Zünglein an der Waage Bringt kleine nordirische Partei den Brexit-Deal zu Fall?

Dpa

17.10.2019

Die nordirische Partei DUP will das von Boris Johnson mit der EU verhandelte Abkommen über einen Brexit nicht unterstützen. Das hat die Partei, die seine Minderheitsregierung stützt, heute erklärt.

Die DUP könne den im Vertragsentwurf vorgeschlagenen Zugeständnissen bei Zöllen und anderen Kompromissen nicht zustimmen, sagten Parteichefin Arlene Foster und der Fraktionsvorsitzende Nigel Dodds. Man werde aber weiter mit der Regierung zusammenarbeiten, um ein «vernünftiges» Abkommen zu erreichen.

Der DUP fällt beim Ringen um eine Mehrheit für ein Abkommen im britischen Unterhaus eine Schlüsselrolle zu, weil Johnsons Minderheitsregierung auf deren zehn Abgeordnetenstimmen angewiesen ist. Zudem hat eine ganze Reihe Abgeordneter aus Johnsons Konservativer Partei durchblicken lassen, dass die Haltung der DUP für ihr eigenes Abstimmungsverhalten ein wichtiger Punkt sein werde.

Wer ist die DUP?

Die DUP wurde in den 1970er-Jahren von dem Prediger Ian Paisley gegründet, der durch diverse antikatholische Ausfälle von sich Reden machte. Sie ist sozialkonservativ, pro-britisch und protestantisch. Sie lehnt Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe ab und stellte einst einen Umweltminister, der den menschengemachten Klimawandel als Mythos ansah.

Die DUP war gegen das Karfreitagsabkommen von 1998, das half, Jahrzehnte der Gewalt auf der Insel zu beenden. Sie wurde die grösste Partei in der Nordirischen Versammlung, die während des Friedensprozesses geschaffen wurde.

Boris Johnson sucht derzeit die Nähe zur DUP. Verständlich. Die Partei ist derzeit das Zünglein an der Waage beim Brexit.
Boris Johnson sucht derzeit die Nähe zur DUP. Verständlich. Die Partei ist derzeit das Zünglein an der Waage beim Brexit.
Bild: Keystone

Parteichefin Arlene Foster war Regierungschefin Nordirlands, bevor ihre Regierung im Januar 2017 wegen eines Skandals um ein Projekt zur Förderung erneuerbarer Energien zerfiel. Der Bruch zog sich im Anschluss auch durch andere kulturelle und politische Themen und trennte die nordirischen Befürworter der britischen Einheit von den irischen Nationalisten.

Warum ist sie so wichtig?


Die DUP hat im 650 Abgeordnete umfassenden britischen Unterhaus nur zehn Sitze. Aber nachdem Johnsons Vorgängerin Theresa May die Mehrheit der Konservativen Partei im Parlament bei einer Wahl 2017 verloren hatte, unterzeichnete sie ein Abkommen mit der DUP, die ihre Minderheitsregierung stützen sollte. Die DUP wurde dadurch auch ausserhalb Nordirlands zu einer wichtigen Partei. Das Ganze erwies sich als Glücksfall für die Finanzlage in Nordirland.

Warum ist es so schwierig, ihre Unterstützung zu erhalten?

Als überzeugte Verfechterin der Einheit zwischen Grossbritannien und Nordirland sieht die DUP jeden Brexit-Deal kritisch, der die Verbindungen zwischen Nordirland und dem Rest des Königreichs schwächen könnte.

Deshalb misstraut die Partei dem Vorschlag Johnsons, Nordirland nach dem Brexit in einer Art von Übereinkommen mit der EU zu belassen. Johnson will dadurch Kontrollen an der Grenze zur Republik Irland verhindern. Die offene Grenze ist eine Grundlage des Karfreitagsabkommens.

Doch auch nordirische Unternehmen wollen sie erhalten. Viele nordirische Firmen hängen von offenen Grenzen ab und wollen weitere Handelsbarrieren unbedingt verhindern. Die nordirischen Wähler hatten 2016 im Referendum mehrheitlich dafür gestimmt, in der EU zu bleiben.

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