Atomwaffen USA kündigen historischen Abrüstungsvertrag auf

DPA/phi

1.2.2019

Washingtons Geduld ist am Ende: Die US-Regierung steigt aus dem INF-Vertrag mit Russland zum Verzicht auf satomare Mittelstreckenwaffen aus. Das gab das Weisse Haus am Freitag bekannt.

Aussenminister Mike Pompeo sagte, bereits ab diesem Samstag sähen sich die Vereinigten Staaten nicht mehr an den Vertrag gebunden. Die USA seien aber bereit, weiterhin mit Russland über die Rüstungskontrolle zu verhandeln.

Der Kreml kritisierte den erwarteten Rückzug der USA aus dem Abrüstungsabkommen bereits im Vorfeld als Zeichen schwacher Kommunikation. «Die Amerikaner haben eine grundsätzliche Abneigung, mit uns über substanzielle Dinge zu sprechen und unsere Argumente zu hören», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag der Agentur Tass zufolge



Deshalb sei anzunehmen, dass die USA ihren Austritt schon vor langer Zeit beschlossen hätten. «Wir bedauern deshalb sehr, dass die USA in den kommenden Tagen beginnen werden, ihre Pläne umzusetzen», sagte Peskow weiter.

«Konsequent» verweigert

Grund für die Aufkündigung des INF-Vertrags durch die USA sind neue russische Marschflugkörper mit der Bezeichnung 9M729 (Nato-Code: SSC-8). Sie stellen nach Auffassung Amerikas einen eindeutigen Bruch des Abkommens dar.

Washington hatte Moskau zuletzt ein Ultimatum von 60 Tagen gesetzt, um die Zerstörung der neuen Marschflugkörper zuzusagen. Dieses läuft eigentlich erst am Samstag aus. Russland hatte allerdings bereits in den vergangenen Wochen mehrfach deutlich gemacht, dass es die US-Vorwürfe für haltlos erachtet und nicht daran denkt, seine Marschflugkörper zu vernichten.

In einem auf Twitter verbreiteten Video warf die amerikanische Nato-Botschafterin Kay Bailey Hutchison Russland vor, dass es sich «konsequent» weigere, die Verstösse gegen das Abkommen einzugestehen und weiter Desinformation über seinen Marschflugkörper verbreite.

US Präsident Donald Trump (links) und der russische Präsident Wladimir Putin sitzen am 16. Juli 2018 in Helsinki, Finnland, im Präsidentenpalast.
US Präsident Donald Trump (links) und der russische Präsident Wladimir Putin sitzen am 16. Juli 2018 in Helsinki, Finnland, im Präsidentenpalast.
Bild: dpa

Russland «kann nicht beides haben»

«Alle Nato-Partner sind sich einig, dass Russlands Vorgehen ein wesentlicher Verstoss gegen das Abkommen ist und dass die USA den Vertrag respektieren», sagte sie. Russland habe einen Flugkörper entwickelt, der «gegen das Herz des Abkommens» verstösst. Moskau habe nun die Wahl: «Entweder behält es sein nicht-konformes Raketensystem, oder es bleibt im INF-Abkommen, aber es kann nicht beides haben.»

Was die US-Navy 2019 beschaffen will:

Nach russischen Angaben haben die 9M729 eine Reichweite von maximal 480 Kilometern. Die USA gehen hingegen von mindestens 2600 Kilometern aus. Damit könnten die Marschflugkörper nahezu alle Hauptstädte in Europa treffen.

Das Raketensystem Iskander -M kann die SSC-8 in den Himmel befördern.
Das Raketensystem Iskander -M kann die SSC-8 in den Himmel befördern.
Bild: Keystone

Der INF-Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (Intermediate Range Nuclear Forces) war 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion geschlossen worden. Er verpflichtet beide Seiten zum Verzicht auf landgestützte ballistische Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5'500 Kilometern. Zugleich untersagt er auch die Produktion und Tests solcher Systeme.

Aufrüstung als logische Folge

Für Europa ist das Aus für den INF-Vertrag hochbrisant, weil es in Folge aller Voraussicht nach eine Diskussion über eine mögliche atomare Aufrüstung in Europa geben dürfte. Nach Auffassung von Militärs liessen sich nämlich nur so langfristig ein strategisches Gleichgewicht und Abschreckung sichern.

Fahrzeuge, dei die US-Armee 2019 einführen will:

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wich zuletzt der Frage aus, ob die Aufkündigung des Vertrages durch die USA eine Stationierung von zusätzlichen amerikanischen Atomwaffen in Europa zur Folge haben könnte. Es sei noch viel früh, um vorherzusagen, wie das Militärbündnis auf ein mögliches Ende des Abkommens reagieren werde, sagte der Norweger Ende vergangener Woche.

China: Rund 2'000 Cruise Missiles

Er wies zudem darauf hin, dass es selbst im Fall einer US-Kündigung noch bis August Zeit gebe, den Vertrag zu retten. In dem Abkommen ist nämlich eine Kündigungsfrist von sechs Monaten vorgesehen. Dass Russland in der Auseinandersetzung doch noch einlenkt, gilt als äusserst unwahrscheinlich. Zudem wird auch den USA von Kritikern unterstellt, kein besonders grosses Interesse an dem INF-Vertrag in seiner derzeitigen Form zu haben.

Das liegt vor allem daran, dass der aus der Zeit des Kalten Krieges stammende Deal nur Amerikaner und Russen bindet, nicht aber aufstrebende Militärmächte wie China. Letzteres soll mittlerweile über knapp 2000 ballistische Raketen und Marschflugkörper verfügen, die unter das Abkommen fallen würden.

Wie schnell die Amerikaner ein neues Mittelstreckensystem entwickeln und stationieren könnten, wird öffentlich nicht gesagt. Die Pläne für die Ankündigung an diesem Freitag lassen aber durchaus erkennen, dass man sich nicht allzu viel Zeit lassen will. Nach dpa-Informationen wollen die USA ankündigen, sich ab sofort nicht mehr an den Vertrag gebunden zu fühlen. Die sechs Monate Kündigungsfrist wären demnach nur eine Art allerletztes Ultimatum an Russland.

Legendäre Flugzeuge:

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