. Covid-19 wird weltweit zu einer endemischen Krankheit geworden sein, und Staaten mit niedrigem Einkommen riskieren den Zusammenbruch des Gesundheitssystems und eine wachsende Ernährungsunsicherheit. Die Sorge um die psychische Gesundheit wird noch weiter zunehmen.

In einem pessimistischeren Szenario Versäumte Besserung sieht sich die Welt einem grossen Schaden für das soziale Wohlergehen gegenüber – mit langfristigen Schulschliessungen, Arbeitslosigkeit und zunehmender geschlechtsspezifischer Gewalt. Wachsender Nationalismus und Polarisierung werden die Zusammenarbeit bei weltweiten Impfungen und Handel hemmen und Konflikte hervorrufen. Trotz der Intensivierung des Klimawandels werden viele Länder Umweltreformen rückgängig machen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 in diesem Szenario zu überwinden.

Möglich ist auch das optimistischere Szenario Zusammenarbeit Plus. Weil die Kooperation besser geworden ist, hat Covid-19 an Bedeutung verloren. Mehr als 70 Prozent der Weltbevölkerung sind effektiv geimpft, auch antivirale Medikamente sind günstig und breit verfügbar. Reiche Länder haben wegen des Pandemie-Schocks in Sozialversorgung, Digitalisierung und Gesundheitssysteme investiert. Es kommt zwar noch zu neuen Covid-19-Wellen, aber diese sind handhabbar. Regierungen haben Pandemiepläne und eine Wissenschaftsberatung.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Nur wenn Regierungen die Folgen ihrer Entscheidungen in all ihrer Komplexität erfassen und den sozialen Zusammenhalt im Blick haben, können sie ihr Pandemie-Management so steuern, dass der günstige Verlauf erreicht wird.

mit Infomaterial von SDA und ISC