Ein Jahr nach Männer-Turnier Will Saudi-Arabien auch die Frauen-WM 2035 durchführen?

SB10/DPA

20.10.2023

 Fussball-WM 2035 der Frauen in Saudi-Arabien?

Fussball-WM 2035 der Frauen in Saudi-Arabien?

Monika Staab macht sich für eine Fussball-WM der Frauen in Saudi-Arabien stark. Die saudische Verbandsfunktionärin glaubt, dass das Land bis 2035 bereit für eine Austragung des Turniers sei.

20.10.2023

Saudi-Arabien ist in der Pole-Position für die Fussball-WM der Männer 2034. Nur ein Jahr später könnten auch die Frauen im umstrittenen Wüstenstaat spielen. 

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20.10.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Saudi-Arabien plant die Austragung der Männer-WM 2034. 
  • Ein Jahr später soll im Wüstenstaat auch die Frauen-WM stattfinden, wenn es nach Verbandsfunktionärin Monika Staab geht. 
  • Dabei durften Frauen im fussballverrückten Land bis zum Jahr 2018 nicht Auto fahren, erst seit 2019 ist es ihnen erlaubt, auch ohne Genehmigung ihres Vormunds das Land zu verlassen.

Die FIFA verkündete kürzlich, die WM der Männer solle 2030 in sechs Ländern auf drei Kontinenten ausgetragen werden. Die ersten drei Spiele sollen in Uruguay, Argentinien und Paraguay stattfinden, der Rest findet in Marokko, Spanien und Portugal statt. Die Entscheidung muss zwar noch vom FIFA-Kongress abgesegnet werden, das gilt aber als Formsache.

Da der Weltverband vor einigen Jahren ein Rotationsverfahren einführte, können sich für das 2034er-Turnier der Männer nur Nationen aus Asien und Ozeanien bewerben. Als klarer Favorit gilt dabei Saudi-Arabien, welches seine Absichten fast unmittelbar im Anschluss mitteilte.



Die Saudis haben nicht nur die finanziellen Mittel, um das grösste Turnier im Weltsport austragen zu können. Auch politisch sind sie mit vielen wichtigen Entscheidungsträgern vernetzt, um ihre Ziele in die Tat umsetzen zu können. Allen voran FIFA-Präsident Gianni Infantino kennt keine Berührungsängste mit den saudischen Machtträgern.

Gründe für eine Ablehnung als Ausrichter gebe es derweil genug. Das Land im Mittleren Osten steht aufgrund von Menschenrechtsverletzungen stark in der Kritik. So belegt der Staat beispielsweise laut einem WEF-Bericht bezüglich der Frauenrechte einen der weltweit letzten Plätze.

Saudi-Arabien lockt mit viel Geld

Doch Saudi-Arabien kümmert sich nicht um solche Details. Lieber sollen neben Star-Spielern – Cristiano Ronaldo, Neymar oder Sadio Mané folgten dem Lockruf des Geldes – noch Grossanlässe her, um der Welt zu zeigen, was für eine wichtige Stellung man innehat. 

Karim Benzema und Roberto Firmino begegnen sich in der Wüste wieder.
Karim Benzema und Roberto Firmino begegnen sich in der Wüste wieder.
IMAGO/MB Media Solutions

Der saudische Staatsfonds hat eine Firma namens SRJ Sports Investments ins Leben gerufen, um «in den Erwerb und die Entwicklung neuer geistiger Eigentumsrechte für Sportveranstaltungen, kommerzieller Rechte an populären und bedeutenden Sportwettkämpfen und die Ausrichtung grosser globaler Veranstaltungen in Saudi-Arabien investieren». Die Formel 1 führt etwa bereits in der Hafenstadt Dschidda Rennen durch.

Nun steht bei den Scheichs offenbar zur Debatte, nach der Männer-WM 2034 ein Jahr darauf auch die Frauen-WM zu organisieren. Wenn es nach Monika Staab geht, keine utopische Vorstellung. Die 64-jährige Deutsche ist eine der erfolgreichsten Trainerinnen der Welt und ist seit 2021 beim saudischen Verband angestellt. 

«Wahnsinn, wie Saudi-Arabien Frauen-Fussball fördert»

«Ich glaube, dass das saudi-arabische Frauen-Team in zehn Jahren eine grosse Zukunft hat – ich habe ihnen gesagt, dass es Zeit braucht, um an der Weltmeisterschaft teilzunehmen. Ich weiss, dass sie die WM der Männer ausrichten wollen, warum also nicht auch die WM der Frauen im Jahr 2035?» fragt die Pionierin im Frauen-Fussball. «Sie werden den AFC (Frauen-Asien-Pokal der Frauen – d. Red.) 2026 ausrichten wollen. Wir bereiten also jetzt eine Mannschaft vor, die zumindest auf diesem Niveau mithalten kann. Und natürlich ist die Liga etwas, das für die Entwicklung unserer Nationalspielerinnen in Saudi-Arabien wichtig ist.»



Denn wie bei den Männern soll die einheimische Meisterschaft mit ausländischen Top-Spielerinnen aufgewertet werden. «Ich will nicht zu viel verraten, aber es gibt Gerüchte, dass ungefähr vier, fünf Weltklassespielerinnen, die auch an der WM teilnehmen, nach Saudi-Arabien gehen», verriet Staab im Deutschlandfunk-Podcast «Players» (via Spiegel). Im vergangenen Oktober startete eine Premier League der Frauen mit acht Teams.

Fussballverrückte Fans in der Saudi Pro League.
Fussballverrückte Fans in der Saudi Pro League.
IMAGO/MB Media Solutions

Staab ist begeistert, welchen Stellenwert Frauen-Fussball in ihrer Wahlheimat hat. «Wahnsinn auch, wie sehr Saudi-Arabien auch den Frauen-Fussball fördert. Ich war eineinhalb Jahre in Katar, da habe ich dieses Fussballfieber nicht gespürt. Genauso wenig in Bahrain. Aber hier identifiziert sich jeder – Männer und Frauen gemeinsam im Stadion – mit Fussball. Das merke ich am eigenen Leib», betonte Staab in einem Interview der Mediengruppe Münchner Merkur tz.

Grenzenlose Euphorie – trotz schwieriger Ausgangslage

Die 64-Jährige, die in ihrer Laufbahn den Frauen-Fussball in vielen Ländern gefördert hat, war in Saudi-Arabien zunächst Nationaltrainerin und ist nun als technische Direktorin tätig. «Meine Nationalspielerinnen kennen die Champions League auswendig. Die wissen mehr als ich über den Männer-Fussball. Die gucken fast jedes Spiel. Sie sind von klein auf mit einem Verein liiert – vergleichbar mit Schalke oder Dortmund. Ihre kompletten Familien sind fussballbegeistert», so Staab.

Auch sie selbst werde häufig erkannt und um Selfies gebeten. «Inzwischen bin ich 54 Jahre im Frauen-Fussball tätig. Aber so etwas habe ich noch nie erlebt», sagte die Trainerin. Saudi-Arabien hat Frauen zuletzt mehr Rechte eingeräumt. So dürfen Frauen seit 2018 unter anderem Auto fahren und als Zuschauerinnen zu Fussballspielen ins Stadion. In Saudi-Arabien gilt eine besonders konservative Lesart des Islams, die die Rechte von Frauen beschneidet.

Vollverschleierte weibliche saudische Fans an der WM in Katar.
Vollverschleierte weibliche saudische Fans an der WM in Katar.
IMAGO/Ulmer/Teamfoto