Berner Rocker-Prozess Gericht verurteilt Haupttäter zu acht Jahren Gefängnis

zc, sda/amo

30.6.2022 - 12:07

Berner Gericht verhängt teils lange Freiheitsstrafen gegen Rocker

Berner Gericht verhängt teils lange Freiheitsstrafen gegen Rocker

Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Zwei weitere Rocker erhielten 8 und 42 Monate. Alle drei waren 2019 in gewalttätige Auseinandersetzungen in Belp verwickelt. Vor der Urteilsverkündigung im Berner Rockerprozess haben sich neben dem Gerichtsgebäude in Bernschätzungsweise 300 Rocker versammelt. Sie gehören mehreren Motorradclubs an. Die Polizei beobachtet die Lage mit einem grossen Aufgebot. Ein Wasserwerfer stand bereit. Kurz nach acht Uhr morgens war die Lage ruhig.

30.06.2022

Im Berner Rocker-Prozess sind die Urteile gefallen, die Urteilsverkündung ist noch im Gang. Beim Gericht haben sich rund 300 Rocker versammelt – die Polizei ist mit einem Grossaufgebot vor Ort. Ausschreitungen gab es bisher keine. 

Keystone-SDA, zc, sda/amo

Im Berner Rockerprozess hat das Regionalgericht Bern-Mittelland am Donnerstag teils lange Freiheitsstrafen verhängt. Der eine Hauptangeklagte, ein 37-jähriger Schweizer, wurde zu acht Jahren wegen versuchter vorsätzlicher Tötung verurteilt.

Bei der Auseinandersetzung verfeindeter Rockerbanden 2019 in Belp BE soll er mit einer durchgeladenen Pistole einem Gegner auf den Kopf geschlagen haben. Ein Schuss aus der Pistole verletzte einen weiteren Mann.

Der Verurteilte habe bewusst in Kauf genommen, Menschen zu verletzen und zu töten, sagte der Gerichtspräsident in seiner Urteilsbegründung. Der 37-jährige Schweizer befand sich im vorzeitigen Strafvollzug.

Er ist Mitglied der Bandidos, genau wie der zweite Hauptangeklagte. Der 42-jährige gebürtige Spanier kam mit einer unbedingten Strafe von acht Monaten wegen Raufhandels davon. Vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung wurde er freigesprochen.

Ein weiterer Mann - auch er ein Bandido - wurde wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 42 Monaten verurteilt. Es handelt es sich um einen 34-jährigen Österreicher. Der Mann wird zudem des Landes verwiesen.-

Das grosse Schweigen

Weitere 19 Mitglieder der Bandidos, der Hells Angels und der Broncos standen wegen Raufhandels vor dem erstinstanzlichen Regionalgericht Bern-Mittelland. Sie wurden teils schuldig-, teils freigesprochen. Bei den Schuldsprüchen wurden zumeist bedingte Freiheitsstrafen um die zehn Monate verhängt.

Die Urteilsverkündung zog sich über mehrere Stunden hin. In den Befragungen hatten die meisten Angeklagten eisern geschwiegen und Auskünfte zur Tat verweigert.

Doch es gab laut Gerichtspräsident zahlreiche Spuren, darunter DNA, Blut und Schmauchspuren. Das Gericht berief sich auch auf ausgewertete Chats und Zeugenaussagen. Daraus ergebe sich, dass die Bandidos einen Ableger in der Schweiz gründen wollten. Die Hells Angels hätten dies nicht zulassen wollen, hielt der Gerichtspräsident fest.

Mitglieder der Hells Angels und ihre Anwälte betreten am 30. Juni 2022 das Gerichtsgebäude. 
Mitglieder der Hells Angels und ihre Anwälte betreten am 30. Juni 2022 das Gerichtsgebäude. 
Bild: Keystone

Gewaltsame Auseinandersetzung 2019 in Belp

Der Prozess dreht sich um eine gewaltsame Auseinandersetzung 2019 in Belp BE. Darin verwickelt waren Mitglieder von drei Motorradclubs: einerseits die Hells Angels und die mit ihnen verbündeten Berner Broncos, andererseits die Bandidos. Diese wollen in der Schweiz Fuss fassen, was auf Widerstand stösst.

Ein Geburtstagsfest von Bandidos nahmen die Hells Angels und die mit ihnen verbündeten Broncos gemäss Gericht zum Anlass für einen Einschüchterungsversuch.

Beiden Gruppen sei klar gewesen, dass es Stunk geben werde, sagte der Gerichtspräsident. Niemand sei dermassen bewaffnet, wenn er nur reden wolle.

Polizei kommt mit Grossaufgebot zur Urteilsverkündung

Der gesamte Prozess in Bern fand unter grossen Sicherheitsvorkehrungen statt. Beim Prozessbeginn Ende Mai hatten sich Mitglieder der Hells Angels und der Bandidos Scharmützel vor dem Berner Amthaus geliefert. Die Polizei setzte Gummischrot und Wasserwerfer ein, um die beiden Lager voneinander fernzuhalten.

Am Donnerstagmorgen versammelten sich rund 300 Mitglieder verschiedener Schweizer Motorradclubs auf der Berner Schützenmatte, also dem Platz vor dem alternativen Kulturzentrum Reitschule. Gut hundert Meter weiter steht das Amthaus, in dem die Urteilsverkündigung über die Bühne geht. Grüppchenweise fuhren die Rocker auf ihren schweren Maschinen vor und begrüssten sich, sobald sie die Motorräder abgestellt hatten.

Mitglieder der Hells Angels versammeln sich vor der Urteilsverkündung nahe des Gerichts.
Mitglieder der Hells Angels versammeln sich vor der Urteilsverkündung nahe des Gerichts.
Bild: Keystone

Einige von ihnen hängten an Gittern ein Plakat auf, auf dem auf eine Internetseite mit einem «Statement» der Schweizer Motorradclubs verwiesen wird. Auf dieser Internetseite ist zu lesen, dass die Motorradclubs in der Schweiz seit 50 Jahren «unser eigenes System und unsere eigenen Regeln» hätten, was die Biker- und Motorradclub-Szene betreffe.

Das freundschaftliche und friedliche Verhältnis unter den Clubs beruhe auf gegenseitigem Respekt und werde durch viele gemeinsame Ausfahrten, Partys und Meetings gestützt. Das solle auch so bleiben. «Andere Zustände» brauche es nicht. Die Clubs stünden «geschlossen» hinter diesem System.

Bandidos tauchten nicht auf. Die Lage blieb friedlich. Der Verkehr am Bollwerk in Richtung Bahnhof wurde nicht beeinträchtigt.

Polizisten brachten einen Wasserwerfer beim Gerichtsgebäude in Stellung. 
Polizisten brachten einen Wasserwerfer beim Gerichtsgebäude in Stellung. 
Bild: Keystone

Kontakte zu Motorradclubs

Zwischen der Polizei und Schweizer Motorradclubs habe es vor der Urteilsverkündung direkte Kontakte gegeben, sagte Manuel Willi, Chef der Regionalpolizei Bern, auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Nähere Angaben machte er nicht.

Willi machte sich vor dem Amthaus einen Eindruck von der Lage, zusammen mit dem Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause. Auch der kantonale Sicherheitsdirektor Philippe Müller nahm einen Augenschein.