Zeit für den KaderschnittZeit für den Kaderschnitt – Teil 2: Warum Lichtsteiner zurücktreten soll und wer seine Position übernehmen könnte
Syl Battistuzzi
6.7.2018
Das Kapitel «WM 2018» ist für die Schweiz abgeschlossen, das Resultat bekanntermassen ernüchternd. Nun wird es Zeit für einen sanften Umbruch. Einige ältere Spieler müssen sich zurückziehen, um Platz für talentierte Junge zu schaffen. Denn was bei einem verpassten Kaderschnitt passiert, ist bei Titelverteidiger Deutschland zu sehen. Deshalb hier eine Vision für die nächste Mission. Heute nehmen wir die Rechtsverteidiger unter die Lupe.
Rechter Verteidger
Aktuell im WM-Kader:
Stephan Lichtsteiner (34)
Der Captain musste von der Tribüne hilflos mitansehen, wie sein Team emotionslos gegen disziplinierte Schweden unterging. Mit Lichtsteiner an Bord wäre die Nati vielleicht nicht spielerisch besser gewesen, dafür hätte der ehrgeizige Routinier sicher mehr Feuer in die Affiche gebracht. Lichtsteiner verlässt nach sieben Jahren Juventus Turin und sucht bei Arsenal ein neues Abenteuer. Er hat nach dem WM-Aus angekündigt, sich Gedanken über seine Zukunft machen zu wollen. Für Lichtsteiner ist nun die Zeit gekommen, einem Jüngeren Platz zu machen. Auf seiner Position stehen dafür mehrere valable Kandidaten zur Verfügung. Ansonsten geht für seine Ersatzleute viel wertvolle Zeit verloren.
Michael Lang (27)
Im Achtelfinale durfte Michi Lang den gesperrten Lichtsteiner vertreten. Leider konnte er dabei nicht so viele offensive Akzente setzen, wie man es von ihm im Basel-Trikot gewohnt war. Ob es die grosse WM-Bühne war, die ihn hemmte oder ob das internationale Niveau doch zu hoch war, bleibt unklar. Beim FCB überzeugte er auch jeweils auf der europäischen Bühne mit seiner Power. Mit dem Transfer zu Mönchengladbach wird man sehen, wo sein Leistungslimit liegt. Falls Lang sich bei den Fohlen durchsetzen kann, ist er wohl erster Kandidat für die Nachfolge von Lichtsteiner. Auf seiner Position muss er aber konstant Leistung abliefern, andernfalls rückt ihm die jüngere Konkurrenz auf die Pelle.
Mögliche Alternativkandidaten:
Silvan Widmer (25)
Erneut hat Silvan Widmer im Trainingslager gegen Michi Lang den Kürzeren gezogen. Das Pech des Udinese-Legionärs ist, dass sein Hauptkonkurrent seine Stärken ebenfalls in der Offensive hat. Der Verbleib von Widmer im Friaul ist unsicher. Falls er bei einem grossen Verein Unterschlupf findet und dort regelmässig zum Zug kommt, könnte er vielleicht an Lang vorbeiziehen.
Kevin Mbabu (23)
Mit seinen Rushes im rechten Couloir hatte Kevin Mbabu grossen Anteil am YB-Höhenflug. Der ehemalige Newcastle-Profi hat in Bern grosse Fortschritte gemacht und klopft an der Nati-Türe. Für eine Nominierung hat es bisher noch nicht gereicht. Falls er seine Power weiterhin beibehält, dürfte Mbabu bald in einer Top-Liga zu bewundern sein. Trotz grosser Konkurrenz auf seiner Position darf er sich dank seines Talents berechtigte Hoffnungen machen, den Posten von Lichtsteiner zu übernehmen.
Florent Hadergjonaj (23)
Der Vorgänger von Kevin Mbabu bei YB ist aktuell bei Huderfield Town unter Vertrag und ist dort zum besten Nachwuchsspieler des Jahres gewählt worden. Als Stammspieler in der Premier League ist natürlich auch Hadergjonaj, der bisher einmal im Natitrikot auflief, ein Thema für Petkovic. Ob er an der grossen Konkurrenz vorbeikommt, ist trotzdem fraglich.
Im Blickfeld:
Numa Lavanchy (24)
Ebenfalls nur Aussenseiterchancen darf sich Numa Lavanchy ausrechnen. Der nur 1,74 grosse Waadtländer fällt mit seinem Speed auf den einheimischen Plätzen positiv auf. So sorgt er bei den Grasshoppers auch offensiv immer wieder für Glanzlichter. Trotz seiner Physis ist Lavanchy im Zweikampf robuster als man vermuten würde. Ob sein Potenzial nicht nur für mehr als die Super League, sondern auch für die Nati reicht, wird die Zukunft weisen.
Saidy Janko (23)
Der ehemalige Junior von Manchester United will mit dem Transfer zu Porto endlich seine Karriere richtig lancieren, nachdem sie das letzte Halbjahr bei Saint-Ètienne ins Stocken geriet. Wahrscheinlich dürfte der Sprung zum portugiesischen Spitzenclub zu gross sein. Janko wird sich möglicherweise in die Kategorie der zurückgekehrten «Supertalente» à la Jonas Elmer und Martin Angha einreihen.
Fazit:
Lichtsteiner könnte sich freiwillig zurückziehen. Sein Rücktritt wäre dabei nicht a priori aus Leistungsgründen, sondern mit Gedanken an seine Nachfolger zu verstehen. Denn auf seiner Position stehen viele valable Kandidaten in den Startlöchern bereit, in seine (grosse) Fussstapfen zu treten. Nirgendwo sonst auf dem Feld verfügt die Schweiz über so eine Dichte an Spielern. Dabei sind Lang und Widmer praktisch auf Augenhöhe. Vielleicht wird sogar Kevin Mbabu der lachende Dritte.
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