Late Night USA Wie Trumps Fusssoldaten am Teflon-Zeugen Vindman abschmieren

Von Philipp Dahm

20.11.2019

Der Republikaner Jim Jordan scheitert an Alexander Vindman.
Der Republikaner Jim Jordan scheitert an Alexander Vindman.
Screenshot: YouTube

Hochdekorierter Militär im Impeachment-Kreuzverhör: Die Republikaner versuchten alles, um Alex Vindman in ein schlechtes Licht zu rücken. Der Schuss ist aber gehörig nach hinten losgegangen.

«Tag drei der Live-Impeachment-Anhörungen», beginnt Stephen Colbert seine «Late Show». «Der erste von vier Zeugen war Sicherheitsratsmitglied und Ukraine-Experte Lt. Col. Alexander Vindman. [Er] kam als Kind in die Vereinigten Staaten, nachdem sein Vater aus der Sowjetunion geflüchtet ist, ging zur Army und erhielt ein Purple Heart für seine Dienste im Irak.»

Was Colbert später verrät: Auch Vindmans Bruder steht in den Diensten der Army – die Zwillinge haben sich immer wieder dienstlich im Nationalen Sicherheitsrat getroffen. Bei dieser Vorgeschichte könnte Zeuge Vindman eigentlich gar nicht amerikanischer sein, albert der Gastgeber Colbert. Höchstens, wenn er in der Dokumentation «Die Freiheitsstatue» von Ken Burns mitgemacht hätte.

«Was er als Kind getan hat», verrät Colbert überraschend – er zeigt anschliessend einen Ausschnitt der Einwandererdoku von damals: Es ist 1985 und Alexander, sein Bruder und ihre Grosi berichten, wie sie nach Amerika gekommen sind. Dann der Sprung in die Gegenwart: Ab Minute 1:20 sehen wir, wie Vindman vor seiner Aussage eine Erklärung verliest.

Vindmans Courage beeindruckt Stephen Colbert.
Vindmans Courage beeindruckt Stephen Colbert.
Screenshot: YouTube

«Als mein Vater 47 Jahre alt war, hat er sein gesamtes Leben und sein einziges Zuhause zurückgelassen, um in den Vereinigten Staaten neu anzufangen, damit seine drei Söhne ein besseres und sichereres Leben führen können», erklärt der 44-jährige Soldat.

Dann wendet sich Vindman direkt an seinen Vater: «Dad, dass ich heute hier in der US-Hauptstadt sitze und mit gewählten Vertretern spreche, beweist, dass du vor 40 Jahren richtig entschieden hast, als du die Sowjetunion verlassen hast, um nach Amerika zu kommen und ein besseres Leben für deine Familie zu suchen.»

Vindman zum Vater: Keine Sorge

Der gebürtige Kiewer schaut von dem Blatt auf, von dem er bisher abgelesen hat, und sagt: «Sorge dich nicht! Weil ich die Wahrheit sage, wird mir nichts geschehen.»

«Das ist wunderschön», attestiert Colbert Vindman unter Beifall des Publikums. «Aber Ihr wisst, dass es Trump aufregen wird, denn es geht um zwei Themen, die er gar nicht mag: Immigranten und Väter, die ihre Söhne lieben.»

Die Vindmans 1985 nach ihrer Einreise in New York.
Die Vindmans 1985 nach ihrer Einreise in New York.
Screenshot: YouTube

Ein demokratischer Abgeordneter fragt Vindman im Anschluss, ob dessen Vater besorgt sei, weil sein Sohn sich gegen den Präsidenten stelle. «Er war tief besorgt, weil es für ihn das grösstmögliche Risiko ist», antwortet der Zeuge.

«Hier hat das Recht eine Bedeutung»

Und warum sagt er dennoch aus, hakt Sean Maloney nach. Vindmans Replik: «Weil das Amerika ist. Es ist das Land, dem ich gedient und das ich verteidigt habe, dem meine [beiden] Brüder gedient haben. Hier hat das Recht eine Bedeutung.»

Und weil es Regeln gibt, korrigiert der Soldat im folgenden Kreuzverhör auch den republikanischen Abgeordneten Devin Nunes, als der ihn ab Minute 3:18 mit «Mister» und nicht mit seinem Rang, also Lt. Col., anredet.

SO ein netter Typ: Vindman ist laut Colbert ein Vertreter der «Shock and Awwwwww»-Schule. – die herkömmliche «Shock and Awe»-Taktik hat bei ihm ausgedient.
SO ein netter Typ: Vindman ist laut Colbert ein Vertreter der «Shock and Awwwwww»-Schule. – die herkömmliche «Shock and Awe»-Taktik hat bei ihm ausgedient.
Screenshot: YouTube

Weil der Zeuge ganz offenbar in Sachen Patriotismus keine Angriffsfläche bietet, verlegen sich die Republikaner auf Nebenkriegsschauplätze. «Ich sehe, Sie tragen ihre Paradeuniform und nicht die normale. Sie tragen in der Regel im Weissen Haus einen Anzug, sagt Chris Stewart – und fügt ironisch an: «Das ist ein toller Reminder, dass Sie beim Militär sind.»

Vindman ist vorbereitet

Konter Colbert: «Abgeordneter, ich sehe, Sie tragen ihr kleines Bitchface. Es ist nicht das normale Gesicht, aber es ist eine tolle Erinnerung daran, dass Sie ein Trottel sind.»

Danach versucht der republikanische Abgeordnete Jim Jordan den Zeugen zu diskreditieren, als er ab Minute 5:05 behauptet, dass Vindmans amtierender Boss und auch seine Ex-Chefin sein Urteilsvermögen angezweifelt hätten.

Doch der Herausgeforderte ist vorbereitet: Er verliest seine Beurteilung, die seine Ex-Chefin kurz vor ihrem Abgang geschrieben hat: Demnach sei er der beste Armee-Soldat, mit dem sie je zusammengearbeitet habe. «Er ist brillant und zeigt exzellentes Urteilsvermögen.»

Fazit: Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.

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50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

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