Kolumne am Mittag Granit Xhaka ist ein kleiner Fisch unter den Sonnenkönigen

Von Carlotta Henggeler

18.6.2021

Frisur hält, aber der Match ist kein Grund zur Freude: Von Granit Xhaka haben sich viele Fans für das Spiel gegen Italien mehr erhofft.
Frisur hält, aber der Match ist kein Grund zur Freude: Von Granit Xhaka haben sich viele Fans für das Spiel gegen Italien mehr erhofft.
Keystone

Der wasserstoffblondierte Granit Xhaka mag egozentrisch wirken. Dabei folgt der Nati-Spieler einer alten Fussballer-Tradition: jener der Sonnenkönige auf dem Rasen. Und er ist in guter Gesellschaft. David Beckham, Ronaldo und Gilbert Gress – ein paar der grössten Diven ever.

Von Carlotta Henggeler

18.6.2021

Anpfiff im legendären Stadio Olimpico in Rom, Schweiz gegen Italien, mein Puls ist hoch, das Handy piepst: «Schaust du gerade Ungarn gegen Portugal? Ich glaube Ronaldo spielt neu für Gucci.» 

Ein simpler Witz, der das Phänomen von Granit Xhaka und einiger seiner Kollegen genau auf den Punkt bringt. Coiffeur, Manicure, Pedicure, Stylist und das Special-Edition-Rennauto für Cristiano Ronaldo, man hat das Gefühl, der Fussball wird immer mehr zur schönen Nebensache. 

Die Antwort ist bubieinfach: Die Ronaldos und Messis dieser Welt verdienen einfach viiiiel zu viel. Granit Xhaka erzielt laut «Fussballtransfers.com» bei Arsenal ein Jahresgehalt von 5,7 Millionen Euro – in Franken: 6,2 Millionen. 



Sorry, jetzt bin ich etwas abgeschweift. Zurück auf den grünen Teppich zu Xhaka und dem Coiffeur-Gate. Wer dachte, diese Aktion sei an Extravaganz nicht zu übertreffen, der täuscht sich. Und wie.

Ich erinnere mich daran, dass England-Star David Beckham sich mal in der Halbzeit komplett umgezogen hat. Alles Pipifax, weiss mein geschätzter «blue News»-Sportkollege Syl Battistuzzi. Er weiss nicht nur alle Ergebnisse auf dem Platz auswendig, er kennt auch alle lustigen Anekdoten daneben. 

Der spanische Nati-Goalie Santiago Canizares konnte mal nicht an die WM, weil ihm eine Parfüm-Flasche im Bad zerbrach und die Sehne zerschnitt. Der Franzose Philippe Mexès musste einst aussetzen, weil er sich wegen übermässigen Solarium-Konsums die Netzhaut schädigte. Julian Nagelsmann hat ebenfalls einen chirurgischen Eingriff hinter sich, ausserdem Permanent-Make-up. Ein Klassiker auch, bei der Mannschaftsaufstellung auf die Zehenspitzen zu stehen, um grösser zu wirken. Tim Wiese wurde von seinen Teamkollegen «Spiegel» genannt, weil er offenbar nie an einem vorbeigehen konnte, ohne hineinzuschauen.

Natürlich darf in dieser Aufzählung auch Cristiano Ronaldo, CR7, nicht auf der Ersatzbank bleiben. Der soll sich sogar die Haare am Popo rasieren, um auf dem Feld schneller zu sein. 

Und Gilbert Gress. Gress und seine Frisur, das ist wie Cristiano Ronaldo ohne Gucci-Täschli (kleiner Scherz). Gilbert Gress (72), die Legende, der wahre Sonnenkönig des Fussballs. Um seine Frisur machte der sich übrigens auch schon früh so seine Gedanken. Der heutige Kult-Experte, der sein Aussehen seit den 60er-Jahren nicht zu ändern wagt, gab einst sogar seinen Rücktritt aus der französischen Nationalmannschaft – aus Stilgründen: Gress reiste 1966 nicht mit zur WM nach England, weil er sich weigerte, die Haare zu schneiden, so wie es Nationaltrainer Henri Guérin verlangt hätte.

Aber was, bitte, ist jetzt die Quintessenz?

«Das Runde muss ins Eckige», schrie eine Freundin von mir kürzlich lauthals. Deutschland wollte einfach nicht in Fahrt kommen.

Das Runde muss ins Eckige, ob mit wasserstoffblonden Haaren samt Gelbstich oder ohne.

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.