Säbelrasseln am NordpolWie Russland und NATO in der Arktis einen neuen Kalten Krieg anheizen
Philipp Dahm
3.10.2018
Spionage-U-Boote, Militär-Provokationen, Dollar-Berge und Kriegsrhetorik? Klingt nach einem James-Bond-Film, ist jedoch bittere Realität: Russland und NATO positionieren sich gerade für ein riskantes Spiel in der Arktis.
London verlegt Spezialeinheiten in den hohen Norden, Grossbritannien will in Norwegen 800 Kommandotruppen stationieren – diese Ankündigung stellt eine Zäsur dar, denn es wird der erste Stützpunkt fremder Soldaten in dem Land seit Ende des Zweiten Weltkriegs sein. Das Ganze sei ein «Warnschuss» Richtung Moskau, sagt Verteidigungsminister Gavin Williamson, als er dem «Sunday Telegraph» seine neue Arktis-Strategie präsentiert.
Bei einem Treffen der Konservativen legt Williamson nach: «Es ist eine der grössten Bedrohungen, der wir uns heute stellen müssen. Wir werden nicht zulassen, dass der Kreml das Ende des Kalten Krieges umschreibt», zitiert ihn das Armee-Portal «Forces Network». Sein Ministerium ist alarmiert, seit der Bericht «Auf dünnem Eis: Die britische Verteidigung in der Arktis» kritisiert hat, dass die NATO an ihrer nördlichen Flanke schlecht aufgestellt sei. Fazit: «Grossbritannien muss bei der arktischen Sicherheit mehr Ambitionen zeigen.»
Nachdem Russland in diesem Jahr die grösste Übung seit dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt hat, probt nun die NATO beim Manöver «Trident Juncture» mit 40'000 Mann, 10'000 Fahrzeugen und 150 Kampfjets den Ernstfall. Selbst neutrale Länder wie Finnland und Schweden machen mit, berichtet «Breaking Defense». Dass Skandinavien derart nervös ist, hat gute Gründe: An der Grenze im hohen Norden ist das Klima rauer, seit wiederum die NATO ihre Präsenz in den baltischen Staaten verstärkt hat.
Moskau reagiert im März 2017 mit simulierten Angriffen auf die norwegische Radarstation Vardø, die von den USA installiert wurde. Zwei Monate später nehmen laut «The Barent Obeserver» zwölf russische Jets eine NATO-Flotte vor der Küste ins Visier, die ein Manöer abhalten. Eine Woche später stören Moskaus Militärflieger dann die «Arctic Challenge»-Übung, bei der Kampfjets aus Norwegen, Finnland und Schweden mitfliegen.
Rohstoffe im Wert von 22 Billionen Dollar
Tatsächlich ist der Kreml in der Arktis wieder schwer aktiv: Verlassene Stützpunkte aus Sowjetzeiten werden wieder aktiviert, neue Basen gebaut und bestehende erweitert. Im März 2017 verkündet Admiral Wladimir Koroljow bei der Taufe des Milliarden-Schiffes «Kazan», Russlands U-Boote hätten 2016 mit 3000 Tagen auf Patrouille wieder jenes Nievau erreicht, das die Unterwasser-Flotte im Kalten Krieg hatte.
Putin steltl die RS-28 Sarmat vor, die bei der NATO SS-X-30 Satan 2 heisst.
Präsident Wladimir Putin persönlich präsentierte im März 2018 die neue Interkontinental-Rakete Sarmat, die angeblich über 25'000 km/h schnell fliegen kann, gut getarnt sein soll und 10 bis 24 Sprengköpfe ausstösst. Sorgen machen der NATO auch die neuen Onkis-Raketen, die gegen Schiffe eingesetzt werden und schwer abzufangen sein sollen, weil sie auch in niederigster Höhe knapp 2000 km/h erreichen können.
«Vesti News» berichtet am 27. September 2018 über den Test der neuen Oniks-Rekete in in der Arktis.
«In den letzten Jahren gab es eine signifikante Aufrüstung», fasst der NATO-Sprecher Dylan White zusammen. Kein Wunder, dass nicht nur die acht arktischen Anrainer, sondern auch Washington und selbst Peking sich im eisigen Norden in Stellung bringen: Rohstoffe im Wert von geschätzt 22 Billionen Dollar lagern hier. Die «Marine Corps Times» freut sich deshalb, dass auch das Pentagon im hohen Norden einen neuen Kurs einschlägt: «Das US-Militär konzentriert sich wieder auf den arktischen Schauplatz, auch Europa.»
Auch juristisch haben die Arktis-Staaten Stellung bezogen. Eigentlich sind die territorialen Fragen geklärt, seit sich Russland und Norwegen 2010 auf eine Grenzziehung verständigt haben und jeder Staat seine im Seerecht verankerte Zone von 200 nautischen Meilen ziehen kann. Doch wenn ein Land nachweisen kann, dass der Meeresboden auf der eigenen Kontinentalplatte liegt, darf dieser Bereich ausgeweitet werden. Nun gibt es Streit um die letzten freien Quadratmeter am Nordpol.
