Auswirkungen des Super Tuesdays «Trump ist voll da – und er kann zurückkehren ins Weisse Haus»

Von Sven Ziegler

6.3.2024

Trump und Biden gewinnen am «Super Tuesday»

Trump und Biden gewinnen am «Super Tuesday»

Der US-Präsidentschaftswahlkampf läuft unweigerlich auf eine Neuauflage des Duells zwischen Donald Trump und Joe Biden hinaus. Die beiden Erzrivalen bauten am «Super Tuesday» bei den Vorwahlen ihrer Parteien wie erwartet ihre Siegesserien aus.

06.03.2024

Donald Trump ist der klare Sieger des Super Tuesdays in den USA. Was bedeutet das für den weiteren Verlauf der Wahlen? Ein Experte ordnet ein.

Von Sven Ziegler

6.3.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Donald Trump hat den Super Tuesday bei den Republikanern gewonnen. 
  • Seine Konkurrentin Nikki Haley ist weit abgeschlagen.
  • USA-Experte Josef Braml erklärt, was dieser Erfolg bedeutet. 

Donald Trump hat am Super Tuesday gross abgeräumt. Der 77-Jährige schlägt seine Konkurrentin Nikki Haley bei den Vorwahlen der Republikaner in 15 US-Bundesstaaten deutlich. Lediglich im Bundesstaat Vermont kann Haley einen symbolischen Erfolg verbuchen. Rein rechnerisch hat Trump die Kandidatur nach dem wichtigen Wahltag zwar noch nicht in der Tasche, denn die notwendige Delegiertenzahl hat er bisher nicht erreicht. Politisch dürfte aber kein Weg mehr an ihm vorbeiführen.

Im Interview mit blue News schätzt USA-Experte Josef Braml den Super Tuesday ein und erklärt, was die Ergebnisse für die Demokraten bedeuten.

Zur Person: 
Politikwissenschaftler Dr. Josef Braml
Bild: ZvG

Dr. Josef Braml ist USA-Experte und European Director der Trilateral Commission – einer globalen Plattform für den Dialog eines exklusiven Kreises politischer und wirtschaftlicher Entscheider*innen Amerikas, Europas und Asiens. Zuletzt erschienen beim Verlag C.H.Beck sein mit Mathew Burrows verfasstes Buch «Die Traumwandler. Wie China und die USA in einen neuen Weltkrieg schlittern» und sein weiterhin aktueller Bestseller «Die transatlantische Illusion. Die neue Weltordnung und wie wir uns darin behaupten können».

Herr Braml, Donald Trump ist der grosse Gewinner des Super Tuesdays. Dass er die Vorwahlen der Republikaner gewinnen würde, wurde erwartet – überrascht Sie die Deutlichkeit des Erfolgs?

Für jene, die nach dem Kapitolsturm am 6. Januar dachten, dass die Republikaner in den Abgrund schauen, ist es sicherlich überraschend. Viele Beobachter, vor allem hier in Europa, waren der Meinung, dass nun jeder Republikaner verstanden habe, dass Trump als Präsident nicht mehr tragbar sei. Das ist eine Illusion.

Ich habe früh erläutert, dass Trump wiederkommen kann – und dass das ein Riesenproblem für all jene Staaten darstellt, die ihre Sicherheit von den USA abhängig gemacht haben. 

Was genau meinen Sie damit?

Die USA orientieren sich immer mehr nach Asien, um dem Hauptrivalen China einzudämmen. Deshalb muss Europa künftig selbst für seine Sicherheit Verantwortung übernehmen. Dieser Realität verschliessen sich die deutschen und europäischen Verantwortlichen bislang.

Wir halten uns an jedem Strohhalm fest, um nicht selbst Verantwortung übernehmen zu müssen. Der Erfolg bei den Vorwahlen, den Trump nun verbuchen konnte, sollte den Europäern nun die letzte Illusion nehmen: Trump ist voll da – und er kann zurückkehren ins Weisse Haus. Tatsache ist: Der Schutzschirm Amerikas über Europa bröckelt ohnehin, mit Trump einfach noch ein wenig schneller.

Trump sieht sich in den USA mit Gerichtsverfahren konfrontiert, sollte in einzelnen Bundesstaaten von den Vorwahlen ausgeschlossen werden. All das hat ihm nicht geschadet?

