Aarau-Fan im Interview «Man hat etwas vorgelebt, das es im Schweizer Fussball sonst nicht gibt»

Patrick Lämmle

25.5.2019

Trotz dem katastrophalen Saisonstart hielt man in Aarau an Trainer Patrick Rahmen fest.
Trotz dem katastrophalen Saisonstart hielt man in Aarau an Trainer Patrick Rahmen fest.
Bild: Keystone

Gewinnt Aarau am Sonntag das Heimspiel gegen Rapperswil-Jona steht der Traditionsverein in der Barrage und trifft dort auf Xamax. Ein Aarau-Fan erklärt «Bluewin», was für den Aufstieg seines Herzensvereins spricht.


Teleclub überträgt die Partie Aarau – Rapperswil-Jona am Sonntag live im Free-TV (ab 15:45 Uhr). Auf der Webseite von Teleclub Zoom können Sie das Spiel auch im Live-Stream verfolgen.


Aarau ist mit sechs Niederlagen miserabel in die Saison gestartet und war nach dem 13. Spieltag noch Tabellenletzter. Wie hat sich das angefühlt?

In der Vorbereitung lief es im Nachhinein betrachtet wohl zu gut. Wir haben GC (2:1), Thun (3:2) und Basel (4:1) geschlagen. Mit entsprechend viel Selbstvertrauen gingen die Spieler in die Saison, in den ersten drei Spielen war die Leistung eigentlich gut und doch stand man mit 0 Punkten da. Dann gerätst du in diese Negativspirale und nichts geht mehr. Phasenweise haben sie so schlecht gespielt, da musste man fast schon masochistisch veranlagt sein, um die Spiele zu schauen.

Und jetzt kann Aarau aus eigener Kraft die Barrage erreichen. In der Rückrunde hat das Team von Patrick Rahmen elf Spiele gewonnen, fünf Mal Remis gespielt und nur einmal verloren? Wie war das möglich?

Da gibt es verschiedene Faktoren. Am wichtigsten war, dass Sportchef Sandro Burki geduldig geblieben ist. Man hat etwas vorgelebt, das es im Schweizer Fussball sonst nicht gibt. Man hat Vertrauen gehabt ins Personal, in die Spieler und in den Trainer. Kein anderer Verein in der Schweiz hätte nach diesem Horror-Start am Trainer festgehalten. Doch diese Kontinuität hat sich ausgezahlt, das freut mich am meisten.

Gibt es noch andere Gründe für die wundersame Wiederauferstehung?

Nach dem miserablen Start hat Burki reagiert und mit Stefan Maierhofer einen bulligen und erfahrenen Stürmer verpflichtet. Mit ihm kam bald der Aufschwung, Aarau hat ja schon gegen Ende der Vorrunde eine Siegesserie gestartet. Er ist sicher auch in der Garderobe ein wichtiges Element. Und im Winter holte man dann auch noch Markus Neumayr auf Leihbasis. Dank den beiden ist Qualität in der Mannschaft noch einmal deutlich gestiegen. Auch die beiden YB-Leihgaben Nicolas Bürgy und Linus Obexer haben mir extrem gut gefallen in dieser Saison. Hoffentlich bleiben sie in Aarau.

Dabei war der grosse Hoffnungsträger eigentlich Marco Schneuwly…

Ja, und dann hat er sich früh in der Saison verletzt. Er hat uns noch nicht das gebracht, was wir uns erhofft haben. Aber ich bin sicher, dass er das in der nächsten Saison tun wird.

Die Barrage ist zum Greifen nah, zuletzt hat Aarau aber gegen Kriens (1:1) und Chiasso (1:0-Zittersieg) nicht überzeugt. Jetzt spielt man wieder gegen einen Kleinen. Und Rapperswil-Jona wird alles reinwerfen, da sie gegen den Abstieg kämpfen. Ist die Barrage in Gefahr?

Gegen Kriens waren wir erstmals die Gejagten, das machte es schwierig. Und dann haben mit Elsad Zverotic und Nicolas Bürgy auch noch zwei wichtige Spieler in der Achse gefehlt. Es ist immer einfacher in der Rolle des Jägers, aber ich glaube die Jungs packen es. Rappi spielt eine schwache Rückrunde und es werden 6000 Fans erwartet. Die Fans werden das Team zum Sieg tragen.

Wenn es so kommt, steht Aarau in der Barrage. Mit Xamax wartet ein Team, das ebenfalls eine gute Rückrunde gespielt hat. Wer ist Favorit?

Xamax ist klarer Favorit, sie haben wirklich eine gute Rückrunde gespielt. Und dann ist da noch dieser Kunstrasen in Neuenburg. Andererseits hat Aarau nichts zu verlieren, niemand im Verein fordert den Aufstieg und das kann befreiend wirken. Ich denke, es ist auch ein Vorteil, dass man zuerst auswärts spielen wird oder sagen wir lieber mal noch würden. Noch ist Aarau nicht für die Barrage-Spiele qualifiziert.

Träumen darf man aber immer, auch vom Aufstieg…

Ich würde mich riesig freuen, wenn wir aufsteigen würden. Aber das kommt jetzt vielleicht überraschend: Wenn’s nicht reicht, dann bricht definitiv keine Welt zusammen. Mir ist es viel wichtiger, dass ich eine Mannschaft sehe, die gut und vor allem mit viel Leidenschaft spielt. Die Ligazugehörigkeit spielt da eigentlich keine Rolle. Das unterscheidet meiner Meinung nach auch den richtigen Fan vom Modefan. Und Modefans gibt es in Aarau viele. Wenn’s nicht läuft, dann sind sie sehr kritisch und kommen nicht mehr ins Stadion. Läuft's rund, dann holen sie ihre Trikots aus dem Keller und strömen in Scharen ins Stadion. In der Challenge League gibt es kein Team, das eine vergleichbare Euphorie entfacht. Jetzt schauen wir einfach, was passiert.

Lucas Helmink ist seit Kindheitstagen Aarau-Fan. Wenn er nicht selbst die Schuhe schnürt und um Punkte kämpft, dann ist er immer im Stadion. Er war dabei als Aarau in der Saison 1992/93 den Schweizer Meistertitel gewonnen hat und er hielt dem Verein bis heute die Treue, auch in der Challenge League. Ein echter Fan eben, in guten wie in schlechten Zeiten.

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