Marco Odermatt hat seine Unterschrift nicht unter einen offenen Brief gesetzt, der die FIS dazu auffordert, bis 2035 klimaneutrale Anlässe durchzuführen. Dafür erntet der Schweizer Goldjunge Kritik.
Das Wetter und der Klimawandel überschatten den alpinen Saisonstart, so werden etwa die neu im Kalender aufgenommenen Abfahrten am Matterhorn ersatzlos gestrichen. Weitere Absagen folgen und teils finden Rennen auf einem weissen Streifen in einer grünen Landschaft statt. Die Debatte um einen den Umweltbedingungen angepassten Rennkalender ist neu entbrannt.
Auch an den Athleten geht das nicht spurlos vorbei. Am Tag, an dem sich Marco Odermatt zum Abfahrtsweltmeister krönt, reicht der österreichische Ski-Fahrer Julian Schütter beim Weltskiverband FIS einen offenen Brief ein, den weit über 100 Athletinnen und Athleten unterschreiben. Die Forderung ist klar: Die FIS soll die Emissionen ab 2030 um 50 Prozent reduzieren und bis 2035 klimaneutrale Anlässe durchführen.
Marco Odermatt hat den Brief nicht unterzeichnet und macht daraus auch keinen Hehl. Er könne den Forderungen nicht zu 100 Prozent gerecht werden, er habe keine andere Wahl, als viel zu fliegen. «Wir fahren im Weltcup. Wenn man nicht mehr so weit reisen will, kann man im Europacup starten.» Keine ernsthafte Option für einen Profi-Skifahrer.
Odermatt als schlechtes Vorbild?
Bei CH Media äussert sich Greenpeace-Klimaexperte Nathan Solothurnmann kritisch: «Marco Odermatt scheint den Ernst der Lage noch nicht ganz begriffen zu haben.» Er wirft dem Doppelweltmeister vor, sich seiner Vorbildfunktion in der Nachhaltigkeitsdebatte nicht bewusst zu sein. Klimaschutz bedeute mehr, als nur auf ein paar Flüge zu verzichten. «Wenn sie als gutes Beispiel vorangehen, können sie darum viel mehr bewirken, als nur die eigenen Emissionen zu senken», glaubt Solothurnmann.
Noch mehr Einfluss als einzelne Athleten hätte die FIS, die die Rahmenbedingungen vorgibt. Und der Weltskiverband will eigenen Angaben zufolge durchaus den CO2-Fussabdruck reduzieren. Gleichzeitig sollen mehr Rennen in den USA, in Asien und sogar in Südamerika stattfinden. Wie geht das Hand in Hand? FIS-Präsident Johan Eliasch sagt dazu in einem Interview: «Es scheint gegensätzlich. Aber dank dem Sport ist man als Mensch trainierter und gesünder, auch ernährt man sich wohl gesünder. Gerade die gesunde Ernährung hat eine immense Auswirkung auf unseren globalen CO2-Fussabdruck. Also je mehr Leute wir für den Sport überzeugen, desto besser.»
Solange Eliasch und die FIS den Ernst der Lage nicht erkennen, dürfte es für Athleten wie Marco Odermatt fast ein Ding der Unmöglichkeit sein, einen grösseren Beitrag in Sachen Nachhaltigkeit zu leisten. Nach der WM konnte der Doppelweltmeister gerade mal einen Tag zu Hause verbringen, ehe er zum zweiten Mal in dieser Saison ein Flugzeug Richtung Nordamerika besteigen musste, um in den kommenden Weltcup-Rennen antreten zu können. Zum Rennkalender sagt Eliasch: «Tatsächlich müssen wir bestrebt sein, den Kalender so effizient wie möglich zu gestalten, sodass wir nicht unnötig herumreisen. Auch müssen wir unsere Muster sehr genau hinterfragen, wann wir wohin gehen.»
Es gibt wohl noch einiges zu hinterfragen. Die Idee, künftig Rennen in Saudi-Arabien auszutragen, kam auf alle Fälle nicht gut an. Daniel Yule etwa sagte darauf angesprochen: «Ich kann es fast nicht glauben, dass ein so schlauer Mensch und erfolgreicher Unternehmer wie Eliasch auf so dumme Ideen kommt. An dem Tag, an welchem Weltcups in Saudi-Arabien oder Dubai ausgetragen werden, trete ich vom Skisport zurück.»