Eher sogar genützt. Was Sie beschreiben, ist die Hoffnung europäischer Beobachter und Politiker, die gebetsmühlenartig wiederholt haben, dass jemand mit so vielen juristischen Problemen keinesfalls Präsident werden könne. Auch das war eine Illusion – denn bei seiner Wählerschaft haben die Gerichtsverfahren den gegenteiligen Effekt bewirkt. Jedes einzelne juristische Verfahren, in das hierzulande viele Beobachter Hoffnungen gesteckt haben, hat Trump geholfen.

Ausserdem gibt es für Trump noch weitere gute Nachrichten. So hat der Supreme Court jüngst entschieden, dass einzelne Staaten wie Colorado Trump nicht von den Wahlen ausschliessen können, sondern nur eine nationale Instanz, etwa der Kongress.

Ohnehin kann man Trumps Kandidatur auch als Flucht nach vorne sehen, um einer Strafverfolgung zu entgehen: Sollte er die Präsidentschaftswahl gewinnen, würde er wohl versuchen, sich selbst zu begnadigen. Wenn er indes verlieren sollte, würde es eng für ihn. Privatmann Trump hätte weitaus grössere Problem mit der Strafverfolgung als der Kandidat oder Präsident Trump.

Wir sprechen viel von Illusion. Wie illusorisch verhält sich denn der aktuelle US-Präsident Joe Biden?

(lacht). Auch hier erkenne ich ein grosses Mass an Illusion. Biden hat sein Wahlprogramm vollständig auf die Rettung der Demokratie ausgelegt. Was in Europa gut klingt, verfängt jedoch nicht bei den US-Wählerinnen und Wählern.

Vielen geht es mittlerweile nur noch um das eigene wirtschaftliche Fortkommen. Themen wie die illegale Migration und Wirtschaft dominieren, und Trump beackert diese Themen sehr intensiv, im Gegensatz zu Biden.

Übrigens hat die Nabelschau der USA auch Auswirkungen auf Europa: Je mehr sich Amerika mit den eigenen Problemen beschäftigt, desto weiter weg erscheint Europa. Wir werden an den Punkt kommen, an dem das Überleben der Ukraine einzig und allein von Europa abhängen wird.

US-Wahlen 2024 im Fokus

Amerika wählt am 05. November einen neuen Präsidenten: Wird es Trump oder Biden? Aber nicht nur der Präsident, sondern auch 35 Senatssitze, das komplette Repräsentantenhaus sowie elf Gouverneure werden neu gewählt. blue News begleitet die heisse Phase des Duells um das Weisse Haus nicht nur mit dem Blick aus der Schweiz, sondern auch mit Berichten direkt aus den USA.

Im Weissen Haus wurde Kokain gefunden.
Patrick Semansky/AP/dpa

Warum ist Nikki Haley solange im Rennen geblieben, obwohl ihre Erfolgsaussichten immer geringer wurden?

Vielleicht hat sie darauf spekuliert, dass eines der vielen Gerichtsverfahren Trump dingfest machen könnte und sie am Ende am Parteitag Mitte Juli doch noch als Kandidatin gekürt werden könnte. Vielleicht hofft sie insgeheim auch darauf, dass Trump einsieht, dass er es nicht alleine schaffen kann und sie für den Posten als Vizepräsidentin nominiert. Aber Trump ist wohl zu narzisstisch veranlagt, um sich das einzugestehen.

Liest man jetzt die Schlagzeilen, wirkt es fast, als stünde Donald Trump bereits als nächster US-Präsident fest ...

Momentan hat Trump die besseren Karten. Biden wirkt gesundheitlich angeschlagen und oft verwirrt. Für die Demokraten sieht es daher momentan alles andere als gut aus. Biden meint, er sei der einzige, der Trump schlagen könne – aber er ist wohl auch der einzige, der gegen ihn verlieren kann. Die Umfragen zeigen klar, dass Trump unbeliebt ist – aber Biden ist noch unbeliebter.

Amerika wählt also gewissermassen den weniger unbeliebten Politiker als Präsidenten?

Genau. Die Amerikanerinnen und Amerikaner werden sich für das kleinere Übel entscheiden. Dieser Wettbewerb ist irgendwie auch bezeichnend für die amerikanische Demokratie und ihren maroden Zustand.

Donald Trump hat trotz diverser Skandale grossen Rückhalt in der Parteibasis.
Donald Trump hat trotz diverser Skandale grossen Rückhalt in der Parteibasis.
EPA