Das Aus von Raphael Wicky nach knapp zwei Jahren Amtszeit bei YB gibt auch Klub-Legende Guillaume Hoarau zu denken. Das meint der Franzose zu den jüngsten Entwicklungen bei seinem Herzensverein.
Das Gefühl, in Bern nicht mehr erwünscht zu sein, kennt auch Guillaume Hoarau. Der Stürmer wechselte 2014 in die Schweiz und eroberte die Herzen in der Hauptstadt im Nu. Mit der Frohnatur von der Insel La Réunion kehrte auch Erfolg ein. Mit den Young Boys wurde er dreimal Schweizer Meister und einmal Cupsieger. Stets gehörte Hoarau zu den treffsichersten Akteuren in der Super League. In 141 Meisterschaftsspielen gelangen ihm 94 Treffer; die Saison 2018/19 beendete er gar als Torschützenkönig.
Trotzdem war nach sechs Saisons bei YB unfreiwillig Schluss – der Klub verlängerte seinen Vertrag 2020 nicht mehr. Inzwischen hat der 40-Jährige seine Spielerkarriere beendet, den Fussball bei YB verfolgt Hoarau – der einst auch mit PSG in der Champions League spielte – als Experte bei blue Sport immer noch eng. Im Studio wurde er zum Trainer-Aus von Raphael Wicky befragt.
Die letzten 10 YB-Trainer
- Raphaël Wicky (SUI) Juni 2022 - März 2024
- Matteo Vanetta(SUI) März 2022 - Juni 2022
- David Wagner (GER/USA) Juni 2021 - März 2022
- Gerardo Seoane (SUI/ESP) Juni 2018 - Juni 2021
- Adi Hütter(AUT) September 2015 - Juni 2018
- Uli Forte (ITA/SUI) Juli 2013 - August 2015
- Bernard Challandes (SUI) April 2013 - Juni 2013
- Martin Rueda (SUI) Juli 2012 - April 2013
- Christian Gross (SUI) Juli 2011 - April 2012
- Vladimir Petkovic (BOS) August 2008 - Mai 2011
«Eine Trennung tut weh und bedeutet, dass etwas nicht stimmt», hält Hoarau fest. Intern habe man wohl Angst gehabt, dass man am Ende alles aus den Händen gebe. Die Zukunft werde zeigen, ob der Klub damit richtig liege, so der Franzose und ergänzt: «Auf jeden Fall sollte ein Elektroschock ausgelöst werden.»
Kurzes Gedächtnis im Fussball
Zwar hat Wicky mit YB in einer Woche drei Niederlagen kassiert – darunter das Aus im Cup sowie das Duell gegen Verfolger Servette. In der Meisterschaft liegt man aber noch immer mit einem Zähler in Front. Auch für die Champions League hat man sich qualifizieren können, zudem kam man als Dritter der Gruppenphase noch in den Genuss der Europa League.
«Im Fussball hat man ein kurzes Gedächtnis», betont Hoarau. «Vor einigen Monaten war er noch ein Held, heute wird auf ihn eingeprügelt und er ist der Schuldige.» Hoarau kritisiert zwischen den Zeilen auch die Klubführung: «Wenn man sich schützen will, beschuldigt man manchmal den anderen.»
«Es ist weniger harmonisch als zu meiner Zeit», findet Hoarau. «Spieler kommen und gehen, aber der Verein bleibt gleich. Die DNA ist also immer noch da.» Hoarau stellt aber gleichzeitig nüchtern fest: «YB ist nicht mehr die Übermacht wie früher.»
Gut gebrauchen könnte YB aktuell die Tore von Jean-Pierre Nsame. Der einstige Publikumsliebling fühlte sich in Bern nicht mehr wertgeschätzt und verliess den Klub. «Sie haben eine Linie, an die sie sich halten. Wenn man sich nun die Seite des Spielers anschaut, kann es von aussen hart erscheinen, aber heutzutage gibt es im Fussball keine Freunde, also muss man den Augenblick maximal ausnutzen», so Hoarau und ergänzt: «Man weiss, dass man ohnehin nur auf der Durchreise ist. Wir alle lieben ein Happy End. Leider sieht man das heute im Fussball immer seltener.»
Nichtsdestotrotz war für Hoarau die Trennung von Wicky «unvermeidlich». Sein Fazit: «Auf dem Spielfeld war nicht mehr diese Freude, dieser Spass, diese Leichtigkeit auszumachen. Den Trainer auszuwechseln, war natürlich die einfachste Lösung.»