Novak Djokovic ist der Favorit auf den Titel am US Open, Alexander Zverev und Daniil Medwedew seine Herausforderer. Auger-Aliassime ist vor den Halbfinals der Aussenseiter.
Holt er den Grand Slam? Oder holt er ihn nicht? Um die Frage, ob Novak Djokovic alle vier Grand-Slam-Turniere in einem Jahr und damit seinen 21. Major-Titel gewinnt, dreht sich seit zwei Wochen in Flushing Meadows fast alles. Der Weltnummer 1 fehlen noch zwei Siege, um auch auf dem Papier zum Besten aller Zeiten zu avancieren. Der Serbe und seine drei Herausforderer im Überblick:
Novak Djokovic (SRB/ATP 1): Der Gejagte
Nicht immer restlos überzeugend, letztlich aber souverän erreichte der 34-jährige Serbe die Halbfinals. «Zuerst nimmt er dir deine Beine, dann nimmt er dir deine Seele», twitterte Andy Roddick während der Achtelfinal-Partie zwischen Djokovic und Jenson Brooksby. Im übertragenen Sinn hatte der letzte amerikanische Grand-Slam-Sieger (2003) recht, was auch Matteo Berrettini feststellen musste. «Er hat diese Fähigkeit, sein Spiel und sein Niveau immer noch einmal zu steigern», sagte der Italiener.
Djokovic selbst sprach nach dem Viertelfinal von seinen besten drei Sätzen des Turniers. Doch der Druck nimmt zu. Nach dem Sieg gegen Berrettini blockte er beim Platzinterview die Frage nach dem Grand Slam ab. «Ich habe schon eine Million Mal gesagt, dass ich mir der Tennis-Historie bewusst bin. Aber wenn ich beginne, zu viel darüber nachzudenken, belastet mich das mental.»
Daniil Medwedew (RUS/ATP 2): Unter dem Radar
Ohne Aufsehen zu erregen, erreichte Daniil Medwedew zum dritten Mal in Folge die Halbfinals am US Open. Gegen den Newcomer Félix Auger-Aliassime ist er klar zu favorisieren. «Wenn ich gut spiele, wird es für meinen Gegner nicht einfach werden», sagte der Russe, der sich im Ranking als klare Nummer 2 hinter Djokovic etabliert hat.
Der Vorteil von Medwedew ist, dass er bereits zweimal in einem Grand-Slam-Final gestanden hat. Vor zwei Jahren holte er in New York gegen Rafael Nadal einen 0:2-Satzrückstand auf, ehe er dennoch verlor, sich aber die Gunst des Publikums, das er in den Partien zuvor gegen sich hatte, wieder erkämpfte. Im Februar unterlag er am Australian Open im Final gegen Djokovic – und blieb dabei chancenlos.
Alexander Zverev (GER/ATP 4): Der Djokovic-Bezwinger
Der Deutsche verlor vor einem Jahr in New York den Final gegen Dominic Thiem nach einer 2:0-Satzführung. Nun ist vieles anders: Die Zuschauer sind zurück in Flushing Meadows und Zverev hat nach persönlichen Turbulenzen den Tritt wieder gefunden. «Der wichtigste Entscheid meines Lebens war, dass wieder ich die Kontrolle darüber habe», so der Hamburger, der im März Vater einer Tochter wurde.
Die Vorwürfe von körperlicher Gewalt einer Ex-Freundin holten Zverev zwar vor Beginn des Turniers wieder ein, auf dem Platz lässt sich der Hamburger von diesen allerdings nichts anmerken. 16 Siege dauert inzwischen seine in Tokio gestartete Serie. Der 24-Jährige weiss, wie man gegen die Weltnummer 1 gewinnt. An den Olympischen Spielen setzte sich Zverev im Halbfinal nach Satz- und Breakrückstand noch durch und zerstörte damit Djokovics Traum vom Golden Slam. «Gegen ihn musst du perfekt spielen», sagte Zverev. «Aber ich bin der Einzige, der ihn in diesem Jahr in einem grossen Spiel geschlagen hat.»
Félix Auger-Aliassime (CAN/ATP 15): Der Underdog
Der 21-Jährige aus Montreal ist der erste mit Jahrgang 2000 oder jünger, der an einem Grand Slam in der Runde der letzten vier steht. Das Vorbild des Sohns eines Togoers und einer Franko-Kanadierin ist Roger Federer. Beide haben am selben Tag Geburtstag. Einen ATP-Titel hat Auger-Aliassime noch nicht vorzuweisen, alle seine acht Finals verlor er.
Auch deswegen zählt Auger-Aliassime seit letztem Winter auf prominente Unterstützung in seiner Box. Toni Nadal, der Onkel und langjährige Trainer von Rafael Nadal, ergänzt den Trainerstab des Kanadiers. Toni Nadal habe als Coach das erreicht, was er einmal erreichen möchte: Grosse Turniere zu gewinnen und die Nummer 1 der Welt zu werden.