Milliarden-Dollar-Projekt «Titan» Apple gibt offenbar Elektroauto-Pläne auf

Von Andrej Sokolow, dpa

28.2.2024 - 04:42

Mercedes-Benz erwartet Hängepartie bei E-Auto-Umstieg

Mercedes-Benz erwartet Hängepartie bei E-Auto-Umstieg

STORY: Der Autobauer Mercedes-Benz stellt sich wegen der schwächelnden Nachfrage nach Elektroautos auf einen späteren Abschied vom Verbrennungsmotor ein. Auf dem Weg zur Elektromobilität gehe es auf und ab, sagte Vorstandschef Ola Källenius am Donnerstag in Stuttgart. Der Dax-Konzern werde auch weiter mit hohen Investitionen in neue E-Autos das Ziel seiner CO2-Neutralität bis 2039 vorantreiben. Der Verbrennungsmotor werde bis in die 30er Jahre angeboten werden, so Källenius. Der Kundenwunsch bestimme dabei das Tempo des Umschwungs. Die Nachfrage sei weniger dynamisch als vor drei Jahren erwartet, sagte Källenius. In diesem Jahr soll jeder fünfte Neuwagen «elektrifiziert» sein. Ein spezifisches Absatzziel für reine E-Autos ohne Hybride nannte Källenius für 2030 nicht. Mit gerade erneuerten Verbrennungsmotoren, die strengere Abgasvorschriften in Europa, China und den USA erfüllen müssen, sieht sich Mercedes gut aufgestellt. Mit Blick auf das in der Europäischen Union beschlossene Aus des Verbrenners für 2035 forderte Källenius, bei der für 2026 vorgesehenen Überprüfung sollte rational diskutiert werden, ob die Voraussetzungen mit der Ambition Schritt hielten. Unter dem Strich verdiente der Stuttgarter Konzern 14,5 Milliarden Euro, das waren zwar zwei Prozent weniger als 2022, aber besser ab als von Analysten erwartet. Trotz ernüchternder Aussichten stieg die Aktie des Unternehmens um rund sechs Prozent.

28.02.2024

Elektroautos werden oft als Smartphone auf Rädern bezeichnet. Und so erschien ein Auto vom iPhone-Konzern Apple als ultimative Herausforderung der Branchen-Platzhirsche. Doch dazu kommt es wohl nicht.

28.2.2024 - 04:42

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Jahrelang hielten immer neue Berichte und Spekulationen die Autobranche und Fans des iPhone-Konzerns in Atem.
  • Jetzt soll Apple dem Elektrofahrzeug-Projekt den Stecker gezogen haben.
  • Die Entscheidung sei in den vergangenen Wochen in Apples Chefetage besiegelt worden, heisst es in einem Bericht.
  • Schon zuvor hiess es, Apples Verwaltungsrat habe von Konzernchef Tim Cook und dem aktuellen Projektleiter Kevin Lynch nach den Kurswechseln und Milliarden-Ausgaben Klarheit über die Pläne eingefordert.

Ist der Traum vom Apple-Auto ausgeträumt? Jahrelang hielten immer neue Berichte und Spekulationen die Autobranche und Fans des iPhone-Konzerns in Atem. Jetzt soll Apple dem Elektrofahrzeug-Projekt den Stecker gezogen haben. 

Über die Jahre gab es viel hin und her: Apple habe Zulieferern Prototypen gezeigt, Apple könne den Sportwagenbauer McLaren kaufen, Apple wolle doch erst Software zum autonomen Fahren entwickeln. Erst vor einem Monat schrieb der Finanzdienst Bloomberg, Apple habe seine Ambitionen zurückgeschraubt und peile den Marktstart eines nun doch nicht selbstfahrenden Elektroautos für 2028 an. Jetzt hiess es ebenfalls bei Bloomberg und dem «Wall Street Journal», die zuletzt rund 2000 Mitarbeiter des Projekts seien am Dienstag von der Ankündigung überrascht worden, dass es damit nun ganz vorbei sei.

Die Entscheidung sei in den vergangenen Wochen in Apples Chefetage besiegelt worden, schrieb Bloomberg. Schon zuvor hiess es, Apples Verwaltungsrat habe von Konzernchef Tim Cook und dem aktuellen Projektleiter Kevin Lynch nach den Kurswechseln und Milliarden-Ausgaben Klarheit über die Pläne eingefordert.

Schwächelnder Elektroauto-Absatz

Apple kommentierte den Bericht nicht. Der iPhone-Konzern hält sich bei potenziellen künftigen Produkten traditionell bedeckt. So liefen auch jahrelange Spekulationen über einen Apple-Fernseher ins Nichts – ohne dass sich der Konzern jemals dazu geäussert hätte. Bei den Auto-Fantasien spielte zugleich die Frage mit, was «das nächste grosse Ding» für Apple nach dem überaus erfolgreichen iPhone sein könnte.

Apple-Chef Tim Cook bei einer Produktvorstellung in der Apple-Zentrale im Silicon Valley am 12. September 2023.
Apple-Chef Tim Cook bei einer Produktvorstellung in der Apple-Zentrale im Silicon Valley am 12. September 2023.
Bild: Keystone/AP Photo/Jeff Chiu

Definitiv bekannt war nur, dass Apple bis zuletzt zu selbstfahrenden Fahrzeugen umgebaute Testwagen im Silicon Valley auf die Strasse schickte. In Medienberichten war aber zu lesen, dass Apple zeitweise auch schon den Innenraum von Fahrzeugen und verschiedene Bauteile entwickelt habe. Als möglicher Preis für ein Apple-Auto wurden 100'000 Dollar genannt – kein ungewöhnlicher Betrag bei Top-Elektromodellen.

Allerdings trübte sich der Ausblick für den Elektroauto-Absatz vor allem in Apples Heimatmarkt USA ein. Der Vorreiter Tesla, der in den vergangenen Jahren explosiv wuchs, wagte bisher keine Absatzprognose für dieses Jahr. Autoriesen wie Ford, die in der Corona-Pandemie Ressourcen mobilisierten, um Tesla mit strombetriebenen Versionen ihrer grossen Pickups und SUVs hinterherzujagen, bremsten zuletzt ihre verlustreiche Produktion von Elektrofahrzeugen. Ihre US-Kunden kaufen aktuell lieber Benziner- und Hybrid-Modelle – immerhin füllt das die Kassen der Platzhirsche wieder auf. Rein auf Elektroautos ausgerichtete Tesla-Herausforderer wie Rivian und Lucid haben dagegen keine zusätzliche Geldquelle, um ihre Verluste auszugleichen.

Auto-Team arbeitet künftig an KI-Software

Ein Teil der Entwickler aus Apples Auto-Team solle künftig an Software mit Künstlicher Intelligenz arbeiten, schrieben Bloomberg und das «Wall Street Journal» unter Berufung auf informierte Personen. Sie sollen sich demnach auf das heisse Thema generative KI fokussieren: Programme wie der Chatbot ChatGPT, die neue Inhalte auf Basis einer gewaltigen Menge erfasster Informationen erzeugen kann. Apples Aktivitäten in dem Bereich sind bisher weniger sichtbar als etwa bei Microsoft, das einen Pakt mit dem ChatGPT-Entwickler OpenAI schloss. Zu Apples Auto-Team gehören aber auch mehrere hundert Hardware-Entwickler, wie Bloomberg berichtete. Sie könnten in anderen Abteilungen unterkommen. Es werde aber auch Entlassungen geben.

In den vergangenen Jahren liessen auch häufige Personalwechsel die Unruhe rings um Apples Projekt erkennen, das laut Medienberichten den Codenamen «Titan» trug. So ging der einst als Leiter eingesetzte ehemalige Tesla-Manager Doug Field 2021 zu Ford, wo er nun das Elektroauto- und Digital-Geschäft verantwortet.

Selbst als der Hype um ein mögliches Apple-Auto in den vergangenen Jahren immer wieder hohe Wellen schlug, zeigten sich einige Branchenexperten stets skeptisch, dass der Konzern das wirklich durchziehen würde. Zu anders sei das Geschäft der Autobranche, argumentierten sie. Statt kompakter Elektronik-Pakete müssten schliesslich Fahrzeuge rund um die Welt verschifft und jahrelang gewartet werden. Die Entwicklungszyklen dauerten wegen Regulierungsvorgaben Jahre statt Monate – und auch die Margen seien viel niedriger als in Apples Kerngeschäft. Manager aus der Autobranche gaben immer wieder zu bedenken, es sei gar nicht so einfach, ein Fahrzeug zu bauen. 

Elektronik-Konzerne mit eigenen E-Autos

Wohl auch deshalb tauchten immer wieder Spekulationen auf, Apple könnte eine Abkürzung mit dem Kauf eines Autoherstellers wie McLaren oder eines Autozulieferers nehmen. Tesla-Chef Elon Musk behauptete vor ein paar Jahren, er habe inmitten der existenziellen Probleme des Autobauers beim Produktionsstart des Volumenfahrzeugs Model 3 ein Angebot an Apple gerichtet, das Unternehmen zu kaufen. Apple-Chef Cook habe aber kein Interesse an einem Treffen gezeigt.

Mit einem Start 2028 wäre Apple nicht der erste Elektronik-Konzern mit einem eigenen Auto gewesen: Sony will sein gemeinsam mit Honda entwickeltes Elektrofahrzeug unter dem Markennamen Afeela 2026 auf den Markt bringen und stellt den Wagen bereits vor der Annahme von Vorbestellungen im kommenden Jahr in den USA aus. Auch Xiaomi, Anbieter von Smartphones und anderer Elektronik aus China, will bald den Verkauf seines Elektroautos SU7 im Heimatmarkt starten. Google hatte einst einen kleinen selbstfahrenden Zweisitzer entwickelt, inzwischen baut die Schwesterfirma Waymo ihre Robotaxi-Technik aber in Elektroautos von Jaguar ein.

Und Apple wird weiterhin in vielen Autos präsent sein: Etwa über die Software Carplay zum Anschluss des iPhone, mit der Dienste vom Smartphone den Bildschirm der Infotainment-Anlage übernehmen können. Einige Branchenexperten sind überzeugt, dass Apple – und Google mit dem ähnlichen Dienst Android Auto – den etablierten Herstellern das künftige Digitalgeschäft streitig machen könnten. Diese kontern mit eigenen digitalen Angeboten – und bei General Motors sollen in künftigen Elektromodellen Carplay und Android Auto sogar ganz draussen bleiben.

Von Andrej Sokolow, dpa