Müde vom Tod 27'000 Kreuze: US-Rentner beendet Mission für Opfer von Massakern

AP/tafi

29.12.2019

Wo auch immer es ein Schusswaffenmassaker in den USA gibt, taucht Greg Zanis auf – und zimmert Gedenkkreuze für jedes Opfer. Nun will er nicht mehr. Er hat triftige Gründe.

Mehr als 27'000 Kreuze hat Greg Zanis schon gezimmert – vor allem für die Opfer von Schusswaffenmassakern in den USA. Er hat sie aber auch für Opfer von Naturkatastrophen, Busnunfällen und Waldbränden aufgestellt. Nach 23 Jahren ist Schluss, Zanis hört auf. Er merke, dass sein Dienst «Crosses for Losses» (Kreuze für Verluste) allmählich einen zu hohen persönlichen und finanziellen Tribut fordere, schrieb die Zeitung «The Beacon-News».

Seine Holzkreuze zimmerte und stellte Zanis nach den Amokläufen an der Columbine High School 1999 in Colorado, an der Grundschule Sandy Hook in Connecticut 2012 und der Marjory Stoneman Douglas Highschool in Parkland in Florida 2018 auf. Kreuze errichtete er auch nach der bewaffneten Attacke auf ein Musikfestival in Las Vegas im Oktober 2017 und dem Anschlag auf einen Nachtclub in Orlando 2016.



«Nach Orlando hörte es nicht mehr auf», erinnert sich Zanis, der aus dem US-Bundesstaat Illinois stammt. «Das Land schickte mich eine Weile jede Woche auf die Strasse. Ich bin 850'000 Meilen (1'367'000 Kilometer) gefahren, um Kreuze aufzustellen. Ich schlief in meinem Lastwagen und hatte nie das Geld, um die Kosten dessen zu decken, was ich da tat.»

Zwar kamen ab und an Spenden herein, doch musste Zanis seine Kreuze hauptsächlich aus eigener Tasche zahlen. «Einmal stand ich letztes Jahr mit 10'000 Dollar in der Kreide und jemand beglich das für mich», erzählt Zanis. «Nun habe ich wieder 14'000 Dollar Schulden.»



Ganz zu schweigen von dem Preis, den Zanis' Seele für seine düstere Mission zahlte. «Jedes Mal wenn ich losziehe, lasse ich ein Stück meines Herzens zurück», sagt er. An seine Belastungsgrenze sei er im texanischen El Paso gestossen. Dort tötete ein mutmasslicher Rechtsextremist im August an einem Walmart-Supermarkt 22 Menschen. «Ich hatte seit zwei Tagen nicht geschlafen, es war 41 Grad heiss, und ich brach unter dem Druck zusammen, als ich hörte, dass es da noch zwei weitere Opfer des Schusswaffenmassakers gab», erinnert sich Zanis.

Der Mann hat aberwitzig lange durchgehalten. Allein 2016 zimmerte er für Chicago mehr als 700 Kreuze, die in Gedenken an jedes dortige Todesopfer von Waffengewalt in jenem Jahr eine Strasse entlanggetragen wurden. Und in diesem Jahr musste Zanis auch noch in seiner eigenen Heimatstadt Aurora ran: Ein Firmenangestellter hatte das Feuer auf seine Kollegen eröffnet.

Nun hofft Zanis, dass eine gemeinnützige Organisation in Northbrook in Illinois ihm seine Kreuze abnimmt. «Ich habe das Gefühl, dass es nicht das Ende meines Dienstes ist. Aber ich kann nicht mehr.»

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