Champions League Das eine Spiel, das jeden Liverpool-Fan vom Wunder träumen lässt

jar

7.5.2019

Liverpool braucht im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Barcelona nach der 0:3-Hinspielpleite ein kleines Fussballwunder. Eines wie vor 14 Jahren in dieser magischen Nacht von Istanbul. Ein Rückblick.

Wir schreiben den 25. Mai 2005. Liverpool trifft im Champions-League-Final auf den grossen AC Mailand. Die «Reds» sind gegen das Starensemble aus Mailand um Torjäger Andrij Schewtschenko, Spielmacher Kaka und Abwehrboss Paolo Maldini der grosse Aussenseiter. Milan hat die Königsklasse erst zwei Jahre zuvor zum letzten Mal gewonnen, Liverpool wartet seit mehr als 20 Jahren auf einen Triumph.

Und so scheint der Final dann auch früh die erwartete Richtung zu nehmen. Es sind noch keine 60 Sekunden gespielt, als Maldini die Italiener nach einer Pirlo-Flanke in Führung schiesst. Liverpool erholt sich nur schwer von diesem Schock und hat Glück, dass Luis Garcia mit einer Rettungsaktion auf der Linie den frühen 0:2-Rückstand verhindert. Und dass Schewtschenko beim vermeintlichen 2:0 wenige Zentimeter im Abseits steht.

Die Engländer hängen schon in der ersten Halbzeit in den Seilen und sind vom hohen Tempo der Mailänder überfordert. Und so kommt es, wie es kommen muss: Hernan Crespo schiesst in der 39. Minute das längst überfällige 2:0. Und der Argentinier schnürt noch vor dem Pausentee den Doppelpack: Kaka mit einem perfekten Pass in die Schnittstelle und Crespo überlupft Liverpool-Keeper Jerzy-Dudek – 3:0. Das Team von Carlo Ancelotti hat alles im Griff, die Partie scheint schon zur Halbzeit entschieden.

«Die beste Ansprache, die ich je gehört habe»

«Es steht 3:0, jetzt müssen wird kämpfen», sagt Liverpool-Coach Rafa Benitez seinen Spielern in der Halbzeit-Pause. Der Spanier versucht, sich noch an einem Strohhalm festzuklammern, damit die Hoffnung nicht verloren geht: «Wir haben jetzt nichts mehr zu verlieren. Wenn wir cool bleiben, können wir ein Tor schiessen. Und dann sind wir zurück im Spiel.» Das Team würde den Fans, die den weiten Weg nach Instanbul auf sich genommen haben, etwas schulden. «Wir sind Liverpool, vergesst das nicht!  Wir dürfen den Kopf nicht hängen lassen. Wenn ihr daran glaubt, können wir es schaffen. Gebt euch selbst eine Chance, um Helden zu sein.»

Captain Steven Gerrard legt noch einen obendrauf: Er schickt den Trainerstaff inklusive Benitez aus der Kabine und hält laut Djibril Cissé «die beste Captain-Rede, die ich je gehört habe». Gerrard: «Ich will nicht sehen, wie mein Klub vorgeführt wird! Wenn wir in den ersten 15 Minuten treffen, gewinnen wir dieses Spiel.»

Ausgerechnet Gerrad ist es dann, der in der 54. Minute durch einen wuchtigen Kopfball aus elf Metern für Liverpool verkürzen kann. Die Hoffnung ist zurück. Und die «Reds» powern weiter: Nur zwei Minuten später zieht Vladimir Smicer aus 20 Metern ab und erwischt Dida in der unteren Ecke – nur noch 2:3. Und nur wenigen Augenblicke danach taucht Gerrard plötzlich ganz alleine vor Dida auf. Gattuso hält in zurück und verhindert so einen Abschluss – Schiedsrichter Manuel Gonzalez pfeift Elfmeter. Xabi Alonso scheitert zunächst an Dida, verwandelt dann aber den Nachschuss. Unglaublich, Liverpool kommt innert nur sechs Minuten vom 0:3 zum 3:3.

Das verrückte Spiel geht in die Verlängerung. Und da hat Schewtschenko noch einmal die Riesenchance auf den Sieg: Dudek hält zunächst den Kopfball des Ukrainers und bringt beim Nachschuss irgendwie noch die Hände in die richtige Position. Eine unglaubliche Parade.

Dudeks mirakuläse Rettungsaktion gegen Schewtschenko.
Dudeks mirakuläse Rettungsaktion gegen Schewtschenko.
Gif: Youtube

Der Final geht ins Penaltyschiessen. Und da avanciert Dudek endgültig zum Matchwinner. Erst schiesst Serginho übers Tor, dann pariert der Pole die Versuche von Pirlo und Schewtschenko. Liverpool hat tatsächlich noch gewonnen. Spätestens nach dem 0:3 zur Pause hätte das niemand mehr für möglich gehalten.

Fast die gleiche Ausgangslage gegen Barcelona

Der Final von 2005 kann Liverpool am Dienstagabend einen Hoffnungsschimmer geben. Denn die Vorzeichen sind beim Halbfinal-Rückspiel gegen Barcelona fast die gleichen wie vor 14 Jahren: Wieder sind die «Reds» die Aussenseiter – durch die Ausfälle von Mohamed Salah und Roberto Firmino sowieso. Und wieder steht's zur «Halbzeit» 0:3. 

Vielleicht hat Jürgen Klopp ja noch mit Benitez und Gerrard telefoniert. Vielleicht wird er versuchen, seine Profis heute Abend in der Kabine mit den gleichen Worten aufzupushen. Auf jeden Fall wird er Shaqiri und Co. an den epischen Final von 2005 erinnern. Denn dieser hat dem Fussball eines gelehrt: Die Hoffnung stirbt zuletzt.



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