Nur Petra Vlhova hat in diesem Winter bisher mehr Punkte gesammelt als Michelle Gisin. Das schlägt sich auch im Preisgeld nieder. Und doch haben neben Vlhova noch vier weitere Fahrerinnen mehr eingeheimst als Gisin, darunter Lara Gut-Behrami. Warum?
Gisin zeigt in diesem Winter konstant gute Leistungen, ein Top-Resultat jagt das nächste. Neben dem sportlichen Erfolg darf sich die 27-Jährige auch über jede Menge Preisgeld freuen. 147'024 Franken hat Gisin in diesem Winter eingeheimst, in der Vorsaison (Rang 8 im Gesamtweltcup) waren es am Ende 64'684 Franken. Und noch stehen 13 von insgesamt 33 Weltcup-Rennen aus.
Gegenüber «Blick» meint Gisin darauf angesprochen: «Cool. Aber es ist nicht so, dass ich ständig auf mein Konto schauen würde.» In früheren Jahren dürfte es ihr schwerer gefallen sein, den Kontostand zu ignorieren, denn im Skisport verdienen sich die wenigsten eine goldene Nase. In ihren ersten fünf Weltcup-Saisons hat Gisin magere 62'629 Franken an Preisgeldern gewonnen.
Auch deshalb sagt sie: «Ich habe in meinem Leben viel in den Skirennsport investiert. Nun zahlt sich jahrelange Arbeit aus – auf dem Schnee, aber auch finanziell.» Ähnlich wie im Tennis – und im Gegensatz etwa zum Fussball – können im Skisport nur die absolut Besten ihres Fachs von ihrem Beruf (gut) leben. Ohne finanzielle Unterstützung von Verbänden, Ausrüstern, privaten Supportern und oft auch aus dem eigenen Elternhaus geht's kaum. Ein Umstand, den auch ehemalige Top-Athleten wie Felix Neureuther oder Lindsey Vonn kritisch beäugen.
Warum ist Gisin in Sachen Preisgeldern nicht die Nummer 2?
Beim Blick auf das Preisgeld-Ranking stellt sich die Frage, weshalb in dieser Saison gleich fünf Fahrerinnen mehr gewonnen haben als die aktuell Gesamtweltcup-Zweite. Die Preisgelder werden nicht nach Punkten verteilt, sondern nach Platzierungen. Sprich: Ein Sieg ist meistens 45'000 Franken wert, ein zweiter Platz 20'000 und die Dritte kassiert noch 10'000 Franken. Ein Sieg füllt die Kasse also mehr als etwa vier dritte Plätze.
Preisgeld-Rangliste der Frauen (nach 20 von 33 Rennen)
- Petra Vlhova (Svk): 241'401 Franken
- Marta Bassino (It): 227'681 Franken
- Sofia Goggia (It): 217'804 Franken
- Mikaela Shiffrin (USA): 171'978 Franken
- Lara Gut-Behrami (Sz): 169'091 Franken
- Michelle Gisin (Sz): 147'024 Franken
- Corinne Suter (Sz): 105'850 Franken
Preisgelder sind nicht die einzige Einnahmequelle
Die Top-Athletinnen haben oft lukrative Sponsorenverträge, manche erhalten von ihren Ausrüstern zudem einen Fixlohn. Das öffnet die Schere zwischen Mittelmass und Spitzenklasse zusätzlich. Ausgerechnet jene Fahrerinnen, die ohnehin schon gut verdienen, verdienen so noch mehr. Athletinnen aus der zweiten Garde erhalten oft nur das Material. Athleten wie Daniel Yule etwa, haben sich deshalb auch schon für die gerechtere Verteilung derer starkgemacht. Die Corona-Pandemie hat das Problem noch zusätzlich verschärft.
Dass Gisin derzeit nicht auf jeden Rappen angewiesen ist, beweist die Tatsache, dass sie die Rennen in Garmisch-Partenkirchen auslässt. «Ich versuche, mich jetzt so perfekt wie möglich auf die WM vorzubereiten. Ich freue mich unendlich fest auf Cortina. Zuallererst freue ich mich jetzt auf ein paar Tage auf dem Sofa», sagte sie nach dem letzten Riesenslalom, den sie trotz Bestzeit im ersten Lauf nur auf dem 6. Rang beendete. Das Lächeln hatte sie trotz des gefühlten Börsencrashs nicht verloren.