Operation «Pollino»Pferde-Transporter voller Kokain brachte Justiz auf die Mafia-Spur
Philipp Dahm
5.12.2018
Am frühen Morgen schlagen die Ermittler zu. Nicht nur in Deutschland, auch in den Niederlanden, Belgien, Italien und Südamerika. Im Visier: die mächtigste Mafia-Organisation. Es gibt Dutzende Festnahmen.
Harter Schlag gegen die Mafia: Mit einer grossangelegten Razzia sind Ermittler in Deutschland, Italien, den Niederlanden und Belgien gegen die italienische Mafia-Organisation 'Ndrangheta vorgegangen. Deutsche Schwerpunkte der Aktion waren das Rheinland und das Ruhrgebiet sowie Bayern.
Dutzende mutmassliche 'Ndrangheta-Mitglieder wurden am Mittwochmorgen festgenommen, zahlreiche Wohnungen und Lokale durchsucht, wie das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden mitteilte. Nach Angaben der italienischen Polizei wurden bislang 90 Menschen in Europa und in Ländern Südamerikas gefasst. Ihnen wird unter anderem Drogenhandel, Geldwäsche und die Zugehörigkeit zu einer Mafiaorganisation vorgeworfen.
Die Europäische Justizbehörde Eurojust koordinierte die internationale Aktion mit dem Codenamen «Pollino». Sie sei das Ergebnis «einer intensiven gemeinsamen Ermittlungsarbeit, die im Jahr 2016 begann und europaweit koordiniert wurde», heisst es in einer Pressemitteilung von Eurojust.
Pferdetransporter brachte Polizei auf die Fährte
Laut «Spiegel Online» waren allein in Deutschland 240 Beamte des BKA und 200 Polizisten der Bundespolizei im Einsatz, darunter Spezialkräfte der Antiterroreinheit GSG 9. Hinzu kommen Hunderte Beamte der Landespolizeibehörden. Nach Angaben von «Bild.de» wurden bundesweit mehr als 100 Objekte durchsucht.
Auf die Spur der mutmasslichen Mafia-Mitglieder sind die deutschen Ermittler nach eigenen Angaben durch den Fund von massenweise Kokain gekommen. Ein präparierter Pferdetransporter sei vor zwei Jahren im britischen Fährhafen Harwich sichergestellt worden. Den mutmasslichen Tätern werden bisher mindestens 23 solcher Transporte von jeweils 80 Kilogramm Kokain aus den Niederlanden nach England zur Last gelegt, wie die Kölner Polizei mitteilte.
Bei der internationalen und grossangelegten Razzia gegen Mitglieder der italienischen Mafiaorganisation 'Ndrangheta sind am Mittwoch rund 90 Tatverdächtige festgenommen worden, es wurden bis zu 4'000 Kilogramm Kokain sowie 140 Kilogramm Ecstasy-Pillen beschlagnahmt.
Verdeckte Ermittlungen
In Deutschland hatte die Polizei nach Angaben der Kölner Ermittler insgesamt 23 Objekte durchsucht, ausserdem vier weitere in Berlin, vier in Thüringen, zwei im belgischen Verviers und zwei Objekte auf Mallorca in Spanien durchsucht. In NRW und Berlin wurden sieben Tatverdächtige verhaftet.
Unter dem Namen «Falabella» hatte eine Ermittlergruppe beim Kölner Kriminalkommissariat verdeckt ermittelt. «Das Verfahren richtet sich gegen italienische und deutsche Staatsangehörige im Alter zwischen 33 und 68 Jahre», teilte die Polizei weiter mit. Einer der Haupttäter, ein 45 Jahre alter italienischer Gastwirt einer Osteria aus Pulheim bei Köln, wurde am Morgen in seiner Wohnung verhaftet.
Die kalabrische 'Ndrangheta gilt inzwischen als die mächtigste italienische Mafia-Organisation. Sie dominiert den Drogenschmuggel nach Europa und ist auch in Deutschland aktiv. So gingen die Mafia-Morde von Duisburg auf ihr Konto. Im August 2007 waren dort vor einer Pizzeria sechs Menschen erschossen worden. Ein Streit zwischen dem Pelle-Vottari-Clan und dem Strangio-Nirta-Clan war der Auslöser für die Bluttat.
Hamburger Hafen im Visier der Drogenschmuggler
In Italien richteten sich die Augen am Mittwoch vor allem auf die Region um Reggio Calabria. Der Operation habe sich gegen verschiedene Mitglieder bekannter Clans gerichtet, die im Herzen der Region um Locri bei Reggio Calabria operierten. Aus dieser Gegend stammten auch die Täter der Mafia-Morde von Duisburg. Die jetzige Aktion sei Ergebnis jahrelanger Ermittlungen der Behörden in Italien, Deutschland und den Niederlanden, betonte die Polizei.
Seit langem warnen Ermittler in Italien davor, dass die 'Ndrangheta ein ausserordentlich wichtiges Standbein in Deutschland hat. Im Sommer erklärte die nationale Anti-Mafia-Behörde, dass die kalabrische Mafia in Deutschland ähnliche Strukturen aufgebaut habe wie in ihrer Heimat. Deutschland, darunter der Hamburger Hafen, seien für den Drogenhandel von «besonderem Interesse» für die Clans.
Zwar gelingen italienischen Ermittlern immer wieder Schläge gegen die Clans, jedoch streckt die 'Ndrangheta ihre Tentakeln immer weiter aus. Anders als es in Filmen dargestellt wird, führt die Mafia weniger blutige Strassenkämpfe aus: Stattdessen agiert sie meist im Verborgenen und infiltriert staatliche und wirtschaftliche Einrichtungen.
Deutschland wichtiger Mafia-Standort
Anders als in Italien gibt es in Deutschland keine strengen Anti-Mafia-Gesetze. Dort ist schon die Mitgliedschaft in einer mafiösen Organisation eine Straftat – in Deutschland nicht.
Traditionell ist die Mafia in Deutschland unter anderem in Nordrhein-Westfalen stark vertreten, wenngleich sie keine herausragende Rolle unter den organisierten Kriminellen spielt. In 214 Verfahren aus diesem Spektrum, die zwischen 2012 und 2016 in den Polizeibehörden des Landes bearbeitet wurden, gab es nur in zehn Fällen überwiegend italienische Tatverdächtige, wie aus früheren Angaben des NRW-Innenministeriums hervorgeht.
Insgesamt zählt die Polizei in NRW etwa 120 Personen zum Spektrum «Italienische Organisierte Kriminalität» (IOK). Sie werden vor allem den mafiösen Organisationen der 'Ndrangheta, Cosa Nostra sowie in geringerem Umfang der Camorra und der apulischen organisierten Kriminalität zugerechnet. Aufgefallen sind sie vor allem wegen Umsatzsteuerhinterziehung, Drogenhandel und -schmuggel sowie das «Verschieben» von Autos ins Ausland.
Warum die Mafia-Serie «Gomorrha» Italien entzweit:
«Gomorrha» ist die erfolgreichste, aber auch umstrittenste Fernsehserie Italiens. Die Hauptdarsteller Salvatore Esposito (link) und Marco D'Amore wurden zu Role Models wider Willen.
Bild: Betafilm / Gianni Fiorito / Sky
Sie waren Freunde, dann Feinde, nun sind sie wieder vereint als Schicksalsgemeinschaft: Genny Savastano (Salvatore Esposito, rechts) und Ciro Di Marzio (Marco D'Amore).
Bild: Betafilm / Gianni Fiorito / Sky
Das Leben ist ein Schlachthaus: Malammore (Fabio De Caro, rechts) begleitet Genny (Salvatore Esposito) zur Leiche seines Vaters.
Bild: Betafilm / Gianni Fiorito / Sky
Ciao, papà: Genny (Salvatore Esposito) nimmt Abschied von seinem Vater Pietro (Fortunato Cerlino), dessen Ermordung er heimlich abgesegnet hat.
Bild: Betafilm / Gianni Fiorito / Sky
«Gomorrha» spielt in weiten Teilen im Secondigliano, einem Vorort im Norden Neapels. Es ist eine triste Gegend der grauen Wohnblocks und Autobahnzubringer. Ein Mahnmal gescheiterter Städteplanung.
Bild: Betafilm / Gianni Fiorito / Sky
Die Mafia trägt jetzt Hipsterbart: Arturo Muselli als Enzo, neuer Clan-Boss in Neapel.
Bild: Betafilm / Gianni Fiorito / Sky
Wie ein Gespenst im eigenen Leben: Ciro Di Marzio (Marco D'Amore) ist über das viele Blutvergiessen schwermütig geworden.
Bild: Betafilm / Gianni Fiorito / Sky
Szene aus der dritten «Gomorrha»-Staffel, die in Italien mit grossem Erfolg lief und nun auch in Deutschland zu sehen ist. An Abenden, an denen neue Folgen gezeigt wurden, klagte der Bürgermeister Neapels, rasten anschliessend Jugendliche auf Mofas durch die Strassen, um auf Hausfassaden zu ballern.
Bild: Betafilm / Gianni Fiorito / Sky
Auf seinen Recherchen basiert die Erfolgsserie «Gomorrha»: Roberto Saviano lebt seit Erscheinen seines Sachbuchbestsellers «Gomorrha. Reise in das Reich der Camorra» (2006) im Untergrund.
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