Nach drei Jahren als Ergänzungsspieler beim FC Liverpool wechselt Xherdan Shaqiri zu Olympique Lyon. In der Ligue 1 wird der 29-Jährige nicht nur mehr Spielzeit erhalten, er kriegt auch die Chance, seinen Kritikern zu beweisen, wie wichtig er für die Schweizer Nati ist. Ein Kommentar.
Wer mag sich noch an den 18-jährigen Xherdan Shaqiri erinnern? An diesen kleinen, quirligen Dribbelkünstler, der mit seiner lausbübischen Art seine Gegner in der Super League ärgerte und die Herzen der Schweizer Fussballfans eroberte. Kurz vor der WM 2010 gab er dann sein viel umjubeltes Nati-Debüt.
Nun, seither ist viel Wasser den Rhein hinuntergeflossen. Sein Wechsel zu Bayern kam 2012 zu früh. Weder in München noch danach in Mailand bei Inter konnte er sich durchsetzen. Nach zwei Saisons als Stammspieler bei Stoke City folgte 2018 nach dem Abstieg der Transfer zu Liverpool, wo er wiederum nicht über die Reservistenrolle hinauskam.
Glücklich war Shaqiri dennoch stets, wie er immer wieder betonte. Auch bei Bayern und Liverpool, wo er lange vergebens auf eine echte Chance wartete. Titel holte er mit diesen beiden Spitzenklubs en masse. Er darf sich zweifacher Champions-League-Sieger nennen, gewann dreimal die Bundesliga und einmal die Premier League und zahlreiche andere Titel.
Keiner polarisiert mehr als Shaqiri
Während es in seinem Trophäenschrank immer enger wurde, büsste der «Zauberwürfel» in der Heimat aber immer mehr an Sympathie ein. Sei es wegen der einen oder anderen unglücklichen Aussage in Interviews oder der Doppeladler-Affäre an der WM 2018.
Viele hätten ihn vor allem aber lieber öfters auf dem Spielfeld gesehen als beim Posieren mit einer Trophäe nach einer Saison ohne viele Einsätze. Das komplette Fernbleiben von der Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation war dann das Pünktchen auf dem i für seine Kritiker – nicht wenige forderten, dass Vladimir Petkovic seinen wohl besten Spieler gar nicht erst an die EM mitnimmt. Von einem Sonderstatus war die Rede.
Doch Petkovic hat ihn mitgenommen. Und schlecht war dieser Entscheid freilich nicht, hatte Shaqiri mit seinen drei Toren doch massgeblichen Anteil am Erfolg der Schweizer, die im Viertelfinal erst im Penaltyschiessen an Spanien scheiterten. Shaqiri hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig er für die Nati ist, selbst wenn ihm die Spielpraxis fehlt.
Auf viel Spielpraxis wird sich der Offensivakteur nun freuen können. Bei Olympique Lyon wird er mit seinen 29 Jahren zu den Routiniers gehören, aber durchaus auch Druck verspüren, nachdem Lyon eher schwach in die Saison gestartet ist und sich viel vom Schweizer erhofft. Rund 12 Millionen Euro zahlt Olympique für die Dienste des Linksfusses.
Dass Shaqiri mit Druck umgehen kann, hat er aber schon oft bewiesen. So kommt sein Wechsel in die Ligue 1 zum absolut richtigen Zeitpunkt – auch für die Nati. Denn in der schwierigen WM-Qualifikation braucht es einen Shaqiri in Top-Form, um bestehen zu können. Und dann Ende 2022 in Katar sowieso, will die Schweiz auch an der WM wieder weit kommen.
Shaqiri wechselt in eine schwächere Liga, dürfte mehr zum Spielen kommen und hat die Möglichkeit, auch auf Klubebene wieder zu einem Schlüsselspieler zu werden und für Furore zu sorgen. Beste Voraussetzungen also, um es den vielen Kritikern zu zeigen und sich zurück in die Herzen der Schweizer Fussballfans zu spielen. Wie damals in Basel.