Kolumne Das Problem von Statement-T-Shirts

Von Julia Wagner

24.1.2020

Teure Shirts sind auch nicht mehr das, was sie nie waren.
Teure Shirts sind auch nicht mehr das, was sie nie waren.
Bild: Gucci /Facebook

Ein Statement-Shirt halt auch einfach nur ein T-Shirt – siehe jenes sündhaft teure von Gucci mit dem missglückten Aufdruck. Was das alles mit Margret Thatcher zu tun hat?

Auf der Mailänder Modewoche zeigte Gucci-Chefdesigner Alessandro Michele letzte Woche auf dem Laufsteg ein weisses T-Shirt, auf dem sich die Worte «impotent» und «impatient» überlappen. Michele will diesen Look als Kampfansage an toxische Männlichkeit verstanden wissen.

In den Shownotizen von Gucci stand dazu: «Toxische Männlichkeit fördert Missbrauch, Gewalt und Sexismus. Und nicht nur das. Sie verurteilt Männer dazu, sich einer phallischen Virilität anzupassen, um in der Gesellschaft akzeptiert zu werden.»

Ja, so eine Botschaft kann man spätestens seit der weltweiten #metoo-Debatte prinzipiell nur gut finden. Ist doch cool, dass ein internationaler Konzern so ein Zeichen setzt. Oder?

Es ist ja mittlerweile so, dass ein erfolgreiches Modehaus für etwas stehen muss, um bei den immer kritischer werdenden Konsumenten, vor allem den Millennials, gut anzukommen. Einfach nur Mode machen ist ja sooo 2010.

Bloss kein schlechtes Gewissen

Man gibt heute halt lieber viel Geld aus für eine Marke, die als politisch korrekt, innovativ und nachhaltig gilt, als für eine, die für blossen Konsum steht und somit ein schlechtes Gewissen macht.

Dior wurde 2017 schon zum Liebling aller Influencer, als es T-Shirts zeigte auf denen «We should all be feminists» stand. Wunderbare Botschaften, die sich auch ganz wunderbar und bildgewaltig auf Instagram teilen lassen und mit denen die User zeigen können, dass auch sie auf der richtigen Seite stehen.

Aber genau das ist das Problem. Denn am Ende ist ein Statement-Shirt halt auch einfach nur ein T-Shirt. Und zwar eines, dass die Labels teuer verkaufen.

Dior verlangt über 600 Franken fürs weisse Shirt aus Baumwolle und Leinen. Das von Gucci wird, wenn es ab Herbst erhältlich sein wird, kaum günstiger sein. Mit einem echten Statement hat das, meiner Meinung nach, weniger zu tun als mit sehr cleverem Marketing. Und das ist schade.

Aber gut, echte Botschaften sind nicht so gut fürs Geschäft. Oder kennen Sie noch die britische Designerin Katherine Hamnett?

Label eingestampft

Sie war die erste, die mit politischen Slogan-Shirts Furore machte, trug 1984 zu einem Treffen mit Premierministerin Margret Thatcher eines, mit dem sie gegen die Stationierung von Pershing-Raketen protestierte. Das Bild ging damals um die Welt. Und obwohl sie mit diesen modischen Protesten Erfolg hatte, war 1989 Schluss damit. Warum? Sie hatte selbst eine Studie in Auftrag gegeben, dank der sie herausfand, wie viel Schaden ihr Unternehmen an der Umwelt anrichtete. Also liess sie ihren Protest-Slogans echte Taten folgen – und machte das Label dicht. DAS ist mal ein Statement.

Aber gut, eine Marke, die es nicht mehr gibt, taugt halt heute nicht für Instagram.

Julia Wagner besuchte als Chefredaktorin von miss und später als Leiterin von Stylebook.de alle wichtigen Fashionweeks dieser Welt. Jetzt pendelt sie als Freelancerin ständig zwischen Berlin, Zürich und Wien – und trägt fast nur noch Hipster-Look: Sneaker, Jeans & Rucksack. Das liegt vor allem daran, dass die Haute Couture nicht ins Handgepäck passt.

Zurück zur Startseite