Neun Mal lief Benjamin Weger im vergangenen Winter in die Top Ten. Nur mit dem Podestplatz wollte es für den 30-jährigen Biathleten aus dem Oberwallis nicht klappen. Nun nimmt er erneut Anlauf.
Eines stellt Benjamin Weger gleich klar. «Was ich letztes Jahr gezeigt habe, war nicht gut», betont der Modellathlet aus Geschinen. «Es war auch nicht sehr gut. Es war Weltklasse.» Er streicht dies heraus, weil der Exploit mit einem Podestplatz und damit das Ausrufezeichen für die breite Öffentlichkeit ausblieb. «Persönlich orientiere ich mich nicht so stark an diesem Podest wie andere», sagt Weger. «Die konstant guten Leistungen sind mir wichtiger und sportlich mehr wert.» Dennoch ist klar, dass er wieder einmal in die Top 3 will. Letztmals gelang ihm dies im Winter 2011/12 mit gleich drei 3. Plätzen.
Zwei grosse Neuerungen
Deshalb feilt er auch mit 30 Jahren noch an den Details. «Wenn wir nur schon ein Prozent herausholen, wäre das viel», weiss er. Zwei Änderungen stechen ins Auge. Die eine betrifft das Material. Nach «zehn oder elf Jahren» hat sich Weger für einen neuen Gewehrlauf entschieden. «Ich hatte das Gefühl, der alte schiesst nicht mehr so sauber.» Das Gewehr ist noch das gleiche, doch der Lauf ist nun schwerer. «Ich hatte vorne immer ein Gewicht am Gewehr, um die Bewegungen beim Stehend-Schiessen träger zu machen.» Für die Balance sei das aber nicht unbedingt gut. «Also sagte ich mir, statt eines dünnen, leichten Laufes probiere ich mal ein dickeres, schweres Rohr.»
Die Umstellung ist nicht zu unterschätzen. «Ich habe gemerkt, dass sich der Kopf, jeder Muskel, einfach alles, nach zehn oder elf Jahren so an das alte Material gewöhnt hatten, dass ein paar Rückschläge unvermeidlich waren», erzählt Weger. «Ein paar Mal bin ich auf die Nase gefallen.» Insgesamt ist er aber zufrieden mit dem neuen Lauf. «Ich glaube, es kommt gut.» Neu wiegt das Gewehr ziemlich genau 4 kg, etwa 40 Gramm mehr als in den letzten Jahren. «Ein zusätzlicher Treffer ist mir mehr wert als die zwei Sekunden, die ich vielleicht beim Laufen verliere, weil das Gewehr etwas schwerer ist. Die Erfahrung sagt mir, dass ich stehend mit etwas mehr Gewicht besser zurecht komme.»
Die zweite Neuerung betrifft das Höhentraining, mit dem Weger vor zwei Jahren angefangen hatte. Er schob den zweiten Block näher an den Saisonstart, der am Wochenende im schwedischen Östersund erfolgt. Ab Ende Oktober war er zehn Tage in Andermatt, fünf Tage in Lenzerheide und nochmals fünf Tage in Andermatt im Höhenzimmer. Nicht mehr «mutterseelenallein» wie in den letzten beiden Jahren, sondern mit drei Teamkollegen. Neu kommt ein dritter Block im Vorfeld der WM Mitte Februar im Südtirol dazu. Weger denkt dabei auch langfristig an die Olympischen Spiele 2022 in Peking. «Das ist eine Art Generalprobe für Olympia in zwei Jahren.» Man will sich rechtzeitig darüber im Klaren sein, was funktioniert.
Ein Heimspiel an der WM
Fast sicher funktionieren wird für Weger die WM in Antholz, die für ihn eine Art Heimspiel ist. Anders als letztes Jahr in Östersund sei dies eine WM, auf die «ich mich extrem freue». Im Hochtal von Antholz auf rund 1600 Metern über Meer fühle er sich einfach wohl. Hier kommen beim Oberwalliser Heimatgefühle auf. «Die Leute sind bodenständig, es ist ein Tal mit verschneiten Bergen. Ein wenig wie zuhause im Goms.» Zudem pilgern auch im Weltcup viele Fans aus der Schweiz ins Südtirol, und die Höhenlage und die Strecke liegen Weger ebenfalls. «Antholz ist immer ein Highlight, das ist eine zusätzliche super Motivation.»
Im Gegensatz zum letzten Winter plant Weger, sein Pensum leicht zu reduzieren. Das geplante Programm sieht vor, bis Weihnachten alle Rennen zu laufen, dann zu Beginn des nächsten Jahres auch noch in Oberhof. Danach will er den Weltcup in Ruhpolding auslassen, aber während des Höhentrainings in Pokljuka zwei oder drei Rennen zu bestreiten, damit zwischen dem letzten Weltcup-Einsatz und dem ersten WM-Rennen nicht gleich fünf Wochen liegen. Und danach? «Wenn ich dann Weltmeister sein sollte, ist es mir gleich, wo ich danach noch laufe», sagt er und lacht laut.
Auf einen Podestplatz – egal ob im Weltcup oder an den Titelkämpfen – versteifen will sich Weger nicht. Der 30-Jährige ist begeisterter Fliegenfischer, ein Traumtänzer ist er aber sicher nicht. Wenn die Form ähnlich ist wie im letzten Jahr, und es spricht viel dafür, sollte die Rückkehr aufs Podium aber nur eine Frage der Zeit sein.