Das 236. Mailänder Derby war eine einseitige Angelegenheit. Das 2:0 lässt Inter auf den Champions-League-Final hoffen, während Milan nun arg in Rücklage liegt. Die Stimmen zum Spiel.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Inter geht in der Champions League nach einem souveränen 2:0 aus dem Halbfinal-Hinspiel mit besten Karten ins entscheidende Duell gegen Milan.
- Die Milan-Spieler bemängeln die verschlafene erste Halbzeit, geloben aber Besserung. Auch Schlüsselspieler Rafael Leão soll im Rückspiel wieder verfügbar sein.
- Die Inter-Profis sind zwar glücklich über die Leistung, wollen aber noch nichts von einer Vorentscheidung wissen.
Nach einem Gala-Abend steht Inter dicht vor dem ersten Champions-League-Final seit dem letzten Triumph vor 13 Jahren. Im Halbfinal-Hinspiel liessen die Nerazzurri dem Stadtrivalen Milan keine Chance und schafften durch ein 2:0 eine hervorragende Ausgangslage für das zweite Duell am 16. Mai.
75'000 Fans sorgten im San Siro für eine elektrisierende Atmosphäre – und auf der Tribüne hatte sich reichlich Prominenz versammelt. Der Tennis-Weltranglistenerste Novak Djokovic plauderte mit Altstar Zlatan Ibrahimovic, auch frühere Fussballgrössen wie Andrej Schewtschenko, Andrea Pirlo oder Sion-Star Mario Balotelli liessen sich das Mailänder Spektakel nicht entgehen.
«Wir sind schlecht in das Spiel gestartet. Die ersten 25, 30 Minuten hatte Inter das Spiel vollkommen unter Kontrolle. Wir kamen gar nicht zum Zug. Sie waren gieriger, haben die Zweikämpfe angenommen. Wir waren nur Zuschauer», sagte der deutsche Milan-Verteidiger Malick Thiaw, der in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde: «Die Stimmung war unglaublich. Es tut mir leid für die Milan-Fans, dass wir so eine Leistung abgeliefert haben. Im Rückspiel müssen wir All-in gehen.»
Leão schmerzlich vermisst – auch Bennacer droht Aus
Die Rossoneri hoffen dann auf den Einsatz von Flügelstürmer Rafael Leão, der im Hinspiel wegen einer Adduktorenblessur fehlte. Bis nächsten Dienstag (21 Uhr live auf blue TV) will der pfeilschnelle und gefährliche Angreifer wieder fit sein. Auch Thiaw vermisste den portugiesischen Unterschiedsspieler: «Unser Spiel hängt von Rafael Leão ab.»
Zwei positive Meldungen gab es für die Milan-Fans: Leão soll einerseits für das Rückspiel wieder fit sein, zudem soll die Vertragsverlängerung mit dem designierten Superstar bald verkündet werden.
Mehr Sorgen bereitet Milan Mittelfeldstratege Ismael Bennacer, der gegen Inter wegen einer Knieverletzung früh ausgewechselt wurde. «Er hat ziemlich grosse Schmerzen im Knie», berichtete Coach Pioli. Der Algerier verliess das San Siro an Krücken.
Fikayo Tomori tat sich derweil schwer, die schlechte Einstellung der Mailänder in der ersten Halbzeit zu erklären: «Wir haben schnell zwei Tore kassiert und gegen eine Mannschaft wie Inter ist es schwierig, sich davon zu erholen», meinte der Engländer. «Wir sind enttäuscht, weil wir verloren haben – wir hätten mehr tun müssen, aber es ist nur das erste Spiel, also müssen wir im Rückspiel mehr und besser machen.»
Sie müssten nun weiterhin an den Final glauben. «Wenn wir mit Intensität und Qualität spielen, können wir ihnen Probleme bereiten», so der 25-jährige Innenverteidiger.
Auch sein Chef Pioli will den Schock nach dem 0:2 überwinden und sich für das zweite Aufeinandertreffen motivieren. «Da brauchen wir ein grosses Spiel», hält der 57-Jährige fest. Er bleibe optimistisch. «Ich kenne meine Mannschaft, meine Spieler und ich weiss, was wir können.»
Inzaghi setzt auf Dzeko statt Lukaku – und wird belohnt
Sein Kontrahent Simone Inzaghi fordert nach dem souveränen Auftritt auch im zweiten Duell vollste Konzentration. «Wir müssen mit dieser Einstellung weitermachen», betonte der 47-Jährige. «Es fehlt noch ein Stück, um uns einen Traum zu erfüllen, den wir seit August haben.» Inzaghi meinte das Endspiel der europäischen Königsklasse in Istanbul, das die Schwarzblauen 13 Jahre nach dem bislang letzten Erfolg 2010 wieder erreichen können. Die Ausgangslage ist nach einem «aussergewöhnlichen» Auftritt im Hinspiel hervorragend.
«Die Jungs wissen, was zu tun ist», meinte Inzaghi und erinnerte an den Viertelfinal, als Inter ebenfalls im Hinspiel auswärts bei Benfica Lissabon ein 2:0 holte und den Grundstein legte zum Weiterkommen – das Rückspiel ging 3:3 aus, Inter lief dabei aber zu nie Gefahr, auszuscheiden.
«Wir müssen dranbleiben», betonte Edin Dzeko vor dem Rückspiel. Der Stürmer traf in der 8. Minute zur Führung. Damit mutierte der 37 Jahre und 54 Tage alte Bosnier zum zweitältesten Torschütze in der K.o.-Phase der Champions League – älter war nur Ryan Giggs für Manchester United 2011 im Halbfinal gegen Schalke (37 Jahre und 148 Tage).
«Die ganze Mannschaft war Feuer und Flamme, denn man spielt nicht jedes Jahr ein Champions-League-Halbfinale. Wir waren von der ersten bis zur letzten Minute konzentriert und am Ende wurden wir dafür belohnt», so Dzeko, der den Vorzug gegenüber Romelu Lukaku erhielt. Dzeko resümiert: «Manchmal fallen die Tore nicht und die Leute reden nur darüber, aber ich bringe mehr als nur Tore in die Mannschaft. Ich arbeite hart für meine Teamkollegen und habe das Tor geschossen, aber auch während des gesamten Spiels wichtige Arbeit für die Mannschaft geleistet.»
Auch in der Serie A ein Fernduell zwischen Inter und Milan
Zum «Man of the Match» wurde der andere Torschütze gewählt, Henrikh Mkhitaryan. «Von der ersten Minute an hatten wir diesen extremen Hunger, das Spiel zu gewinnen, was wir in der ersten Halbzeit bewiesen haben», schwärmte der Armenier. Die Arbeit sei noch nicht getan, sie hätten nächste Woche ein grosses Spiel vor sich, so der 34-jährige Mittelfeldspieler, der sich bescheiden über die Auszeichnung zeigte: «Das Lob gebührt meinen Mannschaftskameraden, nicht nur mir.»
Francesco Acerbi warnte vor zu viel Euphorie. «Wir haben in der zweiten Halbzeit nicht gut angefangen, wir hätten ein Tor kassieren können, also müssen wir im Rückspiel aufpassen. Wir haben heute zwei Tore geschossen, aber sie könnten beim nächsten Mal das Gleiche tun», meinte der 35-jährige Verteidiger. Zumal auch Milan-Star Rafael Leão im Rückspiel wieder dabei sein könnte. «Das ist ein Mehrwert für sie, denn er ist ihr bester Spieler», so Acerbi.
Lautaro Martinez – der beim Stand von 2:0 mit einer Schwalbe fast einen Penalty herausgeholt hatte, bevor sich der VAR meldete – hielt fest: «Wir hatten die richtige Einstellung. Die zwei Tore haben uns die nötige Gelassenheit gegeben, aber wir hätten in der zweiten Halbzeit besser spielen müssen, weil wir die Intensität gesenkt haben.»
«Es ist ein wichtiges Ergebnis für uns, aber die Arbeit hat gerade erst begonnen. Es ist ein Derby und Details machen immer den Unterschied aus. Wir müssen jetzt an die Serie A denken, dann werden wir uns auf das Rückspiel konzentrieren», so der argentinische Angreifer.
In der Meisterschaft empfängt das auf vier rangierende Inter am Samstag Sassuolo, während die fünftplatzierten Milan gleichentags bei Spezia gastiert. Die beiden Mailänder Teams duellieren sich in der Serie A um die Champions-League-Plätze. Falls ein Team sich den Titel in der Königsklasse schnappen kann, wäre der Gewinner praktischerweise automatisch für die Champions League qualifiziert.