Handelskrieg mit China Darum markiert Trumps wichtigstes Projekt seine grösste Niederlage

Von Sven Hauberg

28.1.2021

Allein auf weiter Flur: Donald Trump in den letzten Tagen seiner Präsidentschaft.
Allein auf weiter Flur: Donald Trump in den letzten Tagen seiner Präsidentschaft.
Bild: Keystone

Vor vier Jahren hatte Donald Trump einen Handelskrieg mit China losgetreten. Heute zeigt sich: Er ist mit seiner Politik nicht nur gescheitert, er hat die Situation sogar verschärft. 

Natürlich: Alles, was Donald Trump in den vier Jahren seiner Präsidentschaft angepackt hat, war wichtig. Schliesslich sass mit Trump der nach eigenem Bekunden beste Präsident in der Geschichte der USA im Weissen Haus. Ein Thema aber lag dem heute 74-Jährigen stets besonders am Herzen: der Handelskonflikt mit China, den Trump schon kurz nach seiner Amtsübernahme vor vier Jahren vom Zaun gebrochen hatte.

Doch jetzt, wenige Tage nachdem Trump seinen einstigen Dienstsitz an der Pennsylvania Avenue verlassen musste, zeigt sich, wie phänomenal der 45. Präsident der Vereinigten Staaten mit seinem Prestigeprojekt gescheitert ist. Am heutigen Donnerstag wird das US-Wirtschaftsministerium neue Zahlen zur Handelsbilanz verkünden. Und schon jetzt ist klar, dass das Ungleichgewicht zwischen Importen und Exporten, das Trump so gern in die Balance gebracht hätte, so gross ist wie nie.



Schon Anfang Januar, als Trump noch Präsident war, meldete das US-Handelsministerium, dass das Aussenhandelsdefizit des Landes im November auf den höchsten Stand seit über 14 Jahren gestiegen sei. Verzeichnet wurde ein Minus von 63,1 Milliarden US-Dollar. Heisst: Die USA importieren deutlich mehr, als sie exportieren. Die Daten, die heute aus Washington erwartet werden, dürften ein noch düstereres Bild zeichnen. Experten gehen davon aus, dass das Handelsdefizit im gesamten Jahr 2020 bei 900 Milliarden Dollar liegen wird – ein Allzeitrekord.

Eine Frage der Ehre

Für Trump ging es bei der Frage des Handelsdefizits nie nur um reine Zahlen. Für ihn war die Handelsfrage eine des nationalen Stolzes. Dass sich – so Trumps Sicht – exportstarke Länder wie China und Deutschland auf Kosten der amerikanischen Arbeiter bereicherten, war für ihn ein Unding. Mitschuldig daran gemacht hätten sich, so Trump, auch US-Unternehmen selbst. Namentlich Tech-Konzerne wie Apple, die ihre Produkte zwar in den USA entwerfen, sie aber in Niedriglohnländern wie China fertigen. Mit seiner Politik wollte Trump diesen langjährigen Trend eigentlich umkehren.

Gelungen ist ihm das aber nicht, im Gegenteil. Zwar haben die Sanktionen in vielen Fällen dazu geführt, dass US-Unternehmen nicht mehr in Shenzhen oder Shanghai fertigen lassen – stattdessen wanderte die Produktion allerdings nicht in die USA zurück, sondern in Länder wie Vietnam ab.



In einigen Bereichen wie etwa der Finanzindustrie wurden in den Trump-Jahren die Bindungen zwischen den USA und China sogar noch enger als zuvor. Die Einbindung Chinas in die internationalen Finanzmärkte und damit auch in die US-amerikanischen habe sich «im vergangenen Jahr beschleunigt», heisst es etwa in einem Bericht aus dem Sommer 2020 des Peterson Institute for International Economics, einer Denkfabrik aus Washington.

Da gab er sich noch zuversichtlich: Im April 2017 traf Donald Trump (links) erstmals den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Da gab er sich noch zuversichtlich: Im April 2017 traf Donald Trump (links) erstmals den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Bild: Keystone

Donald Trump ist also mit dem vielleicht wichtigsten Projekt seiner Amtszeit nicht nur gescheitert – er hat die Lage sogar verschärft. Zu spüren bekommen das vor allem jene Menschen, die in ihm noch immer den grossen Heilsbringer sehen: die einfachen Arbeiter, denen Trump versprochen hatte, er werde in den USA wieder Industriejobs im grossen Stil schaffen.

Was wird Biden tun?

Joe Biden, Trumps Nachfolger im Weissen Haus, hat sich in den ersten Tagen seiner Amtszeit daran gemacht, viele Entscheidungen der letzten vier Jahre rückgängig zu machen. So arbeiten die USA wieder mit der Weltgesundheitsorganisation zusammen und sind wieder Teil des Pariser Klimaabkommens. In Handelsfragen agiert Biden allerdings noch zurückhaltend. Nicht zuletzt, weil viele in seiner Demokratischen Partei die Sichtweise Trumps teilen, dass sich China durch Regelverstösse und Technologiediebstahl unfaire Vorteile gesichert habe.



Allerdings ist Biden auch der Meinung, dass der Handelskonflikt der US-Mittelschicht sowie amerikanischen Arbeitern und Landwirten schade. «Und unter diesem Gesichtspunkt werden sie auch ihre Aussen- und China-Politik machen», so Matt Ferchen vom Mercator Institute for China Studies, kürzlich im Interview mit «blue News». «Weg vom Ansatz, anderen Ländern Strafzölle aufzuerlegen und Strafmassnahmen auszusprechen, die der Erholung der eigenen Wirtschaft schaden könnten.»

Fokus von Bidens Handelspolitik werde die Frage sein, «wie die Wirtschaft grüner werden kann», so der Experte für sino-amerikanische Beziehungen. Allerdings dürfte Biden wohl feststellen, dass auch auf diesem Gebiet nur sehr wenig ohne die Zusammenarbeit mit China möglich sein wird.

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