St. Gallen Zehn Festnahmen wegen 9000 gefälschter Covid-Zertifikate

SDA, aru

27.1.2022 - 11:47

Auf dem St. Galler Schwarzmarkt kostete ein Zertifikat bis zu 800 Franken.
Auf dem St. Galler Schwarzmarkt kostete ein Zertifikat bis zu 800 Franken.
KEYSTONE

Der St. Galler Staatsanwaltschaft gelang ein Coup: Sie liess zehn Personen verhaften, die mutmasslich über 9000 Covid-Zertifikate illegal ausgestellt und verkauft haben. Ihnen wird Urkundenfälschung vorgeworfen.

SDA, aru

Das St. Galler Gesundheitsdepartement erhielt seit Sommer 2021 wiederholt Hinweise zu möglichen Zertifikats-Missbräuchen. «Dagegen vorzugehen war allerdings schwierig, da die Hinweise meist anonym erfolgten», wie es in der Mitteilung der St. Galler Staatsanwaltschaft vom Donnerstag heisst. Aus Datenschutzgründen dürfen im Ausstellsystem für Zertifikate keine Personendaten der Zertifikatsinhaber gespeichert werden.

Vor einem Monat informierte das Gesundheitsdepartement darüber, dass der Kanton über 8000 Impfzertifikate annullierte, die illegal ausgestellt wurden. Ausgestellt worden waren sie von Personen, die in privaten Testzentren gearbeitet haben und dadurch Zugang zum nationalen Ausstellsystem für Zertifikate erhielten. Gegen sie wird nun wegen Urkundenfälschung ermittelt. Ihnen droht bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.



Ausgangspunkt für die Strafverfahren war laut Staatsanwaltschaft ein Hinweis über illegal ausgestellte Impfzertifikate, der Anfang Dezember 2021 beim Gesundheitsdepartement einging. «Danach hatten wir eine konkrete Anzeige des Kantons auf dem Tisch und weitere Hinweise der Kantonspolizei, um die Untersuchungen zu eröffnen», sagte Leo-Philippe Menzel, Sprecher der St. Galler Staatsanwaltschaft, auf Anfrage von Keystone-SDA.

Abnehmer bezahlten bis zu 800 Franken

Bislang wurden zehn Personen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren festgenommen. Es handelt sich dabei um vier Schweizer, drei Serben, einen Iraker, eine Serbin und eine Kroatin; alle mit Jahrgang zwischen 1992 und 2002. Aktuell befinden sich noch drei Personen in Untersuchungshaft. Im Weiteren kam es zu mehr als einem Dutzend Hausdurchsuchungen.

Die Tatverdächtigen haben nicht in einer kantonalen Impfstelle gearbeitet. Das Personal dort hat keinen Zugang zum Ausstellsystem für Zertifikate. Einzelne beschuldigte Personen hätten in privaten Testzentren oder zuhause ihre Accounts für die Erstellung von Covid-Zertifikaten missbraucht, erklärte Menzel.

Insgesamt haben die kantonalen Strafverfolgungsbehörden mittlerweile Kenntnis von über 9000 illegal hergestellten Zertifikaten. Darunter sind rund 8000 Impfzertifikate, beim Rest handelt es sich um Genesenen- und vereinzelte Testzertifikate.



Die Abnehmerinnen und Abnehmer bezahlten zwischen 300 und 800 Franken. Auch die Personen, die gefälschte Zertifikate erworben und verwendet haben, machten sich strafbar. Parallel zu den Untersuchungen seien auch die ersten Selbstanzeigen erfolgt, so Menzel. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer Handvoll.

Anpassungen beim Prozedere

Erstellt werden die Zertifikate auf der Webapplikation des Bundesamts für Informatik (BIT). Nachdem eine Impfung im IT-Tool bestätigt ist, werden die nötigen Daten direkt ans BIT weitergeleitet. Dieses generiert anschliessend das Impfzertifikat. Im Kanton St. Gallen seien rund 490'000 Impfzertifikate automatisch generiert worden, sagte Karin Faisst, die Leiterin des Amtes für Gesundheitsvorsorge, gegenüber Keystone-SDA.

Zertifikate könnten aber auch manuell über eine Web-Plattform beantragt werden. Wer Zugang zu diesem System habe, könne verschiedene Zertifikatstypen ausstellen. So hätten beispielsweise auch Personen in Teststellen die Möglichkeit, Impfzertifikate auszustellen – obwohl sie gar keine Impfungen verabreichen.



Das Gesundheitsdepartement forderte bereits im Juli 2021 beim BIT eine Auflistung aller manuell generierten Impfzertifikate an. «Mit einer solchen Liste kann überprüft werden, ob Personen, die dem Kanton nicht bekannt sind, Impfzertifikate ausstellen», so Faisst.

Mittlerweile habe der Bund reagiert. Er wird den Kantonen in Kürze ein regelmässiges Monitoring ermöglichen sowie weitere von den Kantonen geforderte Anpassungen angehen.