Hausgemachte NATO-Probleme
Ein Knackpunkt ist dabei der Lomonossow-Rücken: Kanada, Dänemark und Russsland behaupten jeweils, das 1800 Kilometer lange Unterwassergebirge liege auf der jeweils eigenen Platte. Und wenn Putin die Ansprüche mit der Platzierung der Flagge unter Wasser unterstreicht, weckt das spätestens seit der Krim-Annektion bei den Nachbarn Angst.
Diese wird durch hausgemachte Probleme der NATO verstärkt, ihre Mitglieder haben nach dem Ende des Ost-West-Konflikts nicht mehr in ihr Militär investiert. London musste etwa ab 2015 mehrmals Paris bitten, See-Aufklärer zu schicken, um ein russisches U-Boot zu verfolgen, das in britische Hoheitsgewässer eingedrungen war. Eigene Flugzeuge vom Typ Nimrod waren 2010 aus Kostengründen verkauft worden.
Aufrüstung allenthalben
Da hilft bloss eines: aufrüsten. Und alle sind sie dabei: die Norweger, die in den USA F-35-Jets und in Deutschland U-Boote gekauft haben. Die Briten denken über die Beschaffung von P-8A-Poseidon-Aufklärern nach und wollen ihre U-Boot-Flotte für 3,3 Milliarden Dollar aufrüsten, weiss «Business Insider». Norwegen hat in Washington 52 F-35-Jets bestellt und vier deutsche U-Boote gekauft, berichtet die Nachrichtenagentur «Reuters».
Russland hält dagegen. Die Nordflotte soll in diesem Jahr fünf neue Schiffe, 15 neue Jets und 62 Radar- und Flugabwehranlagen bekommen, sagte der Verteidigungsminister im August bei Russian Zvezda TV. Bis 2025 sollen ausserdem drei U-Boote der Borei-Klasse und fünf der Borei-II-Klasse gebaut und in Küstennähe drei neue Raketen-Einheiten aufgestellt werden – bestückt mit Seeziel-Flugkörpern vom Typ 3K60 Bal und K300 Bastion.
Oslo beobachtet das Vorgehen mit Argusaugen. «Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass potenzielle Spannungen in der Arktis beginnen», glaubt Aussenmisterin Ine Eriksen Soerei, «aber wenn sie anderswo beginnen, könnten sie leicht hier enden.» Aus diesem Grund hat ihre Regierung auch das Pentagon gebeten, einige GIs im Norden zu postieren, die in Troms unweit der Grenze bleiben sollen. Russland kündigte «Konsequenzen» an, falls dieser «unfreundliche Akt» Wirklichkeit wird.
Der Armata T-14 ist Russlands neuer Superpanzer. Er soll westlichen Modellen in vielen Belangen überlegen sein.
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Eine Keramik-Panzerung schützt das Innere des T-14. Seine 125-Millimeter-Kanone soll Lenkraketen und Granaten abfeuern können.
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Der Turm des T-14 ist unbemannt und soll sich sogar komplett fernsteuern lassen. Russland will in den nächsten Jahren rund 2300 T-14-Panzer anschaffen.
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Die Sukhoi Su 35 ist schon länger im Einsatz - das Nachfolgemodell Su 35 S besitzt verbesserte Flugeigenschaften, ein weitreichendes Radar und ein schwer zu knackendes Luftverteidigungssystem.
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Ein weiterer Vorteil der Sukhoi Su 35 S: Sie ist vergleichsweise günstig in der Herstellung - ganz im Gegensatz zu westlichen Pendants.
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Das Flugabwehrsystem S-400 erreicht Ziele in bis zu 60 Kilometern Höhe, ist extrem schnell aufgebaut und kann vier verschiedene Raketen abfeuern.
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Die russische S-400 Triumf Raketenabwehrsysteme sind ein internationaler Bestseller.
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Die Delta III- und Delta-IV-U-Boote (Foto) bekommen einen Nachfolger: die Borei-Klasse. Diese ist ein Trägersystem für seegestützte Interkontinentalraketen.
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Russland plant eine Modernisierung seines Atomwaffen-Arsenals. Ziel ist es, alle Interkontinentalraketen aus der Sowjetära bis 2020 zu ersetzen.
Deutsche Ministerin will in Kiew Winterhilfe übergeben
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ist zu einem neuen Besuch in der Ukraine eingetroffen. Russlands Ziel sei es, die Energieversorgung zu treffen, damit die Menschen in der Kälte in der Dunkelheit sitzen.
«Deswegen haben wir hier noch einmal zusätzliche Mittel mobilisiert, die helfen, die Energieversorgung hier jetzt wieder aufzubauen»
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