Im Lager der Schweizer Delegation in Leeds grassiert ein Virus. Nationaltrainer Nils Nielsen spricht über die Stunden in Isolation und die erschwerte Matchvorbereitung auf die Partie gegen Schweden.
Nils Nielsen, wie geht es Ihnen? Sind Sie gesund?
Ja, ich habe keine Probleme. Wenn Sie helfen wollen, können Sie gern etwas Toilettenpapier ins Hotel schicken (schmunzelt).
Was ist seit Sonntagnachmittag passiert?
Ich wusste, dass sich einige Spielerinnen nicht so gut fühlen, weil es mir unser Teamarzt Martin Schober gesagt hatte. Aber als er mich dann um Mitternacht angerufen und gesagt hat, dass wir am Montag nicht trainieren können, wusste ich, dass es etwas Ernsteres ist.
Und dann?
Wir mussten die Situation der UEFA melden, die uns dann zusammen mit den lokalen Behörden sagte, dass wir uns im Hotel isolieren müssen für mindestens 24 Stunden. Wir wussten nicht, was für ein Virus es ist, und ich weiss ehrlich gesagt immer noch nicht genau, was es ist. Aber ich weiss, dass es vielen Leuten, die mir etwas bedeuten, gerade nicht gut geht, und dass sie dabei alleine in ihrem Zimmer sitzen müssen.
Acht Spielerinnen, darunter mit Eseosa Aigbogun und Rahel Kiwic zwei, die gegen Portugal in der Startformation gestanden haben, sowie elf Staffmitglieder liegen mit Magendarm-Infekt flach. Am Mittwoch steht bereits das Gruppenspiel gegen Schweden an. Wie kann man sich da überhaupt vorbereiten?
Wir haben ein Online-Teammeeting gemacht und versucht, uns taktisch vorzubereiten. Das kann man ja gut online machen. Aber es ist nicht dasselbe. Wir können nicht einmal zusammen essen. Wie sollen wir denn so ein Team sein? Es kann immer vorkommen, dass ein Training zum Beispiel wegen eines Gewitters nicht stattfinden kann. Aber dann kann man etwas anderes zusammen machen. Jetzt dürfen wir uns nicht im selben Raum aufhalten. Heute (Montag) wäre der einzige Tag vor dem Spiel gewesen, wo wir auch taktisch hätten trainieren können. Ich habe den ganzen Tag Videos verschickt mit verschiedenen Spielsituationen, um aufzuzeigen, wie wir spielen wollen.
Müssen Sie aufgrund der Umstände in jedem Fall antreten?
Wenn sieben Spielerinnen einsatzfähig sind, müssen wir spielen. Wenn nicht, gewinnt Schweden Forfait. Das sind die Regeln.
Finden Sie das gerecht?
Das spielt keine Rolle. Ich kann die Regeln nicht ändern. Jetzt haben wir immer noch 15 Spielerinnen zur Verfügung. Vielleicht sehen wir ein Spiel 11 gegen 11. Das würde mich freuen (schmunzelt). Natürlich würde es nicht wirklich ein Spiel geben, wenn wir nur mit sieben antreten könnten. Aber ich bin immer noch zuversichtlich, dass wir alle Spielerinnen verfügbar haben werden.
Eine gute Matchvorbereitung ist das nicht.
Nein. Nicht, wenn man entweder auf oder vor der Toilette sitzen muss. Ich kann mir zumindest Besseres vorstellen, das auch weniger stinkt.
Am Dienstag stünde das Abschlusstraining in Sheffield auf dem Programm. Kann das wie geplant stattfinden?
Ich hoffe, dass wir keine neuen Fälle bekommen. Dann können wir das letzte Training wie geplant in Sheffield machen und uns vorbereiten. Ansonsten könnten wir erst am Matchtag reisen, und das wäre wohl eine schlechte Idee. Aber daran denke ich jetzt nicht. Jetzt denke ich, dass morgen die Sonne scheint und alles wieder gut ist.
In diesem Turnier hatte die SFV-Delegation schon mit anderen Widrigkeiten zu kämpfen. Spielerinnen verletzten sich zu ungünstigem Zeitpunkt, der Trainingsplatz musste gewechselt werden, und im ersten Spiel gab man eine 2:0-Führung preis. Wie enttäuscht sind Sie über den Turnierverlauf?
Ich bin nicht enttäuscht. Noch nicht. Weil sich an der Ausgangslage nicht viel geändert hat. Ja, in der zweiten Halbzeit gegen Portugal haben wirs verspielt. Aber wir müssen so oder so gegen einen Grossen gewinnen. Mit all diesen Dingen, die passiert sind, wird das nicht einfacher, aber auch nicht unmöglich. Egal wer spielt, an unserer Einstellung wird sich nichts ändern. Wenn wir elf Spielerinnen aufs Feld schicken können, können wir Schweden schlagen, auch wenn wir vielleicht improvisieren müssen, wenn eine Spielerin nicht einsatzfähig ist.