Er besass kaum Möbel Abwart hinterlässt seiner Stadt 3,8 Millionen Dollar

AP/tgab

24.11.2023 - 00:00

Das Rathaus von Hinsdale im US-Bundesstaat New Hampshire. Die Kleinstadt erhielt eine Millionen-Schenkung aus dem Nachlass von Geoffrey Holt.
Das Rathaus von Hinsdale im US-Bundesstaat New Hampshire. Die Kleinstadt erhielt eine Millionen-Schenkung aus dem Nachlass von Geoffrey Holt.
Robert F. Bukaty/KEYSTONE

Geoffrey Holt wohnte in einem Mobilheim, besass kaum Möbel, keinen Computer, kein Auto. Doch als er mit 82 Jahren starb, erlebte seine Heimatstadt eine Überraschung.

24.11.2023 - 00:00

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein alter Mann in den USA vermacht seiner Heimatgemeinde im Testament 3,8 Millionen Dollar.
  • Das Verblüffende: Keiner wusste um sein Vermögen.
  • Der Mann arbeitete als Abwart in einem Mobilheim-Park, lebte selbst in einem Mobilheim und besass kaum Möbel.

Geoffrey Holt führte ein einfaches Leben als Abwart eines Mobilheim-Parks im US-Staat New Hampshire. Im Ort Hinsdale sahen ihn die Leute manchmal in seinen alten Klamotten, wie er auf einem Aufsitzmäher zum Supermarkt fuhr, an der Hauptstrasse parkte, die Zeitung las oder vorbeifahrende Autos beobachtete.

Er nahm Gelegenheitsarbeiten an, verliess selten die Stadt. Obwohl er Fahrunterricht gegeben hatte, fuhr er selbst nicht mehr Auto, entschied sich fürs Fahrrad und schliesslich den Rasenmäher. Sein Mobilheim war praktisch unmöbliert – er besass auch weder Fernseher noch Computer. «Er schien zu haben, was er wollte, aber er wollte nicht viel», sagt Edwin Smith, Holts bester Freund und ehemaliger Arbeitgeber.

Das Mobilheim, in dem Geoffrey Holt viele Jahre lang lebte. Er arbeitete als Abwart für einen Mobilheim-Park in der Kleinstadt Hinsdale.
Das Mobilheim, in dem Geoffrey Holt viele Jahre lang lebte. Er arbeitete als Abwart für einen Mobilheim-Park in der Kleinstadt Hinsdale.
Robert F. Bukaty/KEYSTONE

Doch als Holt im Juni mit 82 Jahren starb, hinterliess er dem 4200-Einwohner-Städtchen Hinsdale ein Vermögen: 3,8 Millionen Dollar (3,36 Millionen Franken) sollen seinem knapp formulierten Testament zufolge der Gemeinde in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Freizeit und Kultur zugutekommen.

Eine neue Rathausuhr oder lieber eine Wahlmaschine?

«Ich glaube, keiner hatte eine Ahnung, dass er so erfolgreich war», sagt Steve Diorio, Vorsitzender des Stadtrats. «Ich weiss, dass er nicht viel Familie hatte, aber das Geld der Stadt zukommen zu lassen, in der er lebt, das ist ein grossartiges Geschenk.»

Seit die Behörden der Gemeinde im September benachrichtigt wurden, gab es noch keine offizielle Versammlung. Manche Einwohner haben vorgeschlagen, mit dem unverhofften Geldsegen die Rathausuhr zu erneuern, Gebäude zu renovieren, vielleicht eine neue Maschine zur Auszählung der Wählerstimmen zu kaufen – zu Ehren von Holt, dem das Wählen immer sehr wichtig war. Auch ein Online-Fahrschulkurs wurde angeregt.

Holts Freund Smith, ehemaliger Abgeordneter im Parlament von New Hampshire, ist sein Nachlassverwalter. Er hatte in den vergangenen Jahren von Holts Vermögen erfahren. Holt hatte als Produktionsleiter in einer Getreidemühle gearbeitet, die stillgelegt wurde. Smith zufolge legte er sein Geld an und vertiefte sich in Finanzmagazine.

Schwester: «Ich bin traurig, dass er sich nichts gegönnt hat»

Irgendwann vertraute er Smith an, dass seine Investitionen sich besser entwickelten, als er jemals erwartet hätte, und dass er nicht wisse, was er mit dem Geld tun solle. Smith schlug vor, auch an die Gemeinde zu denken. «Ich war dann ziemlich verblüfft, als ich erfuhr, dass alles an die Stadt ging», sagt er.

Ein undatiertes Foto des jungen Geoffrey Holt aus seinem Nachlass.
Ein undatiertes Foto des jungen Geoffrey Holt aus seinem Nachlass.
Family photo courtesy of Ed Smith via AP

Holts Schwester Alison ist 81 Jahre alt und lebt in Kalifornien. Auch sie wusste, dass Holt sein Geld anlegte und erinnert sich, dass es ihrem Vater, einem Professor für Englisch und Weltliteratur, immer wichtig gewesen sei, kein Geld zu verschwenden und es stattdessen zu investieren. Die Geschwister genossen eine gute Bildung, Geoffrey besuchte Internate und ging nach seinem Studienabschluss 1963 zur US-Marine, bevor er 1968 seinen Master machte.

Nach Angaben seiner Schwester brauchte Holt nicht viel, um glücklich zu sein und wollte nicht auffallen. Einmal habe er eine Beförderung in der Getreidemühle abgelehnt, weil er dafür hätte umziehen müssen. «Er sagte mir immer, sein Hauptziel im Leben sei, dafür zu sorgen, dass niemand etwas bemerkte», erzählt die pensionierte Bibliothekarin. «Sonst könnte man in Schwierigkeiten geraten.» Über Geld hätten sie wenig gesprochen, obwohl er sie oft gefragt habe, ob sie etwas brauche: «Ich bin so traurig, dass er sich nicht ein bisschen was gegönnt hat.»

AP/tgab