«Geschreddertes» Rüeblifeld im Schweizer Mittelland nach einem sommerlichen Hagelzug.
Die Schweizer Landwirtschaft stiess im auslaufenden Jahr teilweise an ihre Grenzen.
Historisch schlechte Ernten im Jahr 2021 wegen Wetterkapriolen
«Geschreddertes» Rüeblifeld im Schweizer Mittelland nach einem sommerlichen Hagelzug.
Die Schweizer Landwirtschaft stiess im auslaufenden Jahr teilweise an ihre Grenzen.
Die Schweizer Bauern haben 2021 mit sehr schwierigen Produktionsbedingungen gekämpft. Wegen der Wetterkapriolen haben sie historisch tiefe Ernten eingefahren. Der Herbst vermochte die prekäre Lage nur teilweise zu retten.
Spätfrost, viel Niederschlag mit Überschwemmungen sowie massive Hagelzüge haben den Kulturen in diesem Jahr stark zugesetzt. Kartoffeln wurden im konventionellen Anbau schätzungsweise rund 30 Prozent weniger geerntet, biologisch angebaute Erdäpfel sogar 50 Prozent weniger, wie der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID) in seiner am Donnerstag veröffentlichten Erntebilanz 2021 schreibt. Zudem waren die Knollen klein.
Besonders hart getroffen wurden einige Sommerfrüchte. Zwetschgen holten die Obstbauern gerade mal 1300 Tonnen oder noch 40 Prozent des Fünfjahresmittels von den Bäumen. Bei den Aprikosen waren es sogar nur 35 Prozent des üblichen Ertrages, rund 2200 Tonnen. Bei den Tafeläpfeln gab es mit rund 120'000 Tonnen fast gleich viel wie 2020. An den Infrastrukturen hinterliessen die Wetterextreme 2021 Schäden in zweistelliger Millionenhöhe.
Beeren weniger anfällig
Besser lief es bei den Beeren, wo die Ernte dem Fünfjahresmittel entsprach. Dies vor allem, weil sie unter Folientunneln heranwuchsen. Geerntet wurden gut 7000 Tonnen Erdbeeren, 2150 Tonnen Himbeeren, 530 Tonnen Brombeeren und 565 Tonnen Heidel- sowie Preiselbeeren.
Beim Brotgetreide betrug das Minus insgesamt rund 30 Prozent. 110'000 Tonnen weniger backfähiges Brotgetreide als im Vorjahr landete in den Erntemaschinen. Raps konnte die Nachfrage nach Schweizer Ware nicht decken. Die Ernte war mit gut 77'000 Tonnen rund 12 Prozent tiefer als im Vorjahr. Sonnenblumen lagen nur leicht unter dem Ernteergebnis von 2020.
Bei den Mostbirnen war die Ernte mit 3800 Tonnen letztmals 1993 so schlecht. In den Mostereien lagern allerdings Bestände, die den Bedarf von mehr als einem Jahr abdecken. Die tiefe Ernte beim Mostobst dürfte hier zu einer Entlastung führen, so der LID.
Salat und Gemüse im Sommer importiert
Anders als in anderen Sommern musste Salat heuer im Juli und August importiert werden, weil zeitweise rund die Hälfte der Ware fehlte. Manche Gemüsebauern hatten Totalausfälle zu beklagen. Auch Broccoli, Zucchetti, Blumenkohl oder Fenchel mussten importiert werden. Über das ganze Gemüsesortiment fehlten im Hochsommer schätzungsweise 10 bis 20 Prozent der üblichen Mengen, wie Markus Waber, stellvertretender Direktor des Verbands der Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP), dem LID sagte.
Die Honigernte fiel im Frühling praktisch ganz aus, die Sommerernte konnte den Verlust nicht wettmachen. «Kaum ein Imker kann sich an so wenig Ertrag erinnern», kommentierte der LID dazu.
Beim Wein können sich die Winzer trotz historisch tiefen Erträgen immerhin über eine Topqualität freuen. In den meisten Anbaugebieten lag die Erntemenge teils klar unter dem Zehnjahresdurchschnitt. Nur leicht unterdurchschnittlich war die Traubenernte im Kanton Graubünden. Im Wallis erinnerten sich die Winzerinnen und Winzer nicht, jemals so wenige Trauben von den Rebstöcken geschnitten zu haben. Im Kanton Waadt lag das Minus bei 16 Prozent. Die Ernte ergab knapp 20 Millionen Liter.
Wald hat sich von Trockenheit erholt
Mit 210'000 Tonnen fiel auch die Zuckerernte unterdurchschnittlich aus, war aber schliesslich nicht so schlecht wie befürchtet. In der Schweiz werden jährlich rund 320'000 Tonnen Zucker gebraucht. Die Differenz wird mit Importen aus Deutschland und fertigem Zucker aus der EU gedeckt. Weiter rückläufig ist die Zahl der Zuckerrübenbauern, 2021 waren es noch knapp 4000 (-300 im Vergleich zum Vorjahr).
Gut bekommen ist der niederschlagsreiche Jahresbeginn dagegen dem Schweizer Wald. Er konnte sich von von beiden rekordtrockenen Sommern von 2018 und 2019 erholen.
Den Sömmerern auf den Schweizer Alpen machte das nasse Wetter zwar auch zu schaffen. Das mittelfristig grösste Problem für die Alpwirtschaft scheint indes der Wolf zu sein. Die Anzahl gerissener Kälber und Rinder hat gemäss LID trotz Herdenschutzmassnahmen «drastisch zugenommen».