Federer «Wenn die Südafrikaner möchten, dass ich einer von ihnen bin, sage ich: sehr gerne»

jar

5.2.2020

Roger Federer freut sich aufs «Match for Africa 6».
Roger Federer freut sich aufs «Match for Africa 6».
Bild: Keystone

Am Freitag findet erstmals ein «Match for Africa» in Afrika statt. Und zwar in Roger Federers zweiter Heimat Südafrika, wo seine Mutter Lynette herkommt. Der Maestro verrät, wie viel Südafrika wirklich in ihm steckt.

Bereits zum sechsten Mal wird Roger Federer mit dem «Match for Africa» zugunsten seiner Stiftung Geld sammeln. In Kapstadt trifft der Schweizer am Freitag vor der Rekordkulisse von 52'000 Zuschauern auf Rafael Nadal. Der Schaukampf findet in Südafrika stattfindet, was es für Federer noch spezieller macht. Der Schweizer fühlt sich nämlich sehr verbunden mit der Heimat seiner Mutter, wie er in einem «Tagesanzeiger»-Interview verrät. 

«Als kleiner Bub war ich zwei Monate im Jahr in Südafrika. Es war immer aufregend. Wir verbrachten die Sommerferien stets in Südafrika, besuchten Familienmitglieder überall im Land, machten Ausflüge in den Kruger-Nationalpark. Deshalb fühle ich mich sehr verbunden mit diesem Land», erinnert sich der 38-Jährige. «Wenn ich in Südafrika ankomme, schwingt eine grosse Vorfreude mit. Es ist ein spezielles Feeling, das ich nicht genau beschreiben kann.»



Federer hat sogar den südafrikanischen Pass. «Aber er ist abgelaufen. In meinem Inneren spüre ich eine grosse Connection zu Südafrika», sagt er. «Wenn die Südafrikaner möchten, dass ich einer von ihnen bin, sage ich: sehr gerne, kein Problem!»

«Ich weiss, welchem Land ich alles zu verdanken habe»

Besteht Federer künftig also darauf, dass man ihn «Südafrika-Schweizer» nennt? Wohl kaum. «Es steckt schon Südafrika in mir, aber ich bin doch viel mehr Schweizer», sagt er. «Ich weiss, wo ich aufgewachsen bin, welchem Land ich alles zu verdanken habe.»

Trotzdem freue er sich wie ein kleines Kind, wenn Südafrika die Rugby-WM gewinnt. «Weil ich weiss, was das für das Land bedeutet. Aber wie viel Südafrika in meinem Charakter steckt? Schwer zu sagen. Das ist wie die Frage, wie viel von Vater oder Mutter in mir steckt. Ein bisschen von beiden», so der 20-fache Grand-Slam-Sieger.

Ausser Frage dürfte jedoch stehen, dass die Südafrikaner grosse Federer-Fans sind und stolz, dass der erfolgreichste Tennis-Spieler südafrikanische Wurzeln hat. «Unser Schaukampf war innert neun Minuten ausverkauft», weiss Federer. «Das zeigt, wie populär das Tennis in Südafrika ist. Und wohl auch ich.» Dennoch habe er noch keine Ahnung, wie gross der Hype um seine Person in diesen Tagen sein wird. «Ich habe ja noch nie in Südafrika gespielt. Ist er so gross, dass die Leute vor dem Hotel warten? Ich nehme es mal nicht an. Aber ich bin dann immer wieder überrascht, wenn es doch so ist.»

«Ich glaube nicht, dass die Kinder mich kennen»

Nach dreimal in Zürich und zweimal in den USA findet das «Match for Africa» erstmals überhaupt auf dem Schwarzen Kontinent statt. Wie es der Name schon sagt, sammelt Federer Geld für Afrika. Für Kinder in Armut. Immer wieder besucht der Maestro die Kinder auch, für die er unter anderem Schulhäuser aufbaut. 



Doch wissen diese Kinder denn auch, dass sie da von einem absoluten Weltstar besucht werden? «Nein, ich habe nicht das Gefühl, dass sie mich kennen. Sie sehen mich eher als der, der hilft», so Federer. Der Schweizer macht ein Beispiel: «Als ich in Malawi ein Projekt besuchte, fragte ich: ‹Kennt ihr Tennis?› Sie sagten: ‹Ist das das Spiel mit dem Tisch und den Bällen?› Ich sagte: ‹Nein, das ist Pingpong.› Dann machte ich eine Zeichnung von einem Tennisplatz. Sie haben ja keinen Fernseher, sind dermassen weit weg von der modernen Zivilisation. Wie sollten sie mich da kennen? Sie leben ein komplett anderes Leben.»

Als er sein erstes Projekt in Port Elizabeth besucht hatte, sei das für ihn wie ein Kulturschock gewesen, sagt Federer. Er erinnert sich, wie er todkranke Kinder in ihren Bettchen liegen sah. Das hätte ihn damals richtig wachgerüttelt. «Heute bin ich nicht mehr so geschockt. Emotional werde ich erst, wenn ich zurückschaue und darüber nachdenke, wie viel schwieriger es beispielsweise die Kinder in Afrika haben. Wie unfair das Ganze ist. Das hat nur damit zu tun, wo du geboren bist. Dass wir in der Schweiz aufwuchsen, ist pures Glück. Deshalb finde ich, sollte man sich gegenseitig helfen.»

«Ich werde manchmal missbraucht für gewisse Zwecke»

Für den Einsatz für seine Stiftung erntet der Tennis-Superstar natürlich ausschliesslich Lob und Anerkennung. Doch in junger Vergangenheit wurde Federer auch immer wieder mit Kritik konfrontiert. Etwa von der Klimajugend wegen seines Engagements für seinen Sponsor Credit Suisse. Oder für seine Südamerika-Tournee.



«Ich werde manchmal missbraucht für gewisse Zwecke. Wenn ich den einen helfe, werde ich kritisiert, dass ich es bei anderen nicht tue. Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich mir genau überlegen muss, was ich tue», weiss Federer. «Aber ich muss auch über Kritik hinwegsehen können. Ich kann nicht überall sein, kann nicht alles tun. Ich bin auch noch Vater und Tennisspieler.»

In Südamerika sei es ihm darum gegangen, den Leuten eine Freude zu machen, die sonst kaum Livetennis zu sehen bekommen. «Ich bin im Entertainment-Business. Und das Geld, das ich verdiene, fliesst dann ja auch zurück in die Stiftung. Je mehr ich verdiene, desto mehr kann ich abgeben», sagt Federer zum Vorwurf, zu turbulenten Zeiten in ärmeren Ländern noch Geld abzukassieren. «Mit Kritikern muss ich umgehen können. Manchmal muss ich auch sagen können: Sorry, ist mir egal, was sie sagen.»

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