Pandemie Detailhandel und Clubs fordern Ende der Corona-Massnahmen

twei

11.7.2021

Eine Maske beim Einkaufen ist in Corona-Zeiten längst normal geworden – doch wie lange ist sie noch nötig? (Symbolbild)
Eine Maske beim Einkaufen ist in Corona-Zeiten längst normal geworden – doch wie lange ist sie noch nötig? (Symbolbild)
Bild: Keystone/Marcel Bieri

Im Ausland wurden Corona-Einschränkungen teils komplett aufgehoben. Gleiches fordert nun auch der Schweizer Detailhandel und die Nachtclubs. In anderen Branchen bleibt man hingegen skeptisch.

twei

11.7.2021

In Grossbritannien verzeichnet man seit Wochen steigende Infektionszahlen, die Ausbreitung der hochinfektiösen Delta-Variante lässt eine vierte Welle befürchten – und doch hat Premierminister Boris Johnson angekündigt, bis Ende des Monats sämtliche Corona-Einschränkungen im Land zu beenden.

Doch nicht nur im Ausland werden die Rufe nach einer endgültigen Rückkehr zu Normalität laut. Auch in der Schweiz regt sich zunehmend Widerstand gegen den Fortbestand der Massnahmen im Rahmen der Pandemiebekämpfung. Wie die «SonntagsZeitung» berichtet, plädiert nun vor allem der Detailhandel für ein Ende der Regelungen.



«Die Maskenpflicht in den Läden muss Ende Juli/Anfang August abgeschafft werden», forderte Dagmar Jenni vom Detailhändler-Verband Swiss Retail Federation. Schon vor einigen Wochen sei man mit dem Anliegen an den Bundesrat herangetreten, die Maskenpflicht in Innenräumen von Läden zu beenden, so Jenni.

Maskentragepflicht eine «Schikane»?

Jenni berief sich auf das Covid-19-Gesetz, in dem Massnahmen derart beschrieben sind, dass sie «mildest- und kürzestmöglich einschränkend auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben wirken». Angesichts der aktuell niedrigen Infektionszahlen in der Schweiz und dem weitgehenden Zugang der Schweizer Bevölkerung zu einem Impfangebot könne laut Dagmar Jenni die Maskenpflicht «wie eine Schikane rüberkommen – sowohl bei den Mitarbeitenden als auch bei der Kundschaft».

Nicht zu vernachlässigen sei zudem die Belastung der Angestellten bei hohen Temperaturen. Bei einer Arbeitszeit von bis zu acht Stunden wirke das Tragen einer Maske für die Arbeitskräfte laut Jenni einschränkend – «unabhängig davon, ob sie gerade Kundschaft bedienen oder abseits stehen».

Club-Branche fordert eine «Normalisierung»

In der Club-Branche wartet man ebenfalls sehnsüchtig auf eine Rückkehr zur Normalität. Die Club- und Bar-Kommission hofft auf ein Ende der Zertifikatspflicht nach den Sommerferien. Alexander Bücheli, Sprecher der Kommission, ist angesichts des Impffortschritts guter Dinge.

Im Gespräch mit der «SonntagsZeitung» forderte er eine «Normalisierung»: «Die Impfkampagne wird Ende August/Anfang September hoffentlich so weit fortgeschritten sein, dass die Zertifikatspflicht bei den Clubs wieder aufgehoben werden kann.»

Ob die Hoffnungen erfüllt werden, hängt auch davon ab, ob eine zweite Impfwelle nach den Sommerferien einsetzt. Gundekar Giebel, Sprecher der bernischen Gesundheitskommission, prognostiziert jedoch, dass «die Impfkampagne mindestens bis Oktober dauern wird». Für die Clubbranche hiesse das wohl, sich weiter in Geduld üben zu müssen.

Zurückhaltung in anderen Branchen

Anders als im Detailhandel und im Nachtleben üben sich andere Branchen in Zurückhaltung, was die rasche Aufhebung von Coronaregeln angeht. Unter anderem im öffentlichen Verkehr, in der Veranstaltungsbranche und im Profisport lässt man weiterhin Vorsicht walten – speziell bei der Maskenpflicht in Innenräumen oder der Impf- respektive Testpflicht für Zuschauer.

Laut Roger Baumann, dem Sprecher des Verbandes des öffentlichen Verkehrs (VÖV) sei die Priorität, «dass die Kundinnen und Kunden volles Vertrauen in den ÖV haben» Daher sei «es noch zu früh, über eine vollständige Aufhebung der Maskenpflicht zu diskutieren».

Im ÖV rechnet man nicht mit einer Abschaffung der Maskenpflicht. (Symbolbild)
Im ÖV rechnet man nicht mit einer Abschaffung der Maskenpflicht. (Symbolbild)
Bild: Keystone / Salvatore Di Nolfi

Ähnliches ist von der Postauto AG zu vernehmen. Die Sprecherin Katharina Merkls sieht gar ein grösseres Vertrauen in den ÖV, wenn man die bisherigen Regeln beibehält: «Wir haben festgestellt, dass die Maskenpflicht zu einer Klärung der Situation geführt hat und von den Fahrgästen insgesamt gut akzeptiert wurde und wird.»

«Wir sollen vernünftig und vorsichtig bleiben»

An der Maskenpflicht in Innenräumen festhalten will man auch in der Veranstaltungsbranche. «Wir sollen vernünftig und vorsichtig bleiben», befand Christoph Kamber, Präsident von Expo Event. Ausnahmen seien Veranstaltungen mit Zertifikatspflicht oder solche, die nur Eintritt für Geimpfte, Getestete und Genesene erlaube. Zu gross ist die Angst innerhalb der Branche, durch verfrühte Öffnungsschritte das Vertrauen der Menschen zu verlieren.



«Angesichts der unsicheren Entwicklung muss man da noch zuwarten», verwies Kamber. Sollten die Infektionszahlen wieder zunehmen, sei eine Ausweitung der Zertifikatspflicht auf kleinere Veranstaltungen denkbar. «Da steht das solidarische Verhalten im Vordergrund. Wer hier nicht mitmachen will, soll aus Rücksicht zu Hause bleiben», so Kamber.

In den Profisportligen erwarten die Verantwortlichen ebenfalls einen Fortbestand der Zertifikatspflicht. Reto Bürki, Sprecher der National League der Eishockeyaner, versicherte: «Wir unterstützen die 3-G-Strategie des Bundesrats und erachten diese als angemessen.» Gleiches befand Swiss-Football-League-Sprecher Philippe Guggisberg, der keinen Grund sieht, «das 3-G-Konzept infrage zu stellen».