Tennis "Das ist doch ein perfektes Timing"

SDA

2.11.2017 - 12:39

aufgezeichnet von Marco Keller, Singapur

So viel Aufmerksamkeit wie nach der Rücktrittsankündigung von Martina Hingis generiert das Frauendoppel nur selten. Der Presseraum war um Mitternacht prall gefüllt, als die "Grande Dame" erklärte, weshalb sie nach über 23 Jahren als Tennisprofi aufhört. Auszüge.

Martina Hingis, als Sie am US Open das Mixed mit Jamie Murray gewannen, gaben Sie kein Commitment zur Zukunft ab. Jetzt wissen wir auch, warum. Wann fällten Sie den Entscheid, dass dies Ihr letztes Turnier sein würde?

Martina Hingis: "Nun, meine Partner wussten es damals schon und es gab Gerüchte. Ich bin eigentlich ziemlich überrascht, dass es erst jetzt rausging, aber die Spielerinnen waren bis heute ziemlich gut und haben mich unterstützt. Ich hatte Latisha (Hingis' Doppel-Partnerin - Red.) schon am Anfang gesagt: Das wird vermutlich mein letztes Jahr. Einige Leute wussten es, andere nicht."

Viele Leute sind erstaunt, dass Sie nach einem solch grossartigen Jahr aufhören.

"Das ist doch ein perfektes Timing. Man soll doch aufhören, wenn man ganz oben steht und nicht, wenn es retour geht. Ich hätte mir für mich persönlich kein schöneres Ende wünschen können."

Die Mitteilung machte ausgerechnet vor ihrem ersten Match die Runde. Das war nicht ideal. Waren Sie zusätzlich nervös?

"Absolut, am Anfang war ich sehr kribbelig. Ich wollte auf keinen Fall heute ausscheiden. Das wäre ganz ärgerlich gewesen."

Nun ist der Start aber gelungen und das gegen ein Team, das euch heuer schon bittere Niederlagen zugefügt hat.

"Ja, und jetzt haben wir hier eine ziemlich gute Chance. Wir sind das Team, das es jetzt zu schlagen gilt und ich freue mich sehr auf die weiteren Partien. Wir haben gut trainiert, wussten aber aus den vergangenen Partien, dass wir gegen sie von Anfang an bereit sein müssen. Und das waren wir."

In Ihrer Mitteilung auf den sozialen Medien sagen Sie, Sie "würden nirgendwo hingehen." Was heisst das genau?

"Ich werde immer ein Teil des Tennis sein und Tennis ein Teil meines Lebens. Ich habe ja schon als Coach gearbeitet, ich kann meiner Mutter in ihrer Tennisschule helfen. Ich werde dem Tennis verbunden bleiben. Ich bin auch Botschafterin des WTA-Turniers, das nun von Biel nach Lugano zieht und vielleicht ergibt sich auch noch etwas anderes. Ich freue mich auf die Herausforderungen vor mir, aber ich habe mir nun und nach all den Jahren auch ein wenig Zeit weg vom Tennis verdient."

Was werden Sie nicht vermissen?

"Ganz sicher nicht die tägliche Schinderei, die Trainings, das Aufwachen. Vielleicht werde ich es nach einer gewissen Zeit vermissen, aber auf eine andere Art. Und das Reisen zumindest am Anfang auch nicht, die Zeit beim Warten auf den Flughäfen, den Jetlag."

Sie treten nicht das erste Mal zurück.

"Genau."

Was ist diesmal anders?

"Bei meinen ersten beiden Rücktritten hatte ich im Hinterkopf, das ich vielleicht zurückkommen könnte. Ich habe andere Spielerinnen in meinem Alter gesehen, die immer noch gute Leistungen brachten und dachte mir, dass ich das vielleicht auch könne, zuerst im Einzel, dann im Doppel. Nun ist es aber definitiv. Ich werde nicht mehr auf die grossen Bühnen der Tenniswelt zurückkehren. Das ist schon etwas ganz anderes, aber eben, es ist auch der richtige Zeitpunkt. Ich bin jetzt 37 und heute gibt es viel mehr soziale Medien und Show."

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