Über 20 Jahre hat Rafael Nadal die Tennis-Fans rund um die Welt beeindruckt, begeistert und bewegt. So auch die blue Sportredaktion. Zum Abschied des 22-fachen Grand-Slam-Siegers erinnern wir uns an die besten Momente zurück – ob vor dem TV oder im Stadion.
Der US-Open-Triumph 2019
Luca Betschart
Emotionen pur bei Rafa
- Dank einer Akkreditierung beim US Open 2019 kann ich Rafael Nadals Weg zum 19. Grand-Slam-Titel Spiel für Spiel hautnah im Stadion mitverfolgen. Ab dem ersten Auftritt hinterlässt der Spanier bis in die Höhen des atemberaubenden Arthur-Ashe-Stadions einen bärenstarken Eindruck. Im Endspiel gegen Daniil Medvedev entwickelt sich dann aber ein unerwarteter Krimi, nach einer 2:0-Satzführung muss Nadal noch hart kämpfen, tut das aber einmal mehr mit Bravour.
Gefeiert von den euphorisierten Zuschauern gewinnt Nadal den dramatischen fünften Satz. Als auf dem Videowürfel Bilder von all seinern 19 Grand-Slam-Titel abgespielt wird, kann selbst Rafa die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ein grosser Moment.
Nadals Ticks sind legendär
Jan Arnet
Das Zupfen leuchtet ein
- Das hektische Zupfen an Hose und Nase. Die diagonal aufgestellten Trinkflaschen. Und immer zuerst mit dem rechten Fuss über die Linien. Nadals Ticks sind legendär – und lassen ihn auch etwas eigenartig darstellen. Doch in Wahrheit beweist er damit nur, dass er eben trotz all den Erfolgen ein ganz normaler Mensch ist wie du und ich. Hat nicht jeder von uns seine Ticks und Rituale?
«Das ist mein Weg, um mich in einem Spiel zu positionieren, die Dinge um mich herum so zu ordnen, wie ich meinen Kopf gern sortiert hätte», erklärte Nadal einst sein Hintern-T-Shirt-Nase-Ohr-Zupf-Ritual. Ich hielt ihn für verrückt. Bis ich ihn mal im Arthur Ashe Stadium beim Zupfen beobachtete und realisierte, dass Nadal seinen Tick nicht negativ auffasst, sondern zu seinem Vorteil macht. So findet er vor dem Service die innere Ruhe. Was für ein Genie!
Einfach ein cooler Typ
Martin Abgottspon
Ein Selfie für die Ewigkeit
- Ich habe Rafael Nadal in meinem Leben wohl genauso oft verteufelt wie ich ihn angefeuert hab. Als Dauer-Rivale von Roger Federer hat er mich bei unzähligen grossen Endspielen in den Wahnsinn getrieben und trotzdem konnte ich ihm nie wirklich böse sein. Nadal ist einfach ein korrekter und bescheidener Typ. Ein Mann der Rekorde ohne Allüren. Das bewies er auch eindrücklich nach dem Australian-Open-Finale 2014. Ich durfte den Turniersieg von Stan Wawrinka damals vor Ort mitbegleiten. Am Folgetag war ich auf demselben Flug wie Rafa, der sich trotz der Niederlage noch für ein Selfie und ein Lächeln hinreissen liess. Für mich ein unvergesslicher Moment.
Feingeistiger Typ
Syl Battistuzzi.
Hülle hat getäuscht
- Mir ist in Erinnerung geblieben, wie ein gewisser Rafael Nadal im Alter von 16 Jahren bei einem Turnier den härtesten Schuss (offiziell gemessen) abgab. Seine Power sah ich dann beim French-Open-Final 2005 so richtig, als der Teenager seinen Gegner abfertigte und sich den Titel sicherte.
Für mich hatte der «Stier aus Manacor» zu viele Muskeln, der Kraftprotz mit den langen Haaren machte mich mit seinen Ticks selbst vor dem TV nervös. Das Gestöhne, gepaart mit seinem ärmellosen Shirt und den 3/4-Hosen war zu viel für mich.
Erst im Laufe seiner Karriere merkte ich, wie sehr die Fassade täuschte. In diesem wuchtigen Körper steckte ein zurückhaltender, aufmerksamer und höchst angenehmer Zeitgenosse, dessen Gedanken stets über den Tennis-Tellerrand gingen. Zudem hatte Nadal auch viel Schalk. Unvergessen, wie er in einer Pressekonferenz den schlafenden Kult-Journalist Ubaldo Scanagatta beim Nickerchen erwischte und ihn danach herzig foppte.
Unfassbare Karriere
Tobias Benz
«Deux mille cinq, deux mille six, deux mille ...
- Grundsätzlich war ich nie ein grosser Nadal-Fan. Das liegt wohl daran, dass er Federer zu oft bezwang, dabei laut stöhnte und Ewigkeiten brauchte, bis er endlich aufschlug. An Respekt vor den unfassbaren Leistungen des Spaniers mangelt es aber selbstverständlich nicht.
Äusserst beeindruckend und jedes Jahr aufs Neue mein Lieblings-Moment in Bezug auf Rafael Nadal waren seine Präsentationen an den French Open. Während er in lockerer Manier mit seinem Gegenüber einspielt, zählt der Stadionspeaker das Palmares des Spaniers herunter, erwähnt unter anderem auch alle Jahre, in denen sich der Mallorquiner zum Sandkönig von Roland Garros krönte.
2005, 2006, 2007, 2008, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2017, 2018, 2019, 2020, 2022.
Da bleibt schnell mal die Spucke weg und man stellt sich die Frage, was wohl in diesem Augenblick gerade in Nadals Kontrahenten auf der anderen Seite des Platzes vorgeht.