Tennis Medvedev: «Ich konnte einfach nicht zusehen, wie er wieder gewann»

SB10

18.6.2019

In den bisherigen drei Direktduellen mit Daniil Medvedev gewann stets Roger Federer.
In den bisherigen drei Direktduellen mit Daniil Medvedev gewann stets Roger Federer.
Bild: Getty

Nicht alle haben stets Freude an Roger Federer. Ein junger Tennis-Fan sehnte sich früher gar nach Niederlagen des Schweizers. Sein Name: Daniil Medvedev. Inzwischen ist er selbst Profi und Gegner des 37-Jährigen.

Die Debatte darüber, wann die nächste Generation die alte Garde des Tennis stürzen wird, schwelt weiter auf der ATP-Tour. Boris Becker kritiserte während der French Open die Jungen und stellte die These auf, dass es den Stars von morgen an der «Denkweise» mangle, um Roger Federer, Rafael Nadal oder Novak Djokovic auf Grand-Slam-Niveau besiegen zu können. So verpasse die Sportart eine dringend notwendige Fackelübergabe und die «Next Generation» würde nach dem Abgang der «grossen Drei» wenig(er) Legitimation haben.

Tatsächlich haben die drei besten Spieler der Gegenwart die letzten zehn Majors unter sich aufgeteilt. Und die Bilanz bei Wimbledeon ist sogar noch eindrücklicher, wenn man – den inzwischen auf die (Doppel-)Tour zurückgekehrte – Andy Murray dazuzählt. Seit Lleyton Hewitt 2002 gab es beim prestigeträchtigsten Turnier 2002 keinen anderen Sieger als einer der «Big Four».

Einer der Aufsteiger der laufenden Saison ist Daniil Medvedev. Der 23-jährige Russe hat sich inzwischen auf Weltranglistenposition 13 hochgearbeitet. Für die Rasen-Vorbereitung spielt der 1,98 Meter grosse Schlaks derzeit in Queen's, wo er mit einem beeindruckenden 6:2-6:4-Erfolg über Fernando Verdasco ins Achtelfinale einzog.



Harte Zeiten für Medvedev Junior

«Vielleicht hat er Recht, vielleicht hat er Unrecht», meint Medwedew sibyllinisch zu Beckers Vorwurf. «Jede Generation ist anders ist, wenn es also so ist, ist es halt so.»

Für Medwedew sind die Fortschritte in der Medizin und im Physiobereich die Hauptgründe dafür, dass man nicht wie früher als 30-Jähriger seine Karriere beenden müsse: «Jetzt kann Federer mit 37 Jahren fünf Sätze auf Sand spielen und in zwei Tagen wieder bereit sein. Früher war das nicht möglich. Ausserdem haben sie so mehr Erfahrung als wir. Aber eines Tages werden auch sie abtreten müssen, und dann wird die nächste Generation anfangen, diese Titel zu gewinnen.» Und fügt hinzu: «So ist das Leben.»

Daniil Medvedev will weiterhin für Furore sorgen auf der ATP-Tour.
Daniil Medvedev will weiterhin für Furore sorgen auf der ATP-Tour.
Bild: Getty

Fast Blasphemie betreibt Medvedev, als er über Federer spricht. Dessen Seriensiege frustrierten ihn früher als Kind, wie er bei «Metro.co.uk» zugibt: «Ich hasste Roger. Ich konnte einfach nicht zusehen, wie er wieder gewann. Ich habe von der ersten Runde an für die anderen Jungs gejubelt, weil ich diese Einstellung hatte. Als Barcelona im Fussball alles gewann, wollte ich ebenfalls, dass sie unbedingt verlieren.»

Hoffnung stirbt zuletzt

Diese radikale Sichtweise hat er glücklicherweise nicht mehr: «Jetzt hat sich das ein wenig geändert, zumindest beim Tennis. Ich konzentriere mich mehr auf mich selbst. Wenn ich die erste Runde verliere, ist es mir egal, ob Nadal, Roger oder Novak die French Open gewinnen – ich bin nur verärgert, dass ich in der ersten Runde verloren habe.»

Stattdessen will Medvedev von den «grossen Drei» lernen: «Ich bewundere, dass sie in ihrem Alter unserer Generation immer noch voraus sind. Sie haben etwas Spezielles. Wir alle haben Höhen und Tiefen, aber das scheint es bei ihnen nicht wirklich zu geben. Bei jedem Grand Slam sind sie bereit und fast immer erreichen sie die Halbfinals oder das Final. Ich weiss wirklich nicht, wie sie es anstellen.» Den Glauben an eine Wende hat  Medvedev aber noch nicht aufgegeben: «Ich hoffe, eines Tages können wir sie schlagen.»

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