Elvedis Sperre wirft hohe Wellen Applaus für den Rotsünder, harsche Kritik für den DFB

Von Luca Betschart

4.5.2022

Nico Elvedi und seine Teamkollegen diskutieren mit Schiedsrichter Petersen über die eben gezückte Ampelkarte.
Nico Elvedi und seine Teamkollegen diskutieren mit Schiedsrichter Petersen über die eben gezückte Ampelkarte.
Bild: Keystone

Nati-Verteidiger Nico Elvedi wird nach einer Notbremse für die letzten beiden Saisonspiele von Borussia Mönchengladbach gesperrt. Der Entscheid wirft hohe Wellen, von den eigenen Fans erhält Elvedi viel Applaus.

Von Luca Betschart

4.5.2022

Im Bundesliga-Duell zwischen Gladbach und Leipzig läuft die 64. Minute, als Innenverteidiger Nico Elvedi gegen RB-Topscorer Christopher Nkunku einen halben Schritt zu spät kommt und mit seiner Grätsche bloss seinen Gegenspieler abräumt. Weil er abgesehen von Landsmann Yann Sommer der hinterste Mann seines Teams ist, ist der Entscheid von Schiedsrichter Martin Petersen schnell gefasst: Freistoss für Nkunku und die direkte Rote Karte für Elvedi.

Der Entscheid ist nachvollziehbar. «Klares Foul, eindeutig die Verhinderung einer offensichtlichen Torchance. (…) Somit ein korrekter Feldverweis», schreiben auch «Collinas Erben», hierzulande eine Instanz in Sachen Schiedsrichter-Wesen und Regeln.

Gladbach-Fans loben Elvedi

Zudem lässt die vom DFB festgesetzte Regel bezüglich der anschliessenden Sperre nur wenig Spielraum. Wer einen Gegenspieler mit einer Notbremse stoppt, wird wegen unsportlichen Verhaltens für zwei Spiele gesperrt. Die einzige Ausnahme tritt in Kraft, wenn unmittelbar beim nachfolgenden Freistoss oder Penalty ein Tor für die gegnerische Mannschaft fällt.

Weil das im Fall von Elvedi aber nicht eintrifft, wird der Schweizer wenig überraschend für die letzten beiden Saisonspiele aus dem Verkehr gezogen und somit vorzeitig in die Ferien geschickt. Und weil Gladbach den Vorsprung gegen Leipzig auch in Unterzahl über die Runden bringt und dank einer Embolo-Show 3:1 gewinnt, wird Elvedi vom eigenen Anhang für seine Aktion in erster Linie gefeiert.

«Es war das Ganze wert. Nico ich bin stolz auf dich», schreibt ein Twitter-User. Ein anderer kommentiert: «Danke Nico, dass du dadurch Schaden verhindert hast. Wer weiss, was sonst noch passiert wäre.» Und ein Dritter meint: «Klar Rot. Aber wenn wir gewinnen, ist Elvedi einfach ein King.»

Ein bitterer Nachgeschmack

Die Fohlen-Anhänger fühlen sich aber ungerecht behandelt. Auslöser dafür ist eine Szene des bereits vorbelasteten Josko Gvardiol aus der 27. Minute, in welcher der Leizpiger Verteidiger Jonas Hofmann unsanft angeht. «Es bleibt halt der bittere Nachgeschmack, dass Gvardiol nach Gelber Karte nochmal sauber auf den Fuss steigen darf und RB die Chance gegeben wird, ihn noch rechtzeitig vom Feld zu nehmen», schreibt ein Fohlen-Fan. In der Tat wird Gvardiol kurz darauf nach nur 33 Minuten vom Feld genommen.

Die Analyse von «Collinas Erben» stützt die Proteste aus dem Gladbacher Lager: «Tritt mit den vorderen Stollen aufs Sprunggelenk, dynamischer Vorgang, vom Trefferbild rücksichtslos, somit eigentlich Gelb-Rot.»

«Der DFB hat das Feingefühl komplett verloren»

So ist wenig verwunderlich, dass einige Gladbacher ihrem Ärger nach der Bekanntgabe der Dauer der Elvedi-Sperre noch einmal freien Lauf lassen. «Lächerlich! Ein Spiel hätte vollkommen gereicht. Ist ja kein Wiederholungstäter», zielt ein Twitter-Kommentar darauf ab, dass der Schweizer bis zu diesem Montag in seiner gesamtem Laufbahn keine einzige Rote Karte kassiert hatte. Ein User pflichtet bei: «Absolut lächerlich. Dieser Gvardiol hätte in der ersten Halbzeit schon fliegen müssen – und das für viel fiesere Fouls. Der DFB hat sein Feingefühl komplett verloren. Das ist die erste Rote Karte in seiner kompletten Gladbacher Spielzeit. Ein Spiel hätte es auch getan.»

Dann hätte Elvedi zumindest im letzten Saisonspiel gegen die TSG Hoffenheim noch einmal ins Geschehen eingreifen können. So aber nimmt die Saison für den 25-Jährigen ein unversöhnliches Ende. Oder etwa nicht? Schliesslich schauen gegen Leipzig schlussendlich ja trotz Unterzahl drei Punkte heraus. Und so schöpft ein Anhänger nach dem vorzeitigen Saison-Aus des Schweizers noch einen ganz anderen Verdacht: «Nico Elvedi wollte einfach früher einen Haken hinter diese Saison machen.»