Die erste Abfahrt in Wengen lebt vom neuerlichen Streich von Marco Odermatt mit Rang 2 und dem Podestplatz durch Beat Feuz. Aber natürlich auch vom grossen Sieger Alexander Kilde, dem abtretenden Carlo Janka und dem Fall um Vincent Kriechmayr. Die Stimmen der Beteiligten.
«Ich denke, ich lerne einfach relativ schnell oder ich habe gute Kumpels und kleine Konkurrenten oder grosse Konkurrenten, die mir gerne helfen», sagt Odermatt gegenüber SRF zu seinem neuerlichen Coup bei seiner Premiere-Woche am Lauberhorn. Auf seinen grandiosen Sieg am Donnerstag im Super-G lässt er am Freitag einen sensationellen 2. Rang in der Sprint-Abfahrt folgen.
«Es ist wieder super aufgegangen. Es passt einfach grad alles, auch das Material war heute wieder super. Wenn es läuft, dann gelingen einem eben auch solche Sachen, wie das Kernen-S ohne Erfahrung gut zu meistern. Das ist cool.» Odermatt überrascht auch noch mit einem Geständnis: «Ich hatte keine grossen Erwartungen und bin hier in Wengen so locker wie sicher seit zwei Jahren nie mehr Rennen gefahren, weil ich letztes Wochenende mit dem Sieg in Adelboden gelöst habe.»
Janka: «Das werde ich so nicht mehr erleben»
Zufrieden, wenn auch nicht überglücklich, zeigt sich Beat Feuz: «Es war okay, aber nicht top. Oben waren einige schneller und unten auch.» Das gilt auch für Carlo Janka. Aber sein 11. Rang nach fast einem Jahr Pause und an seinem Abschiedswochenende ist dennoch eine gewaltige Überraschung. «Es war etwa das, was möglich war. Wo ich schnell sein wollte und musste, war ich es, dass es oben und unten schwierig wird, wusste ich. Marco Odermatt habe ich mir am Start oben noch angeschaut und mir dann gesagt, wenn er beim Kernen-S so durchkommt, probiere ich das auch», so Janka.
Zu Überflieger Odermatt meint Janka: «Ich dachte von Anfang an, dass ihm Wengen liegt, denn technisch ist er gut und beim Start ist er auch gut. Das heute war vermutlich noch besser für ihn, als dann das Rennen morgen, denn dann kommt der obere Teil noch dazu. Aber um ihn mache ich mir ohnehin keine Sorgen.»
Für Janka geht es vor allem darum, an seinem finalen Wochenende «zu geniessen». Aber nicht nur: «Eine Stunde vor und während der Fahrt ist schon noch das alte Muster drin. Morgen bei meinem allerletzten Rennen wird es sicher nochmals etwas anders sein. Ich möchte sicher nochmals das herausholen, was möglich ist. Folklore würde nicht zu mir passen. Aber sobald man unten ist, muss man es geniessen. Es geht für mich darum, so viel wie möglich aufzusaugen, denn das werde ich so nicht mehr erleben.»
Kilde hat sich Siegesfahrt bei Feuz abgeschaut
Als strahlender Sieger präsentiert sich Kilde, der am Vortag im Super-G noch knapp von Odermatt geschlagen wurde: «Es war wieder knapp mit ihm, der Typ ist einfach unglaublich, aber heute war mein Tag und ich bin richtig zufrieden. Mir ist von oben bis unten eine gute Fahrt gelungen, es war flüssig. In Wengen zu gewinnen, war immer ein grosses Ziel von mir.»
Den Anschauungsunterricht für seine Siegesfahrt hat sich der Norweger aus der Schweiz geholt: «Ich habe mir viel von Beat Feuz abgeschaut, der hier jeweils in diesem Flow ist. Aber so wie Feuz kann ich nie fahren, glaube ich. Bei ihm sieht es immer so leicht aus, darum hat er auch schon über 50 Podestplätze erreicht.»
Kriechmayrs Dank an die Kollegen
Viel zu reden gibt auch die Posse um Vincent Kriechmayr. Dass der österreichische Abfahrtsstar von der FIS eine Starterlaubnis erhielt, ohne ein offizielles Training absolvieren zu müssen, stiess teilweise auf Unverständnis. So auch bei den Schweizer Funktionären.
«Ich habe mich nur auf mich konzentriert und versucht, alles, was um mich herum geschieht, auszublenden. Die anderen Nationen waren zum Teil sehr verständnisvoll und vor allem die Athleten. Es gab, glaube ich, keinen, der mir den Start verweigert hätte. Es ist immer gut, wenn man zumindest den Rückhalt von den Kollegen hat. Für mich ist die Meinung der Kollegen wichtiger als jene der Funktionäre», erklärt Kriechmayr.
Mit Rang 12 gelingt ihm unter den speziellen Voraussetzungen ein anständiges Resultat. «Ich habe versucht, das Beste herauszuholen, es wäre mehr drin gewesen, aber ich habe einige Fehler gemacht und dabei viel Zeit verloren. Ich habe mir natürlich mehr vorgenommen. Ohne Training ist es schwieriger, die Geschwindigkeit einzuschätzen, am meisten Probleme habe ich beim Kernen-S gehabt, wie man sich da ohne Trainingslauf am besten anstellt. Ich freue mich nun auf morgen.»
Kernen: «Odermatt treibt die anderen fast zur Verzweiflung»
Einen Ritterschlag für Odermatt, der derzeit alle verblüfft, gibt es auch von Bruno Kernen, dem Lauberhorn-Sieger von 2003: «Marco Odermatt hat mich mit seiner Darbietung nicht überrascht, er ist in einer derart bestechenden Form, dass er die anderen fast zur Verzweiflung treibt. Bei ihm stimmt alles. Der Einzige, der ihn momentan schlagen kann, ist er selber. Er ist clever genug, dass er das eben nicht macht, und deshalb gibt es für ihn einen Podestplatz nach dem anderen», sagt Kernen gegenüber blue Sport.
Kernen rechnet auch am Samstag, wenn die Lauberhorn-Abfahrt auf der Orginalstrecke gefahren wird, mit starken Schweizern. Und vor allem mit Beat Feuz: «Morgen von ganz oben, das spielt ihm in die Karten. Bei Odermatt setze ich da hingegen ein Fragezeichen.»