Expertin zu Maurer-Nachfolge Ist Herr Vogt ein Lückenbüsser der Zürcher SVP?

Von Monique Misteli

19.10.2022

SVP Zürich schlägt Hans-Ueli Vogt als Bundesratskandidat vor

SVP Zürich schlägt Hans-Ueli Vogt als Bundesratskandidat vor

Nachdem zahlreiche mögliche Kandidierende absagten, hat die Zürcher SVP am Mittwoch Hans-Ueli Vogt als Kandidaten präsentiert. Der 52-Jährige ist Professor für Wirtschaftsrecht und ehemaliger Nationalrat.

19.10.2022

Hans-Ueli Vogt soll es für die Zürcher SVP richten: Nachdem viele andere abgesagt haben, schickt die Kantonalsektion den Ex-Nationalrat ins Bundesrats-Rennen.

Von Monique Misteli

19.10.2022

Hans-Ueli Vogt dürfte vielen durch seine Ständerats-Kandidatur 2015 bekannt sein. Der damalige SVP-Nationalrat trat gegen den FDP-Kandidaten Ruedi Noser an – und scheiterte klar: Im zweiten Wahlgang holte Noser 150'548 Stimmen, Vogt mit 74'758 Stimmen nicht einmal halb so viele. Sogar der Grüne Bastien Girod überholte den Rechtsprofessor der stärksten Schweizer Partei mit knapp 107'000 Stimmen.

Schweizweit auf sich aufmerksam machte Vogt auch 2018, als er an vorderster Front für die Selbstbestimmungsinitiative seiner Partei kämpfte, die sich gegen «fremde Richter» wandte. Sie erlitt an der Urne Schiffbruch.

2021 legte Vogt sein Nationalrats-Mandat nieder. Er wolle anderen Tätigkeiten nachgehen, sagte der Rechtsprofessor damals zur Begründung. Doch nun ist er zurück: Am Mittwoch stellte die SVP Zürich ihn als Kandidaten für die Nachfolge von Bundesrat Ueli Maurer vor. Wie seine Nomination einzustufen ist, erklärt Politologin Sarah Bütikofer.

Der Zeitplan für die Maurer-Nachfolge

  • Bis zum 21. Oktober können die SVP-Kantonalsektionen ihre Kandidati*nnen der zentralen Findungskommission melden.
  • Danach finden Anhörungen in der Findungskommission unter Leitung von Caspar Baader vor. Der Baselbieter ist alt Nationalrat und war einst Präsident der SVP-Bundehausfraktion.
  • Bis zum 11. November will die Kommission dem Vorstand der SVP-Bundeshausfraktion ihre Empfehlungen unterbreiten.
  • Voraussichtlich am 18. November will die SVP-Fraktion die offiziellen Kandidaten benennen.
  • Am 7. Dezember, während der Wintersession, wählt die Vereinigte Bundesversammlung dann den Nachfolger respektive die Nachfolgerin von Ueli Maurer.

Frau Bütikofer, mit Hans-Ueli Vogt schickt die Zürcher Sektion der SVP einen Kandidaten ins Rennen. Hatten sie keine andere Wahl, als grössten Kanton jemanden zu stellen, sprich: ist Herr Vogt ein Lückenbüsser?

Nein, Herr Vogt ist sicherlich ein valabler Kandidat der SVP und unterstreicht den Anspruch der kantonalen Partei, im Bundesrat vertreten zu sein. Aber die Vorschläge aus den Kantonen sind das eine, die Nomination der offiziellen Kandidierenden durch die Findungskommission der SVP das andere.

Wie beurteilen Sie die Bundesratskandidatur von Hans-Ueli Vogt für die Zürcher SVP?

Die Kandidatur erfolgt sicherlich nicht ganz unerwartet. Die SVP Zürich hat ja nie gesagt, sie wolle sicher keine Kandidatur aufstellen.

Wie hoch schätzen Sie seine Wahlchancen ein?

Es kommt darauf an, wer am Ende auf dem offiziellen Ticket der SVP ist.

Die Parlamentsmitglieder wählen den Bundesrat und sind angehalten, offizielle Wahlvorschläge zu unterstützen. Aber daran halten müssen sie sich nicht. Es ist auch eine Charakterfrage, wer am Ende gewählt wird. Zugängliche und bei den Kolleginnen und Kollegen im Bundeshaus geschätzte Personen, die das politische Handwerk von Grund auf verstehen und über langjährige politische Erfahrung verfügen, haben sehr gute Wahlchancen. Alle anderen weniger.

Welchem Lager ist er zuzurechnen: Eher moderat oder ein Hardliner?

Zur Person

Sarah Bütikofer ist Politikwissenschaftlerin an der Universität Zürich und beim Forschungsinstitut Sotomo sowie Herausgeberin des Onlineportals «DeFacto».

Mit der Selbstbestimmungsinitiative, die er stark mitprägte, erlitt er an der Urne Schiffbruch. Moderat war dieses Anliegen eher nicht. Die SVP stimmt im Parlament sehr geschlossen ab, es gibt eigentlich keinen moderaten Flügel, nur ab und zu einzelne Abweichler. Im letzten Parlamentarierranking bewegte sich Hans-Ueli Vogt bei den anderen Parlamentariern aus dem Kanton Zürich. Das Smartvoteprofil zeigt seine Positionen, in den Kernthemen ist er auf jeden Fall auf SVP-Linie.

Das politische Profil von Hans-Ueli Vogt.
Das politische Profil von Hans-Ueli Vogt.
Screenshot: Smartvote / Sotomo

An wen sendet die Zürcher Sektion ein Signal mit dieser Bundesratskandidatur?

Die SVP Zürich will sich nicht kampflos aus dem Rennen um die Nachfolge ihres eigenen Bundesrats nehmen und unterstreicht auch deutlich die Forderung, dass der Kanton Zürich in der Landesregierung vertreten sein soll.

Kann Albert Rösti die Wahl überhaupt misslingen?

Es dauert noch ein paar Wochen bis zum Wahltag. Da kann schon noch einiges passieren, was den Ausgang beeinflusst. Ob Albert Rösti Bundesrat wird oder nicht, entscheidet am Ende das Parlament. Er hat aber sicherlich sehr gute Wahlchancen, wenn er von der SVP nominiert wird.

Die Grünen ihrerseits greifen den SVP-Sitz nicht an: Ist das die einzige richtige Stratgie?

Es ist die Strategie, die die Grünen gewählt haben, um ihre Kräfte auf die eidgenössischen Wahlen 2023 zu konzentrieren. Gleich danach, im Dezember 2023 finden die Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates statt. So wie es die Parteileitung gestern signalisierte, wollen sie dann angreifen.

Auf Wunsch von Frau Bütikofer wurde das Interview schriftlich geführt.

SVP-Politiker Hans-Ueli Vogt gibt seine Bundesrats-Kandidatur bekannt.
SVP-Politiker Hans-Ueli Vogt gibt seine Bundesrats-Kandidatur bekannt.
Bild: Keystone