«Wir brauchen eine Revolution» Federer fordert Umdenken der Medien im Umgang mit Tennisprofis

DPA/jar

28.9.2021

«Tennisspieler sind Sportler und Profis, aber wir sind auch Menschen», sagt Roger Federer.
«Tennisspieler sind Sportler und Profis, aber wir sind auch Menschen», sagt Roger Federer.
Bild: Keystone

Roger Federer hat in der Debatte um den Umgang der Medien mit Tennisprofis um Verständnis geworben und ein Umdenken eingefordert.

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«Ich glaube, Spieler, die Turniere, Journalisten, wir sollten uns zusammensetzen», sagt der 20-fache Grand-Slam-Sieger in einem Interview des Magazins «GQ», das nach Wimbledon geführt und am Montag veröffentlicht wurde. Gemeinsam sollte hinterfragt werden, «was für euch funktionieren würde und was für uns», meint Federer. «Wir brauchen eine Revolution. Oder zumindest eine Weiterentwicklung dessen, wo wir heute stehen.»

Der langjährige Weltranglistenerste wurde explizit auf die jüngsten Probleme der US-Open-Siegerin Emma Raducanu (18) aus Grossbritannien und der viermaligen Grand-Slam-Turniersiegerin Naomi Osaka (23) aus Japan angesprochen. «Wir müssen der jüngeren Generation mehr helfen, sie besser coachen und anleiten», so Federer.



Vor ihrem sensationellen Sieg in New York hatte es Raducanu in Wimbledon bis in den Achtelfinal geschafft, musste aber wegen Atemproblemen aufgeben, damals auch noch überwältigt von den Emotionen und dem plötzlichen Rummel um ihre Person. Osaka hatte bei den French Open öffentlich gemacht, dass sie unter Depressionsphasen leide, und zuletzt eine Auszeit vom Tennis angekündigt.



«Der Stress ist so gross. Und ich glaube, dass viel mit den sozialen Medien zu tun hat», sagt Federer. Zu seinen Anfangszeiten hatte es nur Websites gegeben. «Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich am Anfang meiner Karriere mit den sozialen Medien umgegangen wäre. Ich habe keine Ahnung, wie ich das geschafft hätte. Auf zehn nette Kommentare kommt immer ein negativer Kommentar und auf den konzentriert man sich dann natürlich. Das ist furchtbar.»

In Bezug auf die Situationen in Pressekonferenzen sagt der Vater von vier Kindern, dass er zwar auch nach Niederlagen, oder wenn er sich nicht gut fühle, auf eine bestimmte Art und Weise vor den Medien auftreten müsse. Aber «wir müssen auch daran denken, dass Tennisspieler Sportler und Profis sind, aber wir sind auch Menschen», formuliert es der Schweizer.

«Mit 40 Jahren weisst du, wer du bist»

Der Maestro spricht in dem Interview auch über sein Privatleben. Als er auf seinen 40. Geburtstag, den er am 8. August feierte, angesprochen wird, meint Federer: «Ich kann nicht glauben, dass ich 40 bin, es ist schrecklich! Ich weiss noch, als ich 20 wurde. Du denkst, du weisst, wer du bist, aber du hast keine Ahnung. Mit 30 hast du dann eine ziemlich gute Vorstellung davon, aber ich denke, mit 40 weisst du es dann.»



Auch wenn er sich in letzter Zeit mit vielen Verletzungen herumschlagen musste, geniesse er das Leben sehr. «Wir haben ein wunderbares Leben und ich kann mich nicht beklagen», so Federer. «Und was das Tennisspielen angeht: Diese zusätzlichen Runden, die ich mache, sind für mich seit vielen Jahren ein Bonus. Jetzt freue ich mich auf die nächsten 40 Jahre und darauf, mehr Zeit mit Freunden und meiner Familie zu verbringen, denn auch das ist eine Sache, die ich im letzten Jahr eindeutig vermisst habe.»

Bleibt die Frage, wann der richtige Zeitpunkt für den Rücktritt da ist. Federer: «Als Sportler weisst du, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist. (...) Ich will immer noch an Exhibitions spielen, Spass haben und Orte besuchen, an denen ich zuvor nie war.» Die Fans würden ihm sehr viel bedeuten, aber er wolle auch seinen Körper nicht zerstören, sagt der Baselbieter. «Ich möchte weiterhin mit meinen Kindern herumlaufen und Ski fahren. Deshalb denke ich, dass ich merke, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